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Auf der Rennstrecke

Michael Hintermayer

Startet man den Milan, wird man erst mal kräftig durchgeschüttelt, doch wenn der Corvette-Motor seine normale Stand-Drehzahl erreicht hat schnurrt er brav wie ein Kätzchen. Die Geräuschkulisse im Innenraum ist angenehm, Schreiorgien zwischen Fahrer und Beifahrer sind nicht nötig. Auch das Anfahren ist kein Problem, denn schon bei niedriger Drehzahl kann man die Kupplung gemütlich, wie bei einem normalen Straßen-Pkw loslassen. Peinliches Hochdrehen des Motors oder noch peinlicheres Abwürgen, sollte man das sogenannte Wegfahr-Fenster verpasst haben, sind ausgeschlossen. Wir rollen gemütlich aus der Boxengasse.

Steigt man zum ersten Mal auf das Gaspedal glaubt man, einen Tritt in den Hintern zu bekommen. Schon bei niedriger Drehzahl mobilisiert der Achtzylinder ein unglaubliches Drehmoment. Die Beschleunigung geht derart schnell vor sich, dass man vor Staunen leicht vergessen kann, in den nächsten Gang zu schalten. Die Schaltung selbst ist präzise, aber äußerst schwergängig. Egal, wer so ein Auto besitzen will, ist Purist, der langt schon mal ordentlich zu.

Trotz seiner Leistung ist der Milan jedoch überraschend berechenbar, er ist weder zickig noch schwer zu fahren. Wenn das Heck kommt, merkt man dies frühzeitig und kann entsprechende Gegenmaßnahmen einleiten, Untersteuern gibt es so gut wie gar nicht. Im Allgemeinen ist das Auto sehr angenehm zu fahren, es artet nicht in Stress aus, der Milan lässt einen den Ritt auf der Kanonenkugel genießen. Er wurde auch nicht dafür konzipiert, nur von professionellen Händen bewegt zu werden, ist also vollkommen straßentauglich.

Um den Test praxisnäher zu gestalten, waren wir mit Straßenbereifung unterwegs. Diese war zwar nach der vierten Runde hoffnungslos überfordert, da die Pneus deutlich über der normalen Betriebstemperatur bewegt wurden, doch im Straßenbetrieb sollte dies nicht passieren. Wir preschten ja auch unbarmherzig über den Slovakiaring und wollten wissen, was mit dem leichtgewichtigen Sportwagen möglich ist.

Bei der Rückkehr an die Box stellte sich ein zufriedenes Lächeln ein, und es war schwer, aus dem Auto auszusteigen. Nicht wegen der vorher erwähnten Ein und Ausstiegsprozedur, sondern weil es riesigen Spaß gemacht hat, den Milan mit seinem mächtig brüllenden Saugmotor über die Rennstrecke zu bewegen. In einer Kanzel mit einer gewölbten Scheibe zu sitzen hat schon was, begleitet vom röhren des Achtzylinders im Heck und den weit in den Himmel ragenden vorderen Radkästen. Wie eine permanente On-Board-Aufnahme der 24 Stunden von Le Mans.

Kosten soll der Milan Abarth um die 300.000 Euro. In dieser Fahrzeugklasse fast ein Schnäppchen. Das Auto soll auf Bestellung gefertigt werden.

Schmückt sich der Raubvogel mit fremden Federn?

Eine Kuriosität stellte sich nach der Vorankündigung des Milan-Tests im einschlägigen Social-Network ein. Gottfried Grasser, Rennstallbesitzer und Erbauer des Supersportwagens Ultima wandte sich mit den Worten: „Du weißt aber schon, wer dieses Auto wirklich gebaut hat und wer sich mit falschen Federn schmückt?!“ an den Verfasser dieses Artikels. Erstaunt stellten wir fest, dass Gottfried Grasser schon vor längerer Zeit einen Sportwagen entwickelt und gebaut hat, der dem Milan Abarth zum Verwechseln ähnlich sieht. (siehe Bild links).

Martin Martinez hatte am Slovakiaring erwähnt, dass der Milan Abarth auf einem Projekt von Grasser „basieren“ würde. Gottfried Grasser widerspricht dieser Darstellung und behauptet, der Wagen wäre allein von ihm konstruiert und gebaut worden - und liefert dazu ein Bild (siehe links). Ein Freund von Martinez habe ihm ein Auto abgekauft und gefragt, ob er dieses in Monaco einem Investor präsentieren dürfe. Martinez habe den Wagen dort aber mit dem Milan-Symbol ausgestattet und als sein eigenes Werk präsentiert.

Von uns auf diese doch erhebliche Unstimmigkeit angesprochen, versprach uns Martin Martinez ein Schreiben seines Anwalts, das belegen solle, dass der Milan sein Auto sei. Dieses hat uns bis dato nicht erreicht. Die Sache bleibt also spannend.

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