Rallye-HU: Savaria | 28.06.2005
Die Wende kam zum Schluss
„Asi“ Aschenbrenner hatte schon gewonnen, wurde dann aber nachträglich disqualifiziert – Csaba Spitzmüller kam so zu seinem ersten WRC-Sieg!
Daniel Fessl
Die besten Fotos der Savaria-Rallye 2005 finden Sie in der rechten Navigation!
Bei sommerlichem Schönwetter und 30 Grad bekamen die Rallyefans am vergangenen Wochenende das versprochene Volksfest geboten. In und um Szombathely hatte sich die Ungarische Rallye-Elite eingefunden um beim vierten von acht Meisterschaftsläufen zum ersten Mal auf Schotter zu beweisen, dass man es auch in Ungarn versteht, tolle und spektakuläre Events zu organisieren.
Der Favoritenkreis war groß, hatten doch viele der Topfahrer über den Winter das Auto oder die Klasse gewechselt. Auf Asphalt hatte sich bei den vorhergegangenen Rallyes schon gezeigt, dass Janos Toth mit seinem Peugeot 206 WRC auf perfektes Material zurückgreifen kann und immer noch zu den schnellsten Rallyepiloten Ungarns zählt, nur Fortuna war „Janika“ bis dato nicht sehr wohlgesonnen: Einem Sieg beim Saisonauftakt stehen zwei Ausfälle gegenüber. Der Meisterschaftsführende Balasz Benik im Ford Focus WRC sowie sein Markenkollege Norbert Herczig waren ebenso zu den Sieganwärtern zu rechnen, wie Csaba Spitzmüller, der seinen Step 2 Toyota Corolla WRC immer besser in den Griff bekommt und schon in der Gruppe N auf Schotter eine Klasse für sich war. Nicht vergessen durfte man auf losem Untergrund natürlich die A8-Mitsubishis, allen voran Györgi Aschenbrenner und Krisztian Hideg. Da die Getriebeauslegung ihrer Mitsubishis eine deutlich höhere Endgeschwindigkeiten zulässt, als die Ihrer Konkurrenz in den WRCs und bei der Savaria-Rallye sehr oft im Hochgeschwindigkeitsbereich gefahren wird, waren die beiden Mitsu-Piloten durchaus gewillt, ein Wörtchen um den Sieg mitzureden. Leider musste Robert Butor bereits vor der Rallye die Segel streichen, Motorprobleme hatten seinen Skoda Octavia WRC lahmgelegt.
Am Freitag wurden sieben Sonderprüfungen gefahren, vier davon waren komplett neu, die im Orseg Nationalpark südlich von Körmend über sehr feine und flüssig zu fahrende Forststrassen führten. Am besten aus den Startlöchern kam Janos Toth, er setzte die erste Bestzeit vor dem wie angekündigt stark fahrenden „Asi“ Aschebrenner im Mitsubishi, die beiden Skoda-Piloten Turi und Tagai reihten sich auf den Plätzen drei und vier ein. Die Freude über die erste Bestzeit währte beim BSA-Peugeot-Team leider nur kurz: Nach etwas mehr als der Hälfte der zweiten SP unterlief „Janika“ ein Fahrfehler, beim anschließenden Ausritt ins Unterholz wurde das Peugeot 206 WRC so stark beschädigt, dass an eine Weiterfahrt nicht zu denken war. Ebenfalls bereits auf der zweiten Prüfung kam das Aus für das Dark Dog-Team um Krisztian Hideg: Ein Defekt im Ölkreislauf legte seinen Mitsubishi lahm.
Die Bestzeit auf der zweiten SP ging an Asi, der dem zweitplazierten Csaba Spitzmüller ganze 8,7 Sekunden abnahm. Auch auf der dritten Prüfung war Asi der Schnellste, diesmal etwas überraschend vor Otto Michna in einem weiteren Skoda Octavia WRC. Im Service nach der dritten Sonderprüfung musste Vorjahresmeister Tamas Turi seinen Skoda Octavia abstellen, bei einem heftigen Ausritt hatte ein Baum den Überrollkäfig des Autos beschädigt, Turi verlor zwar dadurch „nur“ 41 Sekunden, allerdings wurde er aufgrund des beschädigten Käfigs von den Sportkommissären aus der Wertung genommen. Damit ergab sich im ersten Service nach drei gefahrenen Prüfungen ein relativ klares Bild an der Spitze, Vorjahressieger Asi führte bereits 18,5 Sekunden vor Tamas Tagai im Doppelreiter-Octavia, Dritter war Spitzmüller und Vierter Michna, die Ford-Piloten Herczig und Benik belegten die Plätze fünf und sechs.
Auf der zweiten „Runde“ über die drei Prüfungen bot sich ein ähnliches Bild: Asi fuhr auf allen Bestzeit und sowohl bei den Konkurrenten, als auch bei den Zuschauern machte sich Verwunderung breit, wie ruhig, unspektakulär und auch fehlerfrei Asi seinen Mitsubishi bewegte. Auf der fünften Prüfung verzeichnete Michna zwei Reifenschäden, was einen Zeitverlust von fast 10 Minuten zur Folge hatte. Als Wiedergutmachung gelang Michna postwendend auf der sechsten Prüfung die zweitbeste Zeit, aufgrund des großen Zeitverlustes auf SP 5 und dem damit verbundenen Rückfall auf Zwischenrang 60 (!) entschied sich Michna allerdings, zur zweiten Etappe nicht mehr anzutreten.
Den Abschluss des ersten Tages bildete eine sechs Kilometer lange SuperSpecial-Prüfung auf einem ehemaligen Militärgelände direkt vor den Toren Szombathelys. Den zahlreichen Zuschauern wurde hier eine Show der Extraklasse geboten. Zwar fuhr Asi abermals Bestzeit, doch die Show gehörte den anderen: Spitzmüller, Tagai und Co waren zwar mit weniger PS, dafür aber mit umso mehr Mut unterwegs und zeigten bei einem Sprunghügel kurz vor dem Ziel Flüge von gut 20 Metern mit Luftständen von fast zwei Metern – beinahe kam man sich vor, als wär man in Finnland!
Mit sechs Bestzeiten auf sieben Sonderprüfung lag Asi natürlich auch in der Gesamtwertung mehr als deutlich in Front: 45,9 Sekunden betrug sein Vorsprung auf den zweitplazierten Csaba Spitzmüller (Toyota Corolla WRC), Dritter war Tamas Tagai (Skoda Octavia WRC) vor Balasz Benik (Ford Focus WRC) auf Platz vier, Norbert Herczig (Ford Focus WRC) lag an fünfter Position und Ferenc Kiss, der ein weiteres Mal mit dem defektanfälligen Hyundai Accent antrat, lag an der sechsten Stelle. In der Gruppe N übernahm zunächst Szabo Gergely die Führung, doch ein Überschlag auf SP 5 beendete seine Rallye. Nach dem ersten Tag lag Krisztian Botka im Lancer Evo VI an der Spitze, bei den frontangetriebenen Fahrzeugen war es einmal mehr Zsolt Kakuszi im VW Polo S1600, der ganz klar in Führung lag – in der Gesamtwertung belegte Kakuszi einen durchaus respektablen elften Rang, noch vor einigen Allradfahrzeugen mit deutlich höherer Motorleistung.
Am Samstag waren noch sechs Sonderprüfungen zu bewältigen, darunter auch zwei Mal die vom Vortag schon bekannte SuperSpecial in Szombathely. Die ersten beiden SPs konnte jeweils der zweitplazierte „Spici“ gewinnen, allerdings half ihm das nicht wesentlich, Aschenbrenners Vorsprung abzuknabbern. Der war nämlich zwei Mal Zweiter und verlor nur wenige Sekunden, auf der dritten SP des Tages war Aschenbrenner sogar erneut der Schnellste, womit er seine Führung nochmals deutlich auf rund eine Minute ausbauen konnte! Die letzten drei Sonderprüfungen sahen drei verschiedene Sieger: Zunächst gelang Herczig im Ford Focus WRC seine erste Bestzeit, dann fuhr Asi die bereits neunte (!) Bestzeit und zu guter letzt fixierte der zweitplazierte Csaba Spitzmüller im Toyota Corolla WRC noch eine SP-Bestzeit.
Damit schien das Resultat festzustehen und nach dem letzten Service begab sich der Ralle-Tross auf den Hauptplatz von Szombathely, wo der vermeintliche Sieger Györgi „Asi“ Aschenbrenner von seinen Fans lauthals und mit viel Sekt gefeiert wurde. Doch die Ernüchterung folgte unmittelbar nach der Zielrampe: Bei der Schlussabnahme wurden an Asis Mitsubishi Unregelmäßigkeiten am Turbolader festgestellt. Das Resultat: Disqualifikation! Ob und wie Asi für dieses Vergehen zusätzlich bestraft wird, entscheidet die ungarische Motorsportbehörde noch diese Woche. Ob diese Modifikationen tatsächlich den großen Unterschied ausgemacht haben, durch den Asi die Rallye auf der Uhr für sich entschied, wird wohl niemand beantworten können.
Damit wurde Csaba Spitzmüller nachträglich zum Sieger erklärt. Der Gruppe-N-Meister des Vorjahres leistete sich keinen Fehler und gewann seine erste Rallye im WRC, Zweiter mit nur vier Sekunden Rückstand wurde Tamas Tagai. Die Plätze drei und vier gingen an die beiden Ford Focus mit Herczig und Benik, letzterer baut mit seinem vierten Punkte-Gewinn in Folge die Meisterschaftsführung weiter aus und liegt nun zur Saison-Halbzeit bereits 14 Punkte vor Savaria-Sieger Spitzmüller. Mit 23 Punkten Rückstand hält Titelverteidiger Tamas Turi Platz drei der Zwischenwertung.
In der Gruppe N behauptete Botka seine Führung und gewann knapp vor Matics und Magyar (alle Mitsubishi Lancer Evo VI). In der 1600er-Klasse fiel die Entscheidung auf der vorletzten Prüfung als sich der bis dahin fehlerlos agierende Zsolt Kakuszi eine kurze Unachtsamkeit leistete und seinen Polo S1600 für zwei Minuten im Unterholz parkte. Kakuszi fiel auf den 24. Gesamtrang und auf den dritten Platz bei den S1600-Fahrzeugen zurück, der überraschende Sieger hieß damit Peter Keller (Suzuki Ignis S1600).
Endergebnis:
1. Spitzmüller C./Kazár Miklós, Toyota Corolla WRC 1:09:06,2 Std.
2. Tagai Tamás/Tagai Róbert, Skoda Octavia WRC + 4.2 Sek.
3. Herczig Norbert/Tóth Imre, Ford Focus WRC + 15.7
4. Benik Balázs/Varga István, Ford Focus WRC + 52.9
5. Kiss Ferenc/Penderik László, Hyundai Accent WRC + 1:09.9 Min.
6. Botka Krisztián/Mihalik Péter, Mitsubishi EVO VI (1. N4) + 3:55.0
7. Matics Mihály/Árva Norbert, Mitsubishi EVO VI (2. N4) + 4:10.9
6. Elek István/Budai Annamária, Mitsubishi EVO (3. N4) + 4:42.7
9. Magyar Miklós/Kiss Patrik, Mitsubishi EVO VI (4. N4) + 4:57.1
10. Rabócsi Tibor/Somogyi Pál, Mitsubishi EVO VI (5. N4) + 5:09.5
Meisterschaftsstand (nach 4 von 8 Rallyes):
1. Balasz Benik, Ford Focus WRC 55 Punkte
2. Csaba Spitzmüller, Toyota Corolla WRC 41
3. Tamas Turi, Skoda Octavia WRC 32
4. Norbert Herczig, Ford Focus WRC 28
5. Tamas Tagai, Skoda Octavia WRC 27
6. Janos Toth, Peugeot 206 WRC 20
6. Ferenc Kiss, Hyundai Accent WRC 20
8. Robert Bútor, Skoda Octavia WRC 19
9. Krisztian Hideg, Mitsubishi Lancer Evo 18
Fortgesetzt wird die Meisterschaft mit einem weiteren Höhepunkt: Vom 22. bis 23. Juli wird die zweite Schotterrallye des Jahres rund um Veszprem am nordöstlichen Ende des Plattensees gefahren!