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EXKLUSIV: Manfred Stohl im Interview
Foto: Waldherr Motor Sport

Manfred Stohl: Warum ich mit Luca Waldherr kooperiere

Ein mit allen Motorsportwassern „gewaschener“ Vollprofi, Gründer von Stohl Group und STARD, unterstützt den Neo-Teambesitzer Luca Waldherr, leitet Aufträge an sein Team weiter - sehr ungewöhnlich, für Österreich! Wie kommt es dazu? Wir haben nachgefragt…

Noir Trawniczek

Waldherr Motor Sport und Stohl Group - die beiden Teams sind erst unlängst wieder gemeinsam in der Rallye-Europameisterschaft aufgetreten, in der ERC4 konnte man mit zwei Teams das Podium stürmen. Die beiden Teamchefs waren auf Gran Canaria beide vor Ort - für diejenigen, die Österreichs Rallye-Community als „Schlangengrube“ empfinden, wird diese traute Zusammenarbeit ungewöhnlich erscheinen. Was hat es mit dieser Generationen übergreifenden und mittlerweile auch schon länger anhaltenden Kooperation auf sich? Wir haben bei Manfred Stohl nachgefragt.

Immer wieder liest man von einer Kooperation von Stohl Group und Waldherr Motor Sport - das ist für unser Land doch ziemlich ungewöhnlich oder?

Das stimmt. Doch es war immer schon eine große Vision von mir, die Aufträge im Lande zu halten. 90 Prozent der österreichischen Unternehmer bevorzugen die Aufträge, die Sie zeitlich oder aus anderen Gründen nicht abwickeln können lieber ins Ausland abfließen zu lassen bevor ein anderes österreichisches Unternehmen davon profitiert. Im Ausland hingegen ist es in vielen Ländern durchaus üblich, dass man die Aufträge im Land belässt. Dies trägt dazu bei, dass man auf mehr Fachkräfte in dieser speziellen Branche zugreifen kann und es stärkt auch die Position der Firmen bei Zulieferern weltweit. Das ist einfach eine andere Mentalität, eine andere Motorsportkultur. Stellen wir uns vor, wie unsere einheimische Motorsport Community heute davon profitieren würde, hätte sich Dietrich Mateschitz mit seiner damaligen Idee durchgesetzt, einen Motorsport Campus mit Uni und allen Zulieferern am Red Bull Ring zu errichten! Und wenn ich hier noch spekulieren darf: Ich bin sicher, im Machtkampf um das RB Formel 1 Team würden unsere Karten heute deutlich besser sein, wäre der Standort des Teams in Österreich.

Wann hat die Kooperation mit Waldherr Motor Sport begonnen? Was war ausschlaggebend?

Luca fuhr für uns den Opel e Corsa Cup - wodurch ich Ihn besser kennenlernen und er mich auch von seiner Arbeitsweise überzeugen konnte. Im Jahr darauf habe ich es erstmals probiert, einige der zahlreichen Aufträge, die wir in einigen Fällen nicht weiter betreuen hätten können an WMS zu vermitteln. Da habe ich Luca gefragt, ob er solche Projekte mit seinem Team weiter betreuen möchte. Es ist übrigens nicht nur Luca Waldherr, mit dem ich diesbezüglich zusammenarbeite - auch Luca Pröglhöf und andere unterstütze ich in ähnlicher Art und Weise.

Kann man sagen, dass Luca Waldherr sich mit seinem Team die eigenen Einsätze finanziert? Ist das eine Möglichkeit, wie man als Fahrer weiterbestehen kann?

Ich würde nicht sagen, dass er sich die Einsätze damit finanziert - aber mit Sicherheit helfen Sie Ihm das Gesamtpaket zu schnüren.Aber auch da gibt es eine Kehrseite der Medaille. Wenn er nicht erfolgreich fährt, wird er weniger Aufträge von außen erhalten. Und auch wenn ich Aufträge an WMS weiterleite, muss ich meinen Kunden erklären, dass dieses Team gut ist und ein solches Unternehmen braucht eben auch einen starken Fahrer wie ihn. Er ist quasi das Testimonial seiner eigenen Firma. Das war bei mir auch nicht anders.

Wir haben erlebt, wie Raimund Baumschlager schon einmal von Julian Wagner als möglichen Nachfolger als BRR-Chef sprach - ist Luca dein möglicher Nachfolger bei Stohl Group oder STARD?

Das ist nicht das Ziel. Ich habe gute Geschäftsführer und Abteilungsleiter - wir sind da solide aufgestellt. Weiters habe ich auch noch länger nicht vor, in Pension zu gehen (lächelt). Ich finde Luca sympathisch, weil er Talent hat und weil er ein Mensch ist, der auch versucht, mit 3,50 Euro durchzukommen. Er hatte keinen finanziellen Background…

Eher im Gegenteil - als sein Vater plötzlich verstarb, hatte Luca eine harte Zeit zu überwinden.

Ganz genau. Und dann trotzdem weiterzumachen - so etwas gefällt mir. Ich helfe ihm, seine Firma WMS zu stärken und ihm Aufträge zukommen zu lassen an die er wahrscheinlich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht kommen würde.

Siehst du beim Fahrer Luca Waldherr noch eine erfolgreiche Karriere in der Welt- oder Europameisterschaft?

Im Moment ist das schwer zu sagen weil er nur sehr wenige Rallyes im Jahr fährt. Zunächst müsste er also sehr viel mehr fahren und da speziell im Ausland - dann wiederum wäre alles möglich. Nur kommt auch Luca langsam in ein Alter, wo es eben schwieriger wird…

Schwieriger könnte auch die Zukunft des Rallye- und Motorsports werden - du bist bekannt dafür, dass du mit STARD auch ganz andere Projekte entwickelst, die mit reinem Motorsport wenig zu tun haben. Rätst du auch Luca dazu, sich mit seinem Team auch in anderen Geschäftsfeldern zu betätigen?

Selbstverständlich. Ich leite bereits auch andere Aufträge an WMS weiter. Ich habe Luca und einen Mitarbeiter von ihm in die USA mitgenommen - da geht es um Projekte, die mit Rallye nichts zu tun haben. Diese Story, dass es in Zukunft keine Rallyes mehr geben wird, wurde mir schon in den Neunzigerjahren vorhergesagt - und siehe da: Wir fahren noch immer! Es kann schon sein, dass sich die Szene verändern wird - aber sie wird weiter bestehen können, da bin ich mir sicher.

Eine Frage ist natürlich obligat: Wie geht es dem Fahrer Manfred Stohl? Fährt er geheim in anderen Ländern? Wird er wieder mal in Österreich an den Start gehen?

Aktuell habe ich leider einfach keine Zeit dafür. Aber wenn sich der Stress einmal legen sollte, werde ich sicher wieder einmal rennfahren - und da bin ich völlig offen, ob Rallye, Rallycross oder Rundstrecke.

Dann hoffen wir darauf und sagen danke für das Interview.

Gern geschehen.

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