RALLYE

  • Motorline auf Facebook
  • Motorline auf Twitter

Triumph der KitCars: Travaglia siegt vor Basso

Die Barum-Rallye war in diesem Jahr trotz WRC-Verbot äußerst spannend, am Ende konnte sich der Italiener Renato Travaglia durchsetzen.

Daniel Fessl

Die 35. Auflage der Traditionsveranstaltung rund um die tschechische Reifenmetropole Zlin war sowohl der 7. Lauf zur tschechischen Staatsmeisterschaft, als auch die sechste Veranstaltung zur Rallye-Europameisterschaft. So nebenbei war die „Barum“ in diesem Jahr auch noch offizieller Kandidat für die Rallye-Weltmeisterschaft!

Diese Auszeichnung hatte aber nicht nur Positives. Der unangenehme Nebeneffekt war nämlich, dass die in Tschechien überaus beliebten World Rallye Cars nicht zum Start zugelassen wurden! Da die Rallye aufgrund der WM-Kandidatur streng nach FIA-Regeln ausgetragen wurde und in der Europameisterschaft nur N4- und A6-Fahrzeuge starten, mussten sich die Protagonisten der tschechischen Meisterschaft Alternativen einfallen lassen. Beim Meisterschaftsführenden Vaclav Pech und bei Altmeister Emil Triner hieß diese Alternative Gruppe N, beide traten mit einem Mitsubishi Evo VIII an. Die anderen beiden WRC-Piloten Stepan Vojtech und Karel Trneny verzichteten auf den Start bei der Barum.

In der Europameisterschaft zeichnet sich heuer ein Dreikampf um den Titel ab, die beiden Italiener Renato Travaglia (Renault Clio S1600) und Giandomenico Basso (Fiat Punto S1600) gegen den aus Martinique stammenden Vorjahresmeister Simon Jean Joseph in einem weiteren Renault Clio S1600. Diese drei Piloten sind nach fünf Läufen auch an der Spitze der Punktetabelle zu finden. Weitere interessante Starter waren die beiden tschechischen JWRC-Piloten Martin Prokop und Pavel Valousek, beide auf Suzuki Ignis S1600, Skoda-Junior Jan Kopecky im Mitsubishi Evo VII, die beiden Slowaken Tibor Cserhalmi (Mitsubishi) und Jozef Beres (Subaru), sowie Gruppe-N-Meister Vaclav Arazim in einem weiteren Mitsubishi Evo VII.

Gestartet wurde die Rallye am Freitagabend mit einer vier Kilometer langen Superspezialprüfung im Zentrum von Zlin! Wer schon einmal bei einer Rallye in Tschechien war, kann sich einigermaßen vorstellen, welcher Zuschauerandrang dort herrschte! Die drei EM-Favoriten waren es auch, die auf dieser Auftakt-SP die Pace setzten: Jean Joseph, Travaglia und Basso lautete die Reihenfolge nach SP 1, sensationeller Vierter war Vaclav Pech, der seit fast fünf Jahren in keinem Gruppe-N-Auto mehr gesessen hatte und nach nur drei (!) Testkilometern im nagelneuen Evo VIII den Umstieg vom WRC anscheinend problemlos gemeistert hat.

Die eigentliche Rallye wurde am Samstagmorgen gestartet, es standen neun Sonderprüfungen über knapp 150 Kilometer auf dem Programm. Und gleich auf der ersten SP überschlugen sich die Ereignisse. EM-Titelverteidiger Jean Joseph versenkte seinen Clio in einem Graben, aus dem er unendliche vier Minuten lang keinen Weg herausfand. Jean Joseph konnte zwar, nachdem ihn die Zuschauer aus seiner misslichen Situation befreit hatten, weiterfahren, allerdings war er auf den 98. und letzten Platz des Klassements zurückgefallen, was seinem Ziel der Titelverteidigung eher nicht förderlich war. Die positive Schlagzeile der Auftakt-SP schrieb Martin Prokop, er fuhr die Bestzeit auf dieser ersten „richtigen“ Sonderprüfung, und auch der zweite Platz durch Miroslav Cais im Mitsubishi war eine Überraschung.

Auf der dritten SP zeigte Jean Joseph dass sein Clio bei dem vorherigen Ausritt keinen Schaden genommen hatte, er fuhr seine zweite Bestzeit vor Travaglia und Basso. In der Zwischenwertung nach drei Prüfungen führte inzwischen Travaglia, knappe zwei Sekunden vor Basso und vier Sekunden vor Prokop, auf den Plätzen vier bis sieben bahnte sich ein Vierkampf um den Gruppe-N-Sieg an: Kopecky, Pech, Arazim und Cais waren die Protagonisten in diesem rein tschechischen Vierkampf und lagen nur durch acht Sekunden getrennt hintereinander.

Auf den beiden folgenden Prüfungen war jeweils Travaglia der Schnellste, sein Verfolger Basso büßte durch einen Ausritt auf SP 4 über acht Sekunden ein, auf den folgenden beiden Sonderprüfungen verlor Basso durch einen beschädigten Unterboden und Problemen mit den Stossdämpfern nach seinem Ausritt fast eine Minute und damit den direkten Anschluss an Travaglia.

Auf der mit fast 30 Kilometern längsten SP 6 zeigte Simon Jean Joseph einmal mehr seine Klasse, er fuhr eine tolle Bestzeit, fast 13 Sekunden schneller als Travaglia! Jean Joseph war in der Gesamtwertung inzwischen vom letzten bis auf den 22 Rang nach vorne gekommen.

An der Spitze setze sich Travaglia langsam ab, 17,7 Sekunden betrug sein Vorsprung auf Prokop, der durch die Probleme von Basso auf Platz zwei vorgerückt war, dahinter tobte weiterhin der tschchische Gruppe-N-Vierkampf: Nach SP 6 lautete die Reihenfolge Pech, Arazim, Kopecky und Cais, dazwischen lag auf Platz sieben der Italiener Basso im Fiat S1600. Der hoffte, dass seine Probleme im nun folgenden Service behoben werden könnten.

Auf SP 7 gelang Travaglia eine weitere Bestzeit, mit Platz zwei bewies Basso, dass die Reparatur seines Fahrzeuges gelungen war. Auf der achten Prüfung fuhr Jean Joseph seine inzwischen vierte Bestzeit, seine Aufholjagd hatte Ihn inzwischen von Platz 98 auf Platz 16 nach vorne gebracht. Leider erfuhr diese Aufholjagd auf der letzen SP des Tages ein jähes Ende, der zweite Ausritt beendete Jean Josephs Auftritt endgültig, Fahrer und Beifahrer blieben Gott sei Dank unverletzt, allerdings blockierte der ziemlich zerstörte Clio die Straße und die neunte Prüfung wurde deshalb neutralisiert.

Damit erfreute sich Renato Travaglia einer komfortablen Führung nach dem ersten Tag, er lag 31 Sekunden vor Prokop. Genau 30 Sekunden hinter Prokop lag Kopecky auf dem dritten Platz, der Skoda-Junior hatte aber seinerseits nur mehr 1,2 Sekunden Vorsprung auf Basso, der wieder eindeutig auf dem Vormarsch war. Nur sechs Zehntelsekunden hinter Basso belegte Vaclav Pech Rang fünf.

Am abschließenden Sonntag standen sechs weitere Sonderprüfungen über 110 Kilometer am Programm, einen sensationellen Start erwischte Basso, der trotz einer Minute Rückstand auf Travaglia noch nicht aufgegeben hatte. Er war auf SP 10 um ganze 20 Sekunden schneller als Travaglia, auf SP 11 konnte Basso durch eine weiter Bestzeit nochmals fünf Sekunden gut machen. Die Schlagzeile der elften Prüfung lieferte allerdings der auf Platz zwei fahrende Martin Prokop, der seinen IgnisS1600 in einen spektakulären Crash, bei dem wie durch eine Wunder niemand verletzt wurde, nachhaltig zerstörte.

Auch auf SP 12 fuhr der entfesselt fahrende Basso Bestzeit, allerdings nur 1,5 Sekunden vor Travaglia, der sich mit einem Vorsprung von über 35 Sekunden nur mehr bedingt auf ein Bestzeitenduell mit Basso einließ und sich eher darauf konzentrierte, seine Führung sicher ins Ziel zu bringen. Nach dem Ausfall von Prokop lag Basso wieder auf dem zweiten Platz, aus dem Vierkampf der Gruppe-N-Führenden war inzwischen ein Dreikampf geworden. Kopecky lag als Dritter in Front, knapp vor Pech und Arazim, Cais war zwar dahinter immer noch Sechster, allerdings mit 35 Sekunden Rückstand auf Arazim.

Auf SP 13 fuhr Basso seine vierte Bestzeit in Folge, er reduzierte damit seinen Rückstand auf Landsmann Travaglia auf 28 Sekunden. Neben Basso, der bis dahin alle Bestzeiten der zweiten Etappe erzielte, war Pavel Valousek der Mann des Tages. Der Suzuki-Pilot hatte am Samstag durch einen Reifenschaden viel Zeit verloren und lag nur auf Platz 12, am Sonntag konnte Valousek allerdings durch drei zweitbeste und eine drittbeste SP-Zeit viel Boden gut machen, zwei Prüfungen vor Schluss belegte Valousek den achten Platz.

Die letzten beiden Sonderprüfungen standen an, Travaglia durchbrach die Bestzeitenserie von Basso auf SP 14 und baute seine Führung wieder auf über 30 Sekunden aus. Eine tolle zweitbeste Zeit gelang Vaclav Pech, der nochmals versuchte, Druck auf den vor ihm liegenden Kopecky zu machen, Pech verringerte seinen Rückstand auf „Honza“ Kopecky damit auf nur mehr fünf Sekunden.

Auf der 15. und letzen SP fuhr Basso seine fünfte Bestzeit, er war damit ganz klar der Mann des Tages. Als Zweiter parierte Kopecky den Angriff von Pech und mit der drittbesten Zeit in der letzen SP fixierte Renato Travaglia einen am Ende doch überlegenen Sieg, seinen zweiten Erfolg bei der Barum-Rallye, nachdem er 2002 hier im Peugeot 206 WRC gewonnen hatte. Zweiter wurde Giandomenico Basso, der damit auch den Anschluss an Travaglia in der EM-Punktewertung wahrte. Als Dritter wurde Jan Kopecky bester einheimischer Pilot, gefolgt von einem sehr zufriedenen Vaclav Pech, der bei seiner Gruppe-N-Premiere mit Arazim, Cais und Jandik die angestammte N-Elite Tschechiens eindeutig auf die Plätze verwies. Erneutes Pech hatte Valousek, dessen Aufholjagd leider nicht von Erfolg gekrönt wurde: Er lag bereits auf Platz acht, doch ein erneuter Reifenschaden auf der vorletzten SP kostete ihn zwei Plätze und so beendete er die Rallye auf Rang zehn.

Endergebnis:

1. Travaglia/Zanella, Renault Clio S1600 (1. A6) 02:14:51.7 Min.
2. Basso/Dotta, Fiat Punto S1600 (2. A6) + 00:29.22 Sek.
3. Kopecký/Schovánek, Mitsubishi Evo VII (1. N4) + 01:15.5 Min.
4. Pech/Uhel, Mitsubishi Evo VIII (2. N4) + 01:23.1
5. Arazim/Gál, Mitsubishi Evo VIII (3. N4) + 02:05.4
6. Cais/Ondrejčík, Mitsubishi Evo VII (4. N4) + 02:21.8
7. Jandík/Chrastecký, Mitsubishi Evo VII (5. N4) + 02:30.4
8. Trojan/Řihák, Mitsubishi Evo VII (6. N4) + 03:36.6
9. De Winkel/Van Hoek, Renault Clio S1600 (3. A6) + 04:44.9
10. Valoušek/Scalvini, Suzuki Ignis S1600 (4. A6) + 05:03.8
11. Chvojka/Chvojková, Mitsubishi Evo VIII (7. N4) + 05:53.1
12. Červenka/Volf, Mitsubishi Evo VIII, (8. N4) + 06:16.2
13. Vlček/Pech, Mitsubishi Evo VI (9. N4) + 06:49.0
14. Tlusťák/Dědic, Citroën Saxo KitCar (5. A6) + 06:58.8
15. Triner/Hůlka, Mitsubishi Evo VII (10. N4) + 07:19.7

Durch diesen Sieg verschaffte sich Travaglia auch eine hervorragende Ausgangsposition für seinen zweiten EM-Titel. Er liegt drei Läufe vor Schluss 14 Punkte vor Basso, der dieses Jahr vom Pech verfolgte Simon Jean Joseph hat mit 24 Punkten Rückstand wohl nur mehr theoretische Chancen, seinen Titel zu verteidigen. Die Rallye-Europameisterschaft wird mit der Fiat-Türkei-Rallye von 9. bis 11. September fortgesetzt.

EM-Stand (nach 6 von 9 Läufen):

1. Travaglia 35 Punkte
2. Basso 21
3. Jean-Joseph 11
4. Holowczyc 10
4. Princen 10

In der tschechischen Meisterschaft ist durch die Nichtteilnahme von Stepan Vojtech eine Art Vorentscheidung gefallen, Vaclav Pech wird sich seinen Vorsprung von 41 Punkten gegenüber Vojtech in den beiden noch ausstehenden Rallyes wohl nicht mehr nehmen lassen. Die tschechische Meisterschaft wird mit der Pribram-Rallye südlich von Prag von 23. bis 25. September fortgesetzt.

Gesamtwertung (nach 7 von 9 Läufen):

1. Pech Václav 153 Punkte
2. Vojtěch Štěpán 112
3. Kopecký Jan 101
4. Arazim Václav 57
5. Trojan Karel 41
6. Mörtl Achim 39
6. Triner Emil 39
8. Béreš Jozef 33
9. Vojtěch Tomáš 30
10. Trněný Karel 30

News aus anderen Motorline-Channels:

Weitere Artikel:

Lavanttal-Rallye: Nach SP5

Ein Revival der letzten Jahre

Bei der 46. LASERHERO Lavanttal-Rallye powered by Dohr-Wolfsberg liefern sich der Führende Simon Wagner und Hermann Neubauer ein altbekanntes Sekundenduell / Eine Kärntner Führung gibt es durch Patrik Hochegger bei den Historischen

Am Samstag wurde in Neuzeug der für Christof Klausner wiederaufgebaute Audi quattro präsentiert - im Gedenken an seinen verstorbenen Bruder wird Thomas Klausner den Boliden bei der quattrolegende zum ersten Mal pilotieren.

Lavanttal-Rallye: Nach SP9

Wagner-Doppelführung nach Neubauer-Dreher

Bei der 46. LASERHERO Lavanttal-Rallye powered by Dohr-Wolfsberg zieht ein fehlerloser Simon Wagner auf und davon / Zwischen- und Ausfälle bremsen die Konkurrenten des Staatsmeisters

Achims Sport am Montag

Kolumne: Alles wie gehabt?!

Max Verstappen bügelt wieder alle in Japan her und Simon Wagner arbeitet seine Gegner im Lavanttal auf! Und der Rest? Mit zu wenigen Ambitionen und zu farblos.

EXKLUSIV: Manfred Stohl im Interview

Manfred Stohl: Warum ich mit Luca Waldherr kooperiere

Ein mit allen Motorsportwassern „gewaschener“ Vollprofi, Gründer von Stohl Group und STARD, unterstützt den Neo-Teambesitzer Luca Waldherr, leitet Aufträge an sein Team weiter - sehr ungewöhnlich, für Österreich! Wie kommt es dazu? Wir haben nachgefragt…

Achims Sport am Montag

Kolumne: Die Uhren lügen nicht

Achim Mörtl hinterfragt den seiner Meinung nach farblosen Auftritt von Simon Wagner am Wochenende beim ERC-Lauf in Ungarn und stellt die Frage nach seinen Zielen.