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Rallye-ÖM: Exklusiv

Victoria Schneider auf den Spuren von Gabi Husar...

Victoria Schneider und Vanessa Weichberger blicken im motorline.cc-Interview auf eine erfolgreiches Rallye-Lehrjahr im Suzuki Motorsport Cup zurück…

Michael Noir Trawniczek
Fotos: Suzuki Motorsport Cup, www.knipserl.at, motorline.cc

Victoria Schneider
Vanessa Weichberger

Das Jahr 1984 – Michele Mouton kämpft in der Rallye-WM um Spitzenplätze, als Rallyepilotin ist sie längst etabliert, drei Jahre zuvor hat sie in Sanremo als erste Frau einen WM-Lauf gewinnen können. Im Jahr 1984 wird in Österreich der erste Rallye-Sprint auf den Harrach-Gründen abgehalten – den Sieg holt die legendäre Gabi Husar, mit ORF-Reporter Peter Klein auf dem „heißen Sitz“ ihres nicht minder legendären Porsche...

All das geschah vor rund einem Vierteljahrhundert – heute sitzen weitaus mehr Frauen in den Rallyecockpits, der Großteil jedoch auf der Beifahrerseite. Michele Mouton ist eine Ausnahmeerscheinung geblieben. Und während man in der heimischen Rallye-Meisterschaft zuletzt immer mehr anerkannte Co-Pilotinnen bewundern konnte, war eine ähnlich starke Pilotin wie Gabi Husar nicht auszumachen…

Das jedoch könnte sich ändern. Mit Victoria Schneider wagte sich heuer eine mit 17 Motorsportjahren gesegnete Kart- und Rundstreckenpilotin auf das Parkett der heimischen Rallyeszene. Die frühere Kart-Staatsmeisterin heuerte im Team ihrer besten Freundin Vanessa Weichberger an – im Suzuki Motorsport Cup werden Rundstreckenläufe und auch Rallyes absolviert.

Weichberger, die wegen einer Verletzung eine erfolgreiche Leichtathletik-Karriere (vier Staatsmeistertitel) beenden musste, zog es auf den Sozius des Suzuki Swift Sport: „Letztes Jahr bin ich eine Rallye zu Testzwecken mitgefahren, im Vorausauto – aber nicht mit der Victoria, sondern mit einem Freund von mir. Und dann hat mich das Rallyefieber so richtig gepackt – da habe ich Victoria dann mehr oder weniger überredet, dass wir heuer am Suzuki Motorsport Cup teilnehmen.“

Schotter, Schrieb und Zeitkontrollen waren auch für Schneider absolutes Neuland – 2008 war auch ihr Einstiegsjahr in der beliebten Rennserie. Doch die Niederösterreicherin fand sich schnell zurecht im Swift-Cockpit: Sieg auf dem Salzburgring, die Rundstreckenwertung des Cups beendet sie auf Platz 3. Aber auch bei den Rallyes steigert sich das Einsteigerduo – beim Finale im Rahmen der Waldviertel-Rallye verpassen Schneider und Weichberger wegen eines Navigationsfehlers den dritten Platz in der Cup-Wertung, belegen den immer noch guten fünften Platz.

Noch ist nicht sicher, ob und in welcher Form das Duo weitermachen wird – doch die beiden haben auch in punkto Rallye Blut geleckt. Vanessa Weichberger sehnt sich bereits nach einem „richtig schnellen Auto wie dem Mitsubishi Evo“ und auch Victoria Schneider kann sich eine Zukunft in der Rallye-ÖM vorstellen. Zunächst gelte es noch zu lernen – Schneider ist sich über die Bedeutung von Erfahrung im Rallyesport im Klaren, daher tendiert man auch dazu, noch eine Saison im Suzuki Cup anzuhängen.

Die Lernkurve zeigt jedenfalls steil nach oben, noch hat die Männerwelt der ÖM nichts zu „befürchten“ – doch die 25-jährige Polizistin und ihre Co-Pilotin wandeln auf den Spuren von Gabi Husar. Im Gespräch mit motorline.cc können Victoria Schneider und Vanessa Weichberger auf eine erfolgreiche Saison 2008 zurückblicken.

Viele Rallye-Experten raten Neulingen dazu, am Anfang mit einem erfahrenen Piloten oder Co-Piloten zu fahren – ihr ward, was Rallye betrifft aber beide komplette Rookies…

Vanessa Weichberger, Co-Pilotin (abgekürzt VW): Da haben uns einige vorgewarnt, aber alle haben uns auch mit Tipps versorgt – doch im Endeffekt muss man ohnehin sein eigenes Ding durchziehen. Wir haben uns natürlich ein bisschen Hilfe und Unterstützung geholt – von den Profis, von unseren Teamkollegen Philipp Lietz und Mario König. Wir hatten also schon die nötige Unterstützung und sind nicht komplett alleine dagestanden.

Victoria Schneider, Pilotin (abgekürzt VS): Was ich dazu noch sagen muss, was wir uns vor der ersten Rallye versprochen haben: Sollte es während der Rallye dazu kommen, dass wir streiten, dass wir uns vielleicht bestimmte Wörter an den Kopf werfen, die einem in der Hitze des Gefechts rausrutschen, dass wir sobald wir wieder aus dem Auto aussteigen, weiterhin die besten Freundinnen bleiben. Und diese Trennung des Beruflichen vom Privaten hat bis jetzt immer blendend funktioniert.

Ist es überhaupt dazu gekommen, dass ihr euch befetzt habt im Auto?

VS: Auf jeden Fall. Na klar, natürlich.

VW: Das gehört auch dazu.

Ein Beispiel?

VS: Nach einem Ausfall beispielsweise ist jeder sauer – und dann überlegt man, wessen Schuld es war. Aber eigentlich war es immer sofort klar, wer in dem Fall die Schuld trägt. Die Vanessa hat zum Beispiel einmal etwas falsch angesagt oder besser nicht angesagt – und das war ihr Fehler. Dafür wieder war unser Ausfall in Leiben ein absoluter Fahrerfehler. Da war ich zu schnell dran, sie hat auch gesagt, dass es rutschig ist. Aber eigentlich war immer klar, wer den Fehler begangen hat.

VW: Im ersten Moment ist man halt außer sich…

VS: Genau, da schreit man sich halt an oder man schimpft ein bisschen herum. Aber es sind noch nie wirklich tragische Worte gefallen.

Bei der Waldviertel-Rallye habt ihr euch verirrt – Vanessa, ich nehme an, das geht auf deine Kappe? Ohne diesen Fehler hättet ihr Platz 3 belegen können – wie war da die Stimmung im Cockpit?

VW: Ja, da haben wir zunächst einmal gar nichts mehr miteinander gesprochen. Das war schon im roten Bereich…

VS: Da haben wir gezickt. Und da war dann eine Zeit lang Funkstille. Mir hat es halt sehr leid getan um den möglichen dritten Platz. Ich habe 17 Jahre Motorsport hinter mir und der dritte Platz wäre mir für uns zwei extrem viel wert gewesen. Die Vanessa ist heute noch froh, wenn wir eine Rallye einfach durchfahren und wir das Ziel sehen – sie nimmt das alles doch eher gelassen und ich bin da mehr der Ehrgeizler. Aber auch da war es so, dass wir eine Stunde später schon wieder Abendessen waren und wieder alles okay war zwischen uns.

Vanessa, gab es auch bange Momente auf dem heißen Sitz?

VW: Das gibt es schon – aber das nimmt man eher unterbewusst wahr, denn ich bin ja voll konzentriert auf den Schrieb. Es kann schon mal passieren, wenn ich einen Baum sehr schnell auf mich zukommen sehe – aber eigentlich vertraue ich Victoria blind. Und ich glaube auch nicht, dass sie absichtlich irgendwo dagegen krachen möchte. (lacht)

Arbeitet ihr da auch schon mit Schrieb-Korrekturen während der ersten Durchfahrt der Sonderprüfung?

VS: Naja, da der Rallyesport für mich noch ein komplettes Neuland darstellt, ist das für mich noch gewöhnungsbedürftig. Aber wir verbessern uns von Rallye zu Rallye – und sie sagt auch von Rallye zu Rallye schneller an. Das heißt: Bei der ersten Rallye hat sie mir noch jene Kurve angesagt, die direkt als nächste gekommen ist – jetzt ist sie schon eine Kurve voraus. Und wir machen auch schon Schriebkorrekturen – da sage ich ihr dann schon Dinge wie: 'Mach aus der 3er- eine 4er-Kurve!'.

VW: Wir haben auch schon während der Sonderprüfung korrigiert.

VS: Das war unsere zweite Rallye – da haben wir bei einem Bergaufstück den Schrieb viel zu langsam gehalten. Da habe ich während der Fahrt die Korrekturen angesagt.

Eure Pläne für 2009?

VW: Da werden wir noch entscheiden, ob wir in der Form weitermachen oder ob wir uns für ein anderes Auto entscheiden beziehungsweise ob wir überhaupt weitermachen. Aber um Erfahrungen zu sammeln, wäre es sicher sehr gut, noch einmal den Suzuki Motorsport Cup zu bestreiten – ich persönlich würde natürlich am liebsten mit einem richtig starken Auto wie einem Mitsubishi mit der Victoria weiterfahren. Und eben nur noch Rallyes fahren – wobei ich sie von der Rundstrecke sicher nicht wegbringen werde.

Das wäre ja für euch beide eine Möglichkeit, im Rallyesport Fuß zu fassen und dort die nächsten zehn Jahre quasi die Männerwelt aufzumischen, oder?

VW: Auf jeden Fall. Ganz sicher. Es motiviert ja auch extrem, wenn man ein Damenteam hat, es gibt ja auch sonst keine. Und wenn man sieht, dass man nicht hinterher fährt und man mit der Arbeit, die man investiert, im vorderen Drittel dabei ist – dann denke ich schon, dass so ein Einstieg in den Rallyesport gut wäre. Den Männern gehört ja auch gezeigt, dass wir im Rallyeauto nicht so schlecht sind.

Vor allem gibt es derzeit im Rallyesport zwar viele Co-Pilotinnen, aber bei den Pilotinnen gibt es zwar auf der Rundstrecke einige, vereinzelt auch im Rallyesport Frauen am Steuer - aber um eine Spitzenpilotin ausfindig zu machen, muss man weit zurück denken, etwa an die legendäre Gabi Husar – also ist das ein Ziel für euch, in der Rallye-ÖM die Männerwelt ein bisschen aufzumischen?

VW: Also was mich anbelangt, trifft das zu, definitiv.

VS: Ich habe mit dem Gedanken, den Rallyesport professionell zu betreiben und zu versuchen, möglichst weit vorne zu landen absolut kein Problem. Ich muss aber auch dazusagen, dass ich mich noch in der Lernphase befinde. Und ich glaube, dass ich mein Herz zudem nie ganz von der Rundstrecke wegbringen kann. Am liebsten würde ich bis an mein Lebensende zumindest ein oder zwei Rundstreckenläufe pro Jahr fahren – dann wäre mein Leben komplett erfüllt.

VW: Die Rundstreckenrennen kannst du ja zwischendurch machen.

Dass man sowohl Rundstreckenläufe als auch Rallyes bestreitet ist ja ein Novum des Suzuki Motorsport Cups…

VS: Genau, deshalb denken wir ja auch daran, im nächsten Jahr wieder den Suzuki Cup zu bestreiten.

Langfristig wäre es aber auch möglich, dass ihr beispielsweise mit einem Mitsubishi Lancer Evo die Rallyes bestreitet und du halt zusätzlich Rundstreckenläufe bestreitest – kannst du dir so etwas vorstellen?

VS: Sicher – aber bis wir einen Evo fahren, dauert es sicher noch ein paar Jahre.

VW: Das liegt an den Sponsoren.

VS: Das liegt auch daran, dass ich zunächst einmal mit dem Suzuki Rallye-Erfahrung sammeln sollte.

VW: Naja – eine Saison noch mit dem Suzuki üben und dann…

VS: …und dann greifen wir an. (lacht).

Ist der Rallyesport für dich auch deshalb interessant, weil es da nach 17 Jahren Motorsport für dich noch so viele neue Dinge zu erlernen gibt?

VS: Ja, aber nicht nur das. Wenn man wirklich einmal so lange im Motorsport involviert war und man das über so viele Jahre hindurch gemacht hat, dann kommt man einfach nicht mehr davon los. Das ist eine Krankheit, das ist eine richtige Krankheit. Man kommt davon einfach nicht los. Und natürlich – wenn dann auch noch neue Herausforderungen auf einen zukommen, wie eben die Vanessa gemeint hat, dass wir jetzt Rallye fahren, ist das ein weiterer Anreiz. Denn natürlich möchte ich auch im Rallyesport erfolgreich sein.

Im Suzuki Motorsport Cup, auf der Rundstrecke, hast du auf dem Salzburgring gleich in deiner ersten Saison einen Rennsieg feiern können – gab es da viele Reaktionen?

VS: Pressemäßig gab es einige Reaktionen und sehr viel Interesse, und auch Autogrammwünsche und so was. Was Sponsoren anbelangt, hat sich aber nichts getan als direkte Reaktion auf den Sieg. Aber wir hoffen weiter, dass man sich zahlreich bei Vanessa meldet.

Also ist die Vanessa in eurem Duo quasi für das Management zuständig?

VW: Ja, es geht in diese Richtung. Wir haben das gemeinsam mit dem Beifahrer vom Philipp Lietz gemacht – da diese Saison für uns aber vor allem ein Lehrjahr war, haben wir in Sachen Sponsorensuche und Pressearbeit noch nicht so viel unternommen. Wenn es jetzt aber weiter geht, dann müssen wir da sicher noch mehr Arbeit investieren.

VS: Dieses Jahr war für uns so ein richtiges Kennenlern-Jahr – um einmal zu schauen, wie es läuft.

Und da könnt ihr ja sehr zufrieden sein – eure Rückstände bei den Rallyes wurden immer geringer, ihr habt euch also kontinuierlich gesteigert…

VS: Genau.

Wie groß war der geringste Rückstand auf den Sieger des Suzuki Motorsport Cups?

VS: Der geringste Rückstand waren auf einer Sonderprüfung neun Sekunden auf den Bestzeithalter, im Suzuki Motorsport Cup. Bei der Schotter-Rallye war es wiederum so, da Schotter ja für mich etwas komplett Neues war, dass ich mich da auch erst vortasten musste, aber da habe ich sehr viel gelernt, bei nur einer Rallye. Aber ich habe bei der ersten Rallye mit über einer Minute Rückstand begonnen und danach wurden die Rückstände immer weniger bis auf zirka 15 Sekunden. Man hat auf jeden Fall eine deutliche Verbesserung gesehen.

Falls ihr im nächsten Jahr wieder den Suzuki Motorsport Cup bestreitet – wäre da bereits der Gesamtsieg möglich?

VS: Das ist eine schwierige Frage. Gut, im Rundstrecken-Cup ist mein Ziel auf jeden Fall, Gesamtsieger zu werden. Für den Gesamtsieg im Suzuki Motorsport Cup sind aber auch Rallye-Erfolge nötig und da weiß ich nicht, ob wir beide schon die nötige Erfahrung dafür haben. Vor allem ich, was das Fahrerische anbelangt – ich muss auf jeden Fall noch sehr, sehr viel lernen. Und daher kann ich die Frage nicht beantworten, ich weiß es ganz einfach nicht. Das Ziel ist es immer zu gewinnen, aber man muss auch Realist bleiben. Und ich glaube, dass ich im Bereich Rallye einfach noch sehr viel zu lernen habe. Wir werden besser sein als in diesem Jahr – in diesem Jahr waren wir Vierte im Gesamtklassement und Dritte im Rundstrecken-Cup, im nächsten Jahr wollen wir uns verbessern, ganz einfach.

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