RALLYE

  • Motorline auf Facebook
  • Motorline auf Twitter
AMF-Rallyekommission
Foto: privat

Fahrervertreter: Gottfried Koglers Resümee

Zwei Jahre lang saß Gottfried Kogler als Fahrervertreter in der AMF-Rallyekommission. Sein Resümee. Wo es dringenden Optimierungsbedarf gibt…

Noir Trawniczek

Gottfried Kogler kennt man in der Rallyeszene. Aktiver Motorsportler seit 1976. Polizist im Ruhestand. Teambetreiber. Entdecker und Manager von Kris Rosenberger. Vater von Michael Kogler.

Gottfried Kogler polarisiert. Kämpft mit allen Mitteln. Sehnt sich nach Gerechtigkeit. Gibt niemals auf. Seinen letzten knochenharten Kampf - gegen die unheilbare Krankheit ALS - führt er tapfer und ohne Groll. Seine Funktion als AMF Fahrervertreter gibt er nun auf - und blickt zurück auf zwei Jahre, die ihm, so sagt er, gewisse Erkenntnisse eingebracht haben, die er mit uns teilen möchte. Keine Anklage, aber durchaus Missstände artikulieren - und vor allem: dringenden Optimierungsbedarf aufzeigen…

Doch zuvor ein Exkurs: 1989 gründet Kogler den PSV Motorsportverein St. Pölten, organisiert das Bergrennen Kasten - und gerät erstmals in Konflikt mit der OSK, wie die Motorsportbehörde AMF damals hieß. Automobile und Motorräder dürften nicht gemeinsam bei einem Bergrennen starten, heißt es. Die OSK droht mit Strafen. Kogler wendet sich an den damaligen Staatssekretär für Sport, Peter Wittmann - erfährt, dass es eigentlich keinen wirklichen Staatsmeistertitel in Österreich gibt. Und dass man bei der Bundessportorganisation BSO deshalb kein ordentliches, sprich gefördertes Mitglied werden kann, weil die Funktionäre der OSK/AMF nicht demokratisch gewählt werden (bis heute ist das der Fall). Damit konfrontiert, lenkt die OSK ein…

1994 absolviert Gottfried Kogler die Sportkommissarprüfung der OSK. „Um alle Sportregeln und Sanktionen zu lernen. Als Exekutivbeamter war ich es gewohnt, Gesetzesgrundlagen für Verfügungen, Bestrafungen heranzuziehen. Als Teamchef habe ich erlebt, dass Sportkommissare Fehlentscheidungen trafen weil sie sich nicht an die Gesetze gehalten haben. Bei der Remus Rallye ließ man Kris Rosenberger nach einem Auspuffrohrgebrechen trotz Reparatur in der Servicezone nicht weiterfahren, obwohl es das Sportgesetz erlaubt hätte. Willi Rabl wurde ausgeschlossen, weil er beim Zeitnehmertisch links statt rechts stehenblieb - eine glatte Fehlentscheidung.“

Ende der Neunzigerjahre war Gottfried Kogler Fahrervertreter im Bergrallyecup: „Danach sagte ich: ‚Das mache ich nie wieder!‘“ Daran hielt sich Kogler bis zum Jahr 2022: „Da wurde ich überredet, in der AMF Rallyekommission die Funktion als Fahrervertreter zu übernehmen.“

Nach zwei Jahren beendet Gottfried Kogler diese Phase aus gesundheitlichen Gründen - und zieht ein teils positives, aber auch ein bestürzendes Resümee: „Positiv war, dass es in der AMF eine gewisse Verjüngung gibt - Generalsekretär Michael Fehlmann ist eine sehr kompetente Person.“

Wirklich alles klar, Herr Kommissar?

„Doch ein großes Problem sind die Techniker, die Technischen Kommissare - wenn du Chancengleichheit garantieren willst, was ja auch die Aufgabe der AMF wäre, musst du ‚Schummlern‘ stets einen Schritt voraus sein. Du musst dich stets weiterbilden und dich über viele Dinge erkundigen. Doch wenn mir ein Techniker allen Ernstes sagt, dass es nicht viel Mehrleistung bringen würde, wenn man Steuergeräte umprogrammiert, sondern dass man lediglich im Motorenbau mehr PS generieren könne, dann zeigt das auf eine eklatante Art, dass dieser Techniker keine Ahnung von der Realität hat - schließlich wird im elektronischen Bereich am meisten geschummelt.“

Auch bei den Sportkommissaren ortet Gottfried Kogler gravierende Mängel: „Die Red Stag Rallye Extreme 2021, als man sich mit drei falschen Ergebnissen lächerlich gemacht hat, im ersten Ergebnis hätten die ersten beiden Fahrer jeweils 25 Punkte erhalten sollen. Immer wieder kommt es vor, dass die RSR (Rallye Sporting Regulations) nicht eingehalten werden - dass etwa Strafen verhängt werden, die nicht den RSR entsprechen. Bei der Jännerrallye wurde ein Lokalmatador wegen illegalem Besichtigen zu einer Strafminute verurteilt, laut RSR wären es jedoch drei Minuten gewesen. Bei der Buckligen Welt Rallye wurde wegen Abkürzen eine Strafe von fünf Sekunden verhängt - laut den RSR hätten jedoch 30 Sekunden verhängt werden müssen.“

Willkür bei den Strafen

Viele Vergehen obliegen überhaupt dem Sportkommissar - in den Augen von Gottfried Kogler wird so der Willkür Tür und Tor geöffnet: „Ich habe darauf hingewiesen, dass es in vielen Bereichen keinen offiziellen Strafenkatalog wie in anderen Ländern oder in der FIA gibt. Die Antwort des Kommissionsvorsitzenden lautete: ‚Das kann der jeweilige Sportkommissar selbst entscheiden, wie er bestraft!‘ Das wäre so, als würde ein Polizist für eine rote Ampel 20 oder auch 400 Euro verhängen können - frei nach seinem persönlichen Empfinden. Ich finde, es wäre längst Zeit für einen komplett einheitlichen Strafenkatalog, um jeder Willkür zuvorzukommen.“

Willkür ortet Kogler auch bei Rallyeleiter-Entscheidungen: „Bei der OBM Buckligen Welt Rallye gab es eine Durchführungsbestimmung, wonach der Hyundai Rally1-Teilnehmer startberechtigt ist und somit auch im offiziellen Ergebnis aufscheinen kann. Diese DF1 wurde dann vom Rallyeleiter kurzfristig aufgehoben…“

Team-Vertreter in die Kommission - völlig unmöglich?

Was Gottfried Kogler stört: „In der AMF Rallyekommission ist es schwer, Anträge einzubringen. Ich habe in den letzten beiden Jahren insgesamt 14 Anträge eingebracht, doch nur vier sind auch durchgegangen. Oft heißt es dann: ‚Wir werden uns das ansehen…‘“

In der Rallyekommission sitzen Vertreter der Veranstalter, der Industrie, zwei Fahrervertreter (modern und historisch) - doch jene, die mit den Regelwerken im Alltag zu arbeiten haben, die Teams, sind nicht vertreten: „Warum kann man nicht zwei Vertreter von Teams in die Kommission aufnehmen?“, fragt Kogler. Dass die Kommission quasi sakrosankt sei, heißt es dann oft - doch: „Auf einmal ist es möglich, dass der neue ORM-Promotor einen Sitz erhält…“

Vielfach gewünscht: Re-Start nach Ausfall - wäre kein Problem!

Einer der - abgelehnten - Anträge spricht wohl vielen Aktiven tief aus der Seele: „Wir wollten, dass man nach einem Ausfall zu Mittag wieder in die Rallye starten kann - das wurde als unmöglich abgelehnt, obwohl es laut Zeitnehmern sehr wohl technisch möglich ist. Ich habe das Gefühl, dass die Interessen der Fahrer viel zu wenig berücksichtigt werden.“

Ein weiterer Antrag: „Viele Fahrer würden es begrüßen, wenn auch ORM-Rallyes nur noch an einem Tag abgehalten werden - die Austrian Rallye Challenge (ARC) hat genau deshalb, weil die Rallyes kompakt an einem Tag stattfinden sehr gute Starterfelder. Auch dieser Antrag wurde abgelehnt. Ich habe das Gefühl, dass man bei der ORM nur auf die Rally2-Fahrer achtet - der Rest ist offenbar uninteressant, was ich jedoch für einen schweren Fehler erachte!“

Eintages-Rallyes wie in der ARC - der Kommission ein Dorn im Auge?

Und: „Bei jenen Rallyes, wo sowohl ORM als auch ARC starten, möchte man, dass die ARC nun die vollen zwei Tage mitfährt - doch genau das entspricht nicht der Herangehensweise der ARC, da ein Tag ganz klar kostengünstiger ist. Genau deshalb hat die ARC mehr Zulauf und ein volles, buntes Starterfeld. Deshalb scheint ihnen die ARC ein Dorn im Auge zu sein…“

Ganz allgemein plädiert Gottfried Kogler für mehr Kundenorientierung: „Die Lizenznehmer sind die Kunden - die Fahrer und Teams finanzieren Veranstalter und die AMF. Daher würde es der AMF gut zu Gesichte stehen, mehr auf die Belange der Aktiven einzugehen…

motorline.cc bat die Vertreter der AMF bzw. der Rallyekommission um eine etwaige Stellungnahme.

Ähnliche Themen:

News aus anderen Motorline-Channels:

Weitere Artikel:

Lavanttal-Rallye: Vorschau BRR/Lengauer

Vorfreude auf „die Lavanttal“ mit zwei Premieren

Mit der „LASER HERO Lavanttal Rallye powered by Dohr Wolfsberg“ steht nur drei Wochen nach der Rebenland-Rallye bereits ÖRM Lauf 3 vor der Türe. Jänner-Rallye Sieger Michael Lengauer kann neben seinen bewährt treuen Sponsoren auch auf die Unterstützung einiger Lavanttaler Unternehmen zählen, welche seinen Start in Wolfsberg mit ermöglicht haben.

Achims Sport am Montag

Kolumne: Die Uhren lügen nicht

Achim Mörtl hinterfragt den seiner Meinung nach farblosen Auftritt von Simon Wagner am Wochenende beim ERC-Lauf in Ungarn und stellt die Frage nach seinen Zielen.

Fahrfehler von Thierry Neuville und Elfyn Evans bescheren Sebastien Ogier nach spannendem Dreikampf den Sieg bei der Rallye Kroatien 2024.

Lavanttal-Rallye: Bericht

Gebrüder Wagner feiern ersten Doppelsieg

Staatsmeister Simon Wagner feierte bei der 46. LASERHERO Lavanttal-Rallye powered by Dohr-Wolfsberg seinen zweiten Sieg nach 2022 / Ein packendes Sekundenduell prägte vor allem die 2WD-Staatsmeisterschaft