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Rallye-WM 2004: Die große Unbekannte

Wenn am 23. Jänner in Monte Carlo der Startschuss zur neuen Saison fällt, dann weiß niemand so genau, wie es in diesem Jahr eigentlich werden wird.

Manfred Wolf

In den letzten Wochen und Monaten wurde viel diskutiert. Vor allem über die teilweise fragwürdigen Entscheidungen der FIA, aber auch über Querelen, Ausstiege und Teil-Ausstiege verschiedener Teams, über neue Autos und nicht zuletzt über Fahrer, die im kommenden Jahr nicht mehr dabei sein werden.

Die FIA-Entscheidungen – oder die Kunst, jeden unzufrieden zu machen

Eine gute Idee jagt bei der FIA die andere: Zuerst ein WM-Kalender, der die Teams zwischen den Kontinenten hin- und herspringen lässt. Teilweise ist die zurückzulegende Strecke so weit und der Zeitraum zwischen den einzelnen Veranstaltungen so gering, dass die Teams befürchten, zwei separate Teams mit jeweils zwei Einsatzfahrzeugen „vorrätig“ haben zu müssen.

Irgendwie passen diese Änderungen so gar nicht zum eigentlichen Plan der FIA, der da lautet, die Rallye-WM billiger zu machen. Dieser Meinung waren wohl auch Hyundai und Skoda, die haben sich nämlich auf unbestimmte Zeit (Hyundai) bzw. von einem Großteil der WM-Läufe 2004 (Skoda) „abgemeldet“.

Ein weiterer Punkt: Das „Mille Pistes“-System. Dabei sollen die Prüfungen am Vormittag besichtigt und am Nachmittag in Wertung befahren werden, ein Wegfall der „Gravel Crews“, also der Schotterspione, geht mit diesem System ebenfalls einher.

Neben der Rallye Monte Carlo ist die Schweden-Rallye der einzige Lauf, der nicht nach diesem Prinzip, sondern noch nach den alten Regeln, gefahren werden soll. Die meisten anderen Veranstalter sind wenig begeistert, müssen sich aber wohl oder übel den Wünschen der FIA beugen.

Mit ein Grund für die Verärgerung der Veranstalter dürfte die Furcht vor Zuschauerschwund sein: Mit dem „Mille Pistes“-System sinkt die Attraktivität von WM-Rallyes deutlich, der Fan läuft Gefahr, am Tag nur noch eine SP zu Gesicht zu bekommen – ein bisserl wenig Action, für teilweise weite Anreisewege und hohe Kosten.

Ebensowenig begeistert zeigen sich die Fahrer: Die halten den Wegfall der Schotterspione (verständlicherweise) für höchst gefährlich. Hier versuchen die Theoretiker aus Paris mit einer salomonischen Lösung Abhilfe zu schaffen: Wenn die Sicherheitskommission Schotterspione für notwendig erachtet, dann müssen diese vom Veranstalter gestellt werden, deren Aufzeichnungen sollen dann an alle Teams ergehen.

Neben dem Fehlen von Hyundai und Skoda und den daraus resultierenden Engpässen an Fahrer-Plätzen für 2004 hat die FIA gleich den nächsten unlogischen Schritt gesetzt. Anfangs wurde noch über den verpflichtenden Einsatz eines dritten Werksautos nachgedacht (um jungen Piloten die Möglichkeit eines Werks-Einsatzes zu geben), in der nächsten Sekunde verbot die FIA kurzerhand ein drittes Auto, 2004 dürfen nur zwei Fahrer pro Rallye für die Hersteller-WM punkten.

Damit gab es für Kaliber wie Colin McRae keinen Platz mehr in einem Werksteam. Der Schotte musste seinen Hut nehmen und fährt zur Zeit Paris-Dakar, in weiterer Folge könnte er sich mit einem Le-Mans-Einsatz trösten.

„Enorme“ Einsparungen verspricht sich die FIA auch vom umfangreichen Testverbot und vom sog. „Flexi-Service“, bei dem Teams mit mehreren Autos diese in der Servicezone hintereinander abfertigen können, womit weniger Personal von Nöten sein soll.

Zwei große Namen fehlen in der kommenden Rallye-WM-Saison

Neben dem bereits erwähnten Colin McRae, der zu einem späteren Zeitpunkt unbedingt in die Rallye-WM zurückkehren will, fehlt im Jahr 2004 auch ein anderer großer Name der Rallye-Szene: Tommi Mäkinen hat seine Laufbahn beendet und wird wohl nicht mehr so bald in einer Nennliste zu finden sein.

Der Finne war vier Mal in Folge (1996, 1997, 1998 und 1999) Weltmeister und einer der ganz großen Charaktere in den vergangenen Jahren, auch wenn es zum Schluss nur mehr selten für Top-Resultate gereicht hat – als Highlight stand 2003 ein zweiter Platz in Schweden zu Buche.

Auch bei den Teams ist „ein Kommen und Gehen“ angesagt

Der Rückzug von Hyundai hatte sich schon längere Zeit abgezeichnet. Zwischen dem europäischen, genauer gesagt englischen Team MSD, das die WM-Einsätze für Hyundai durchführte und der Zentrale in Korea flogen seit längerem die Fetzen. MSD klagte über permanenten Geldmangel, die Hyundai-Obersten gaben dem Team die Schuld für den ausbleibenden Erfolg.

Wie auch immer – Tatsache waren katastrophale Ergebnisse und kaum Testkilometer. Vor allem ohne die so wichtigen Tests und Abstimmungsfahrten konnten weder Armin Schwarz noch Freddy Loix ein Wunder vollbringen.

Beide an sich erstklassige Piloten, dennoch kurvten sie der Meute hinterher. Nach der Australien-Rallye zog die Konzernzentrale einen Schlussstrich und ordnete den Rückzug aus der Rallye-WM an. Die Koreaner gaben aber sofort bekannt, in absehbarer Zeit mit einem neuen Auto zurückzukommen, um „die Rallye-WM zu gewinnen“.

Armin Schwarz wird im kommenden Jahr in der WM fehlen, er fand – wie Colin McRae – kein Cockpit bei einem anderen Team. Sein Hyundai-Leidensgenosse Freddy Loix kam hingegen bei Peugeot unter und wird sich dort mit Daniel Carlsson im zweiten 307 WRC abwechseln, fallweise möchten die Franzosen auch drei Autos einsetzen.

Beim Auftakt in Monte Carlo wird der Belgier das neue „Wunderding“ von Peugeot steuern. Nach langem Hin und Her entschied man sich dann doch für einen Einsatz ab dem erstem WM-Lauf, leicht wird es für den 307 WRC aber nicht werden. Schließlich tritt das insgesamt zwölfte World Rallye Car in die Fußstapfen des erfolgreichsten je gebauten dieser Spezies, nämlich in jene des 206 WRC.

Ein neues Auto bringt auch „Heimkehrer“ Mitsubishi mit: Auf dem neuen Lancer WRC ruhen große Hoffnungen, nachdem seit dem letzten Mäkinen-WM-Titel im Jahre 1999 für die Japaner nichts mehr zu holen war.

Als erster Stammpilot fungiert der von Peugeot verstoßene Gilles Panizzi, im zweiten Auto bekommen mehrere Jungspunde ihre Chance: Gianluigi „Gigi“ Galli, Kristian Sohlberg und Daniel Sola wechseln sich ab, man darf gespannt sein, wer sich hier bewähren wird.

Neues auch bei Subaru: Nach dem Weggang von Mäkinen wurde die entstandene Lücke – eher unfreiwillig – ebenfalls mit einem „Junior“ aufgefüllt. Eigentlich sollte Richard Burns, bei Peugeot und vor allem bei Teamchef Corrado Provera in Ungnade gefallen – an die Stätte seines größten Erfolges zurückkehren. Doch der Subaru-Weltmeister des Jahres 2001 erkrankte an einem Gehirn-Tumor und musste schon den letzten WM-Lauf 2003 auslassen und damit auch alle Hoffnungen auf den WM-Titel begraben.

Bis zu seiner Genesung, an der Burns Gott sei Dank keine Zweifel hegt, ersetzt ihn der bei Ford nicht mehr benötigte, weil dritter Pilot, Mikko Hirvonen. Der junge Finne erhielt einen Vertrag bei den „Blauen“ und wusste laut Team-Information schon bei seinem ersten Test zu überzeugen.

Gegen den amtierenden Weltmeister Petter Solberg dürfte er es aber trotzdem relativ schwer haben, zumal Solberg ab der Rallye Mexico (der dritte Lauf der Saison) einen Impreza WRC 2004 erhalten wird.

Ähnliches gilt für Citroen, wo allerdings während der gesamten Saison mit gleichen Waffen „gekämpft“ werden wird. Oldboy Carlos Sainz fährt dort gegen den jungen Sebastien Loeb, der von vielen als einer der heißesten Kandidaten auf den WM-Titel gehandelt wird.

Dass Sainz auch nicht zu unterschätzen ist, hat „El Matador“ schon im letzten Jahr gezeigt. Lediglich die Wales Rallye wurde ihm – wie schon einige Male zuvor – zum Verhängnis, möglicherweise wird das 2004 anders: Die Wales Rallye ist nicht mehr der letzte WM-Lauf, und Sainz hätte wahrscheinlich nichts dagegen, wenn er sich mit dem Fahrer-WM-Titel in den wohlverdienten Ruhestand verabschieden könnte – auch wenn er bereits dementiert hat, mit Ende des Jahres 2004 aufzuhören.

Von Ruhestand kann für die beiden Werkspiloten von Ford keine Rede sein: Markko Märtin und Francois Duval gelten als aussichtsreiche Kandidaten im Kampf um die WM-Krone. Vom Esten Märtin weiß ohnehin schon jeder, dass er zu jeder Zeit und auf jedem Untergrund zu einem Sieg fähig ist, nach der enormen Steigerung im letzten Saisondrittel kann allerdings auch der Belgier Duval nicht außer Acht gelassen werden.

Last, but not least, zu Skoda: Die Tschechen haben nach den „Sparmaßnahmen“ der FIA endgültig leicht genervt den Teilrückzug angetreten: Soll heißen, die Überlegungen zu einer solchen Maßnahme bestanden wohl schon länger, die exorbitanten Kosten des ausufernden WM-Kalenders waren dann nur mehr der willkommene Anlass, um sich in Ruhe der Weiterentwicklung des Fabia WRC widmen zu können.

Dass der Fabia eine gute Basis ist, das haben Toni Gardemeister (der fix bei Skoda bleibt und den viel Testarbeit erwartet), aber auch Didier Auriol im Verlauf des Jahres 2003 zeigen können. Die Spitze war aber trotzdem unerreichbar, 2004 sollen viele Tests und sporadische Einsätze (zum Vergleich mit der Konkurrenz) dem Fabia auf die Sprünge helfen.

Der zweite und dritte Teil der Vorschau mit Infos über die Junior- und die ProductionCar-WM folgt in Kürze!

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