CLASSIC

  • Motorline auf Facebook
  • Motorline auf Twitter

Der Mann und seine Autos, Teil 1

Ein Blick auf das spirituelle Vermächtnis des Firmengründers aus Wien, und auf die rege Fan- und Sammlerszene rund um seine Marke.

Johannes.Gauglica@motorline.cc

Ein ausführliches Portrait von Karl Abarth finden Sie hier!

Beim Abarth-Meeting aus dem Wachauring in Melk drohte der Himmel mit Regenwolken. Unter dem Grau drehten einige der schönsten Exemplare von Carlo Abarths Werk ihre Runden, vom frühen Derivat des Fiat 1100 bis zu den späten Projekten aus Turin, dem Autobianchi A112 oder dem X1/9 Prototipo.

Hat ein Sammler Bedenken, ein seltenes Kunstwerk auf vier Rädern bei solchen Bedingungen auf der Strecke zu bewegen?

Leo Aumüllers 2000 Prototipo hat immerhin einen Schätzwert von knapp 700.000 Euro, das Wetter macht ihm aber weniger Sorgen: „Ich muss eher aufpassen, dass ich es nicht übertreibe!“

Der geduckte, leichtgewichtige Zweisitzer ist ein für die Berg-EM gebautes Chassis mit Heckmotor: „Das war Abarths Markenzeichen, er wollte Heckmotor-Autos. Er hat halt fast keinen Schlupf, weil das ganze Gewicht auf den Hinterrädern liegt.“

Abarth und Abarth – eine Gegenüberstellung

Sie haben alle ihren eigene Charakter, die Autos des Carlo Abarth, und ihre eigenen Tücken. Das weiß Leo Aumüller aus eigener Erfahrung, denn es gibt wohl kaum ein Abarth-Fahrzeug, das er nicht gesteuert hat. „Aber ich komme mit allen gleich gut zurecht; und ich kann sie auch richtig bewegen.“

„Ich bin in den 1950ern die ersten Rennen gefahren, da sind ganz, ganz langsam die ersten Abarth gekommen“, erinnert sich der heute weltweit zu den wichtigsten Abarth-Sammlern zu zählende Aumüller der ersten Momente, da ein kleiner Bialbero oder ein ähnliches Fliegengewicht aus Italien ihn und die restliche Konkurrenz schlecht aussehen ließ. Den Weg zur Marke Abarth fand er so richtig erst am Ende der großen Zeit des Skorpions.

Kommerzialrat Franz Steinbacher wiederum hat eine andere Perspektive, und zwar die quasi „privilegierte“ Sicht des Insiders. Von 1962 bis 1967 war er bei Abarth & C. in Turin beschäftigt.

Wie kommt ein knapp 19jähriger Kfz-Techniker aus Wien zu einer Turiner Firma? „Mein Vater hat Carlo Abarth schon vor dem Krieg gekannt, sie sind zusammen Motorradrennen gefahren."

Die Marke Abarth erreichte 7 Weltmeister-Titel im GT-Sport, 2 Europameisterschaften, jede Menge Weltrekorde – und währenddessen nahm eines Tages der junge Franz Steinbacher allen Mut zusammen: "Irgendwann in meiner Jugend habe ich Carlo Abarth, den ich gekannt habe – er war immer wieder bei unserer Familie in Wien zu Gast – angesprochen. Und er hat gesagt, na ja, wennst’ möchtest, kommst’ halt.“

Arbeitsalltag in Turin

Somit ging es gleich nach Abschluss der Lehrzeit nach Italien: „Im Herbst 1962 bin ich als Volontär nach Turin zu Abarth & C. gegangen.“ Mit der ursprünglichen Absicht, ein Jahr zu bleiben: „Daraus sind dann insgesamt sechseinhalb Jahre geworden – und ich war mir gar nicht so sicher, ob ich je wieder nach Österreich zurückkommen soll. Ab dem zweiten. Jahr bin ich der Rennabteilung gewesen.“

In diesem Jahr 1963 gab es gleich große Auftritte zu bewältigen. Der Terminkalender liest sich wie eine Speisekarte, die man als Spätgeborener zu gerne einmal miterlebt hätte: 1000 Kilometer Nürburgring, Aspern, Berg-Europameisterschaft Rossfeld,…

Der Star des Abarth-Teams war damals Hans Herrmann, ehemals ein Silberpfeil-Pilot. Von Mercedes zu Abarth - ein Aufstieg, Abstieg, Umstieg?: „Ein bisschen was von allem. Herrmann war damals schon knapp 40 Jahre alt, er hat sich durch seine Erfolge mit Abarth seine Karriere wieder aufgebaut. Von Abarth weg ist er dann ja zu Porsche gekommen, und sein Comeback hat ihn bis zum Sieg in Le Mans 1970 geführt.“

Abarth und seine Fahrer

Andere große Namen, die bei Abarth am Weg zu höheren Weihen Station machten: Peter Schetty, später Werksfahrer bei Ferrari, unser aller Dieter Quester, oder auch in Amerika Mark Donohue, in den USA immer noch als einer der Besten bekannt. „Captain Nice“ war später mit Porsche der Bändiger des mächtigen 917/30 und 1975 am Österreichring ein Opfer seines Sportes.

Leicht hatten es auch seine Fahrer mit ihm nie. Carlo Abarth als Mensch - ein Thema, das für sich allein den Stoff für eine große Abhandlung liefern würde:

„Wenn man Carlo Abarth angerufen hat und ihm erzählt hat, ich bin mit einem 1000ccm-Bialbero bei einem Rennen Zweiter gesamt geworden, hat er gemeint: das juckt ihn überhaupt nicht, man hat mit einem solchen Auto zu gewinnen, egal mit welchem Hubraum!“

Pflegeleicht: das war Carlo Abarth nicht. Leo Aumüller hat für die Ecken und Kanten des Firmengründers Verständnis: „Wer ein solches Unternehmen aufgebaut hat, muss schwierig sein. Man musste vor ihm nicht unbedingt stramm stehen, aber ihm schon mit einem gewissen Respekt entgegentreten.“

Zu seinen Motorsport-Kunden war er nicht unbedingt konzilianter: „Er wollte sich ursprünglich seine Rennkunden aussuchen. Er wollte seine Autos nur an die besten Fahrer abgeben – aber es waren nicht immer die besten Fahrer, die das Geld gehabt haben! Es hat da durchaus für manche Fahrer Probleme gegeben, weil Abarth gesagt hat: Der kriegt kein Auto von mir! Er hat manchen Leuten keine Autos verkauft.“

Das konnte er sich im Lauf der Zeit jedoch immer weniger leisten. 1971 machte er den großen Schnitt und trennte sich von allem. Viele Memorabilia gelangten so in den „freien Handel“, denn Abarth selbst behielt von den Zeugnissen seiner Erfolge kaum etwas.

Auch das, so meint Aumüller, ein für Abarth typischer Zug – mit sein Lebenswerk so komplett abzuschließen. Und: „Ich kann ihn verstehen.“

„Er hat in seiner Haltung und seiner Kleidung etwas von einem k.u.k.-Offizier ausgestrahlt. Ich war immer per Sie mit ihm, er immer per Du mit mir“, erinnert sich Franz Steinbacher, „das Respektsverhältnis ist so geblieben bis zu seinem Tod.

Er hat die letzten Jahre seines Lebens in Wien gelebt, ich habe mich auch hier ein bisschen um ihn gekümmert. Da hat ihm der große Stab gefehlt, den er in der Firma um sich hatte, wie es halt allen Großen geht, wenn sie in Pension gehen. Das ist auch ihm nicht erspart geblieben.“

Geschichte in Kurzform

Erklärbar ist Abarths Strenge vielleicht aus seiner Vita – der gebürtige Wiener musste seine Existenz mehrmals wieder aufbauen. Nach einem Motorradunfall 1939 in Laibach überdauerte er in Jugoslawien den Krieg und ließ dann seine Connections spielen.

Tazio Nuvolari machte ihn mit dem Industriellen Piero Dusio bekannt, den brachte Abarth über seine erste Frau, die Sekretärin von Anton Piech, zur Firma Porsche bekannt. So entstand das Cisitalia-Projekt, aus dessen Konkursmasse dann die Marke Abarth entstand.

1949 beginnt die einzigartige Erfolgsstory, die von der Fertigung von Auspuffanlagen wirtschaftlich abgesichert war: „Auch Ferrari hat ca. 15 Weltmeisterschaften mit Abarth-Auspuffen gewonnen“, weiß Franz Steinbacher, „zum Schluss wurden 400.000 Auspuffanlagen im Jahr gebaut.“

Der Schluss, das war das Jahr 1971, als Carlo Abarth seine Anteile an Fiat verkaufte.

News aus anderen Motorline-Channels:

100 Jahre Carlo Abarth

Weitere Artikel:

Beschützt sei, was man liebt

Oldtimer - Was kostet eine gute Versicherung?

Oldtimer sind mehr als nur Fahrzeuge, sie sind oft liebevoll gepflegte Sammlerstücke mit hohem emotionalem und materiellem Wert. Eine passende Versicherung ist daher unerlässlich, um diesen besonderen Besitz zu schützen.

Der HTC-Termin 2024 steht bereits fest

Die Höllental Classic 2023 ist Geschichte

Blicken wir zurück auf eine der schönsten und bestorganisiertesten Oldtimer-Rallyes in Österreich. Die HTC 2023 wurde am 30. Juni und am 1. Juli abgehalten – ein später Nachbericht.

Eine Restauration in zehn Minuten

Video: Project Tawny im Zeitraffer

Als Zusammenfassung und Rückblick der bisherigen Arbeiten gibts nun einen klassischen Zeitraffer aller Arbeiten, die bislang an unserem Lotus Elan passiert sind.

Wir komplettieren den Innenraum

Video: Project Tawny, Teil 8

Neue Dichtungen, neue Module, neue Schrauben, es gab viel zu tun in den letzten Wochen, weswegen sich dieses Video auch ein wenig verzögert hat. Aber dafür sind wir jetzt auch fast fertig mit dem Lotus. Fast. Oder eigentlich: nicht einmal annähernd fast.

11. Rallye Historiale in Brunn am Gebirge

Bruno und das alte Eisen

Der Österreichische Motor Veteranen Verband organisierte am 29. September die Historiale, Start und Ziel waren im Bruno, dem Veranstaltungszentrum von Brunn am Gebirge.

Trotz Wetterkapriolen auch heuer ein Highlight

Ennstal-Classic 2023: Die Zusammenfassung

Ein neues Reglement, das noch mehr Spannung versprach, ein Wiederholungssieger, mit dem zu rechnen war und Wetterkapriolen, die es den Teilnehmern schwer machten, erfolgreich durchzukommen. Das waren die Ingredienzien der 31. Auflage der Ennstal-Classic 2023.