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Die Welt der Rallye-Bits und Bytes

Ein Blick hinter die Kulissen des Rallye-Zirkus, die Elektronik der Boliden entscheidet oftmals über glorreichen Sieg oder bittere Niederlage.

Die modernen World Rally Cars (WRC) sind nicht nur für Motor-, Aerodynamik- und Werkstoff-Ingenieure eine wahre Spielwiese. Auch die Dienste der Elektronik-Päpste haben sich die WM-Teams mittlerweile gesichert. Denn die Auto-Elektronik nimmt mittlerweile eine unbestrittene Vormachtstellung mit zahlreichen Möglichkeiten ein.

Grundsätzlich geht es „nur“ um die Erfassung einiger Dutzend Parameter mit Hilfe winziger Sensoren, die überall im Wagen platziert sind. Diese Messdaten allerdings laufen in einem Rechner – kaum größer als ein Autoradio – zusammen und werden dort ausgewertet, um während der Fahrt aktiv zu reagieren. In jeder Situation rasen die Bits und Bytes in zweierlei Richtungen, denn die aktuellen Messdaten werden sofort in Befehle an diverse Aktuatoren oder Aktoren (Stellglieder wie zum Beispiel Mikroventile) umgesetzt.

Das heißt, dass die üblichen Standard-Rechner für Motor und Fahrwerk (Getriebe, Differenziale und Bremsen) die jeweiligen Ist-Zustände erfassen, Soll-Zustände bestimmen, Aktoren ansteuern und gleichzeitig Diagnosefunktionen (Data Logger) wahrnehmen.

Die aktuellen ECU-Steuereinheiten (Electronic Control Unit) sind übrigens zehn mal so schnell wie handelsübliche PC am heimischen Schreibtisch. Die ECU-Reaktionszeiten liegen im Bereich von Millisekunden oder teils sogar Mikrosekunden (1/1.000.000 Sek.). Ergo werden – selbst bei langsamerer Ansprechzeit der Aktoren – die vom Rechner erteilten Befehle blitzschnell umgesetzt.

An jedem WRC-Zentralservice laden mit Laptops ausgestattete Systemingenieure die Daten-Mengen herunter und analysieren detailiert das WRC-Innenleben von den letzten Bestzeitprüfungen.

Im Bedarfsfall konfiguriert die Techniker-Truppe dann auch mal mit ihren ausgeklügelten Diagnose- und Software-Tools potenzielle Problemlösungen oder aktualisiert Setups und Differenzial-Mappings. Doch genauer lassen sich weder die Werksteams noch Mikroprozessor-Hersteller wie Bosch oder Magneti Marelli hierbei in die Karten schauen.

Doch der Begriff Chip-Tuning macht genauso schnell die Runde wie gemachte Erfahrungen mit kurzfristigen Steigerungen der Motorleistung. Um die Funktionsabläufe des Triebwerks zu optimieren, dosiert der Rechner die eingespritzte Kraftstoffmenge sowie den genauen Zeitpunkt der Einspritzung und der Zündung – selbst Zusatzfaktoren wie Kurbelwellenposition, Luftdruck, Zusammensetzung des Abgasgemischs, Klopfgefahr oder die Betriebstemperaturen werden dabei blitzschnell berücksichtigt.

Faszinierend ist die nahezu störungsfreie ECU-Funktion trotz enorm hoher mechanischer Belastungen auf argentinischem Schotter, griechischem Geröll oder rauem Asphalt in Deutschland. Während Normalverbraucher beim Transport des PC-Towers zur nächsten LANParty schon den Head-Crash an der Festplatte riskiert, setzen WRC-Ingenieure auf robuste Festspeicher wie CAN-Bussysteme oder Micro Drives mit rund 1 GB Speicherkapazität, die grundsätzlich mit Smart oder Flash Cards aus gängigen Digital-Kameras vergleichbar sind.

Als Nonplusultra der WRC-Elektronik darf die gleichzeitige und ständige Steuerung der drei Differenziale (Front, Mittel und Heck) angesehen werden. Denn die Realität des Rallye-Terrains kennt keine mathematische Kennlinie, hat eher reichlich individuelle Schlupf-, Schlagoder Schotterlöcher.

Da hilft nur innovative Eigenprogrammierung der Getriebesoftware sowie intensive Tests und ständige Weiterentwicklung per modernster Datenerfassung. Die Beherrschung des Differenzial-Managements, das für sichere Straßenlage, maximales Durchzugsvermögen und optimale Reifennutzung unverzichtbar ist, bleibt der Hauptschlüssel für den Rallye-Sieg.

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