
ARBÖ Rallye Steiermark: Bericht Lindner | 05.10.2006
Georgs Kampf gegen den Drachen
Hans-Georg Lindner gehört zu den Rallye-Teilnehmern, die immer wieder für Überraschungen gut sind. Und er überraschte auch diesmal wieder.
Denn wenn man sich vor der ARBÖ-Steiermark-Rallye die Starterliste der Historischen angesehen hatte, dann war zunächst davon auszugehen, daß es sehr schwierig werden würde, mit dem schon etwas dahinsiechenden Escort überhaupt unter die ersten Drei zu kommen.
Aber es kam wie so oft alles ganz anders. Nach der Ostarrichi-Rallye konnten Hans-Georg Lindner und sein getreuer Beifahrer Franz Blechinger erneut einen Klassiker-Sieg an Land ziehen. Der Unterschied war nur, daß es diesmal um einiges schwieriger war, zu gewinnen, die Start-Ziel-Führung gelang diesmal nicht. Aber ganz zum Schluß waren sie trotzdem vorne.
Es war wohl mit Sicherheit einer der am schwersten erkämpften Lindner-Siege, dem noch dazu ein äußerst kurioses Duell vorausgegangen war. Denn während er sonst normalerweise immer Porsches oder einen anderen Escort-Fahrer als Gegner hat (sehr oft war es Pointinger), war es diesmal ein Ford-Lotus Cortina, der ihm auf die Zehen trat, gelenkt von Alois „Dragonfly“ Nothdurfter. Und wenn man bedenkt, daß dieser Wagen schon über vierzig Jahre alt ist und Reifen montiert hatte, die eher an einen Laufwagen erinnerten, dann kann man sich schwer vorstellen, daß ein Teilnehmer mit einem solchen Fahrzeug zu einem Anwärter auf einen Gruppensieg werden kann. Selbst unter den Historischen, wo doch um bis zu zwanzig Jahre spätere Baujahre mitfahren (vor allem Porsches), ist das sehr ungewöhnlich.
Aber wie auch immer er das gemacht hat – Alois Nothdurfter wurde mit dem Ford-Lotus Cortina zum großen Überraschungsmann der Veranstaltung. Nach seinen bereits reichlich gewagten Einlagen bei der BP Ultimate-Rallye hat er nun noch einmal eines draufgesetzt und präsentierte nun erstmals Bestzeiten. Die Szene stand kopf.
Irgendwie durfte das alles nicht sein, also mußte Hans-Georg Lindner alle seine Tricks auspacken, um den fliegenden Drachen zu besiegen. Kein leichtes Unterfangen, denn die Lanze war etwas gebraucht, sprich: Der Motor neigte zum Heißlaufen. Während hier im Lauf der Rallye Besserung eintrat, blieb das Fahrverhalten bedingt durch das waidwunde Chassis die ganze Rallye über kritisch. Dieses Auto hat unübersehbar viel hinter sich, das kann auch der noch taufrische Anstrich nicht verbergen: Spätestens dann, wenn man damit fährt, merkt man es.
Doch das Aufbäumen des alternden Turniergaules war überzeugend, die Reiter nicht minder. Hans-Georg Lindner und Franz Blechinger dominierten nicht von Beginn an, aber die Phasen, wo die Motor-Temperatur den Normalwert hatte und niemand zu überholen war (was vor allem auf Rundkursen für Dauerstreß bei den etwas zügigeren Fahrern sorgen kann), wurden zum gezielten Angriff genützt. Der Leitspruch „es geht ohnehin um nichts“ ist dann sehr schnell vergessen. Auch als auf dem Rundkurs Treglwang plötzlich Regen einsetzte, wurde hemmungslos geheizt. Straßenreifen? Ein wenig mehr anstellen, und es geht schon.
Die Auseinandersetzung mit Alois Nothdurfter und Christoph Friesenegger gestaltete sich vor allem in der Endphase sehr dramatisch, wobei sich aber hier schon Hans-Georg Lindner und Franz Blechinger zeitenmäßig durchsetzen konnten. Trotzdem war es imponierend, wie unbeugsam sich das Cortina-Team zur Wehr gesetzt hatte. Mit einem Abstand von bloß etwas mehr als acht Sekunden zwischen dem Ersten Lindner und dem Zweiten Nothdurfter konnte man guten Gewissens von Schlagdistanz sprechen.
Hans-Georg Lindner und Franz Blechinger gewannen trotzdem. Ein „neues altes“ Auto ist bereits in Vorbereitung (wieder mit der Karosserie eines IIer-Escorts), aber derweilen kehrt auch der alte Besen noch ganz gut. Egal jedoch, mit welchem Auto die beliebten Salzburger kommen – sie werden immer ein gerne gesehenes Erfolgsteam sein.