Hans Peter Voglhuber's Kolumne | 27.02.2002
Mosley, der Formel1-Politiker
Der Vorschlag des FIA-Präsidenten, in Zukunft die erlaubte Motorenanzahl pro Team und Rennwochenende zu limitieren, erweckt den Eindruck einer Alibi-Aktion...
Hans Peter Voglhuber
Max Mosley möchte also künftig den F1-Teams Motoren sparen helfen. Selbst wenn es sich nur um eine Idee handeln sollte, ist das schlimm genug. Bei derartigen Ideen und Vorschlägen kommt zumindest in mir das ungute Gefühl auf, dass es sich dabei lediglich um Alibiaktionen handelt, um die eigene Existenzberechtigung oder die der FIA zu rechtfertigen. Oder sollte mit derartigen "Überlegungen" von Zeit zu Zeit die Allmacht der FIA und ihres Präsidenten demonstriert werden?
Mosley agiert, als wäre er ein Politiker und die FIA eine Regierung. Wie in der Politik wird auch seitens der FIA pausenlos vorgeschrieben, umgeändert, reformiert, die Reform reformiert und schlussendlich die reformierte Reform reformiert. Heute verboten, morgen erlaubt, übermorgen wieder verboten und so weiter. Jede einzelne dieser Aktionen kostet den Teams ein Schweinegeld und den Konstrukteuren jede Menge Nerven.
Kontraproduktiv:
die Verlängerung der Lebensdauer der Motoren kostet erst recht wieder eine Menge Geld
Kehren wir zu Mosleys vorläufig letztem Vorschlag zurück, 2003 die Motorenanzahl für das Training zu begrenzen, um Kosten zu sparen. Da könnte man auch gleich die Uhrenanzahl in den Haushalten einschränken, um Zeit zu sparen. Das soll heißen, dass es völlig unsinnig ist, zu behaupten, damit würden Kosten eingespart und Rennen spannender gemacht.
Wenn die besten Piloten wegen eines im Training frühzeitig zu Bruch gegangenen Triebwerks aus den hinteren Startreihen starten müssen, so ist das Wettbewerbsverzerrung pur. Und wenn die Triebwerke die doppelte Lebensdauer haben sollen, muss entweder deren Leistung gedrosselt werden oder die Triebwerkshersteller suchen nach neuen Wegen, um das Ablaufdatum der Treibsätze hinauszuschieben.
Eine Verringerung der Triebwerksleistung kann nicht ernsthaft gewünscht werden, und die Verlängerung der Lebensdauer kostet erst recht wieder eine Menge Geld. Abgesehen davon wären wiederum hauptsächlich die kleinen Teams benachteiligt, weil die Kunden-Triebwerke ganz gewiss nicht die Performance haben, wie etwa die Motoren von Mercedes, Renault, Honda, Ferrari etc.
Wenn sich Max Mosley grundsätzlich um die Wahnsinnskosten in der Formel1 Sorgen macht, so ist das zwar denkbar spät – ich würde sagen, viel zu spät – aber dennoch durchaus zu begrüßen. Die Botschaft hör´ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube. Denn der Moloch Formel1 ist längst nicht mehr zu stoppen, und das weiß Max Mosley ganz genau.
Vorschlag:
Die FIA sollte den Formel1-Zirkus in den freien Wettbewerb entlassen, anstatt immer nur zu reglementieren...
Zwei Schritte vor und anschließend ein Schritt zurück, das kann es ja wirklich nicht sein. Während die F1-Teams Abermillionen verpulvern, um immer noch bessere und schnellere Autos zu bauen, beschäftigt sich die FIA zumeist damit, die extremen Bemühungen der Formel1-Teams bis zu einem gewissen Maß wieder zunichte zu machen.
Zu diesen kontraproduktiven Regel-Spielchen fällt mir folgender Witz ein: Zwei Männer fahren mit einem Tandem auf einen Berg. Als sie nach Stunden schweißtreibenden Tretens oben angekommen sind, meint der eine Pedalritter total verschwitzt und nach Atem ringend: "Wenn ich nicht so in die Pedale getreten hätte, wären wir jetzt noch nicht heroben!" Kontert sein Tandempartner nicht minder ausgepumpt: "Und wenn ich nicht so gebremst hätte, wären wir immer wieder hinuntergerutscht!"
Ähnlich verhält es sich mit den Formel1-Teams und der FIA. Anstatt gemeinsam mit den F1-Teams vernünftige, langfristig gültige Rahmenbedingungen, sprich Bau- und Sicherheitsvorschriften aufzustellen und ansonsten den Formel1-Zirkus in den freien Wettbewerb zu entlassen, wird immer nur reglementiert, limitiert und beschränkt.
der FIA ins Stammbuch:
auf dem Ego-Trip befindliche "Motorsportpolitiker" sind das Letzte, was die F1 brauchen kann
Es kann nicht Aufgabe der FIA und nicht im Sinn des F1-Rennsports sein, Tankstopps zwingend vorzuschreiben, die Anzahl von Reifen und Motoren zu limitieren, die Beschaffenheit der Reifen (Rillen) vorzuschreiben usw. Und das dann vielleicht auch noch scheinheilig im Sinn der Kosteneindämmung, der Spannung und der Sicherheit.
Wenn die Formel1 die ultimative Rennformel sein will, dann muss eine Menge derzeit gültiger technischer Beschränkungen aufgehoben und ein faires WM-Punktereglement eingeführt werden. Denn nur so könnte die Formel1 wieder an Spannung gewinnen. Sich auf dem Ego-Trip befindliche, taktierende „Motorsportpolitiker“, welche die Königsklasse des Automobilsports stets nach ihrem eigenen Gutdünken und nach ihrer eigenen Befindlichkeit formen und verändern wollen, sind das Letzte, was die Formel1 für ihr zukünftiges Weiterbestehen brauchen kann.
Ihr Hans-Peter Voglhuber