Kia Sportage 2,7 V6 4WD – im Test | 20.06.2005
Fahren & Tanken
Er ist schwer (rund 1670 Kilogramm), er ist ein wenig kopflastig (58 Prozent des Gewichts liegen auf der Vorderachse). Diese Attribute verhindern allzu sportliche Ambitionen beim Fahren mit dem Kia Sportage. Und wer sich aufgrund der Motorisierung Wunderdinge erwartet, wird enttäuscht. Der 2,7 Liter große Sechszylinder ist ein kultiviertes, sauberes Aggregat, keine Frage. Von den 175 PS bleiben aber, nachdem sie durch die Viergang-Automatik aufbereitet wurden, keine berauschenden Fahrleistungen mehr übrig. 10,3 Sekunden von null auf einhundert km/h, dieser Wert geht in Ordnung. Mehr aber auch nicht.
Die Automatik selbst schaltet, wenn sie nicht „unter Stress“ kommt, weich und harmonisch. Doch wehe, es steht ein plötzliches Überholmanöver an und der Kickdown wird verlangt: Da wird der Wandler nervös, verirrt sich in seinen eigenen Zahnrädern und provoziert unnötige Schaltvorgänge mit Sprüngen in den roten Drehzahlbereich – also bitte die Schaltung bloß nicht hetzen…
Davon abgesehen fährt sich der Sportage richtig gut, trotz des relativ hohen Gewichts und dessen ungleicher Verteilung. Das Fahrwerk ist straff und dabei dennoch sehr komfortabel ausgelegt, flott genommene Kurven werden mit gutmütigem Untersteuern quittiert, scharfes Bremsen bringt ihn nicht aus der Ruhe, die Scheibenbremsen rundum sorgen für ansprechende Verzögerung. Auf der Autobahn halten sich Wind wie Motor akustisch im Hintergrund, lediglich der Verbrauch macht sich bei längeren Fahrten bemerkbar: Zehn Liter gibt Kia als Werksverbrauch an – mit eiliger Fahrweise werden es aber gut und gerne 12 Liter und mehr.
Beim Fahren will der jüngste Kia-Spross also eher gestreichelt werden, sonst zickt er mit steigendem Schnittverbrauch herum. Im Gelände gibt er sich von seiner anderen Seite. Der elektronisch gesteuerte Allradantrieb ist problemlos und arbeitet unmerklich. Setzt an den Hinterrädern Schlupf ein, verlegt eine Lamellenkupplung mehr Antriebskraft auf die Hinterräder – je nach Bedarf bis zu 50 Prozent. Gekoppelt mit 180 Millimeter Bodenfreiheit und kurzen Überhängen kann man es damit schon recht lustig haben, verschneite Waldwege oder steile Schotterpfade sind sowieso kein Problem. Wer’s extremer will, bekommt allerdings Schwierigkeiten: Im harten Gelände stolpert der Sportage nämlich über seine eigenen Fahrhilfen. Zwar kann eine 50:50 Antriebsverteilung bis 40 km/h per Knopfdruck hergestellt werden, doch dann würgt die Schlupfregelung irgendwann den Motor ab. Und wird das ASR abgeschaltet, fallen die fehlenden mechanischen Differentialsperren dem Allradsystem in den Rücken: Ohne Elektronik-Kontrolle drehen die Räder durch und es gibt kein Vorwärtskommen mehr.
Doch das wird kaum einen potentiellen Käufer schrecken: Viel mehr werden sich die zukünftigen Besitzer des Kia Sportage darüber freuen, dass die Koreaner endlich ihre Abneigung gegenüber elektronischen Fahrhilfen abgelegt haben: Es gibt, neben dem obligatorischen ABS mit elektronischer Bremskraftverteilung (EBD) und der angesprochenen Traktionskontrolle das ESP serienmäßig!