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20 Jahre ESP: Elchtest als Glücksfall

Danke, Elch!

Der legendäre Umfaller der Mercedes-A-Klasse beim "Elchtest" 1997 hat den Siegeszug des damals erst zwei Jahre alten ESP beschleunigt.

mid/rlo

Sicherheitsgurt, Airbag und ESP: Ohne diese drei Lebensretter ist das moderne Autofahren nicht mehr vorstellbar. Und jetzt feiert das elektronische Stabilitätsprogramm ESP einen runden Geburtstag: Denn vor 20 Jahren ging das Sicherheitssystem in Serie. Seitdem können Autofahrer schleuderfrei durch die Kurven fahren.

Wie wichtig dieses System für die Sicherheit ist, belegen folgende Zahlen: Laut Verkehrsexperten hat ESP von 2000 bis 2013 rund 200.000 Unfälle verhindert und 6.000 Menschen das Leben gerettet.

Wer hat diesen elektronischen "Schutzengel" für die Autofahrer eigentlich erfunden? Das war der niederländische Ingenieur Anton Theodoor van Zanten - und das eher zufällig. "Eigentlich wollte ich nur ein verbessertes Antiblockiersystem entwickeln. Ein ABS, das auch in Kurven oder beim leichten Bremsen funktioniert und das Auto in der Spur hält", erklärte der heute 74-Jährige.

Schon 1972 hatte sich van Zanten bei seiner Doktorarbeit mit dieser Idee beschäftigt und komplizierte Berechnungen der Brems- und Radkräfte angestellt. So fand er damals heraus, dass schleudernde Autos durch kurze Bremsimpulse an den Vorder- oder Hinterrädern stabilisiert werden können. Vorerst blieb jedoch alles nur Theorie.

Erst Anfang der 1980er-Jahre bekam der junge Ingenieur beim Zulieferer Bosch in Stuttgart die Chance für eigene Tests. Doch was im Computer funktionierte, scheiterte in der Praxis. Es fehlte vor allem ein Sensor, der das Schleudern des Autos erkennt. Solche Drehraten- oder Giersensoren gab es damals nur in den Steuersystemen von Militär-Raketen.

Van Zanten musste abwarten, bis Sensoren so preisgünstig wie Mikrochips hergestellt werden konnten und als hauchdünne, bewegliche Folien sensibel jede Bewegung erfassten. Sie werden permanent angeregt und vibrieren normalerweise mit konstanter Frequenz.

Gerät das ganze System jedoch in Bewegung - zum Beispiel durch Unter- oder Übersteuern - verändert sich das Schwingungsverhalten der Folien. Anhand des Unterschieds zwischen Soll- und Ist-Zustand kann die Schleuderbewegung berechnet werden. Das alles erledigt der Drehratensensor auf einer Fläche von nur rund drei mal drei Zentimetern.

Mit Prototypen dieser neuartigen Messfühler fuhr das Bosch-Team in Schweden aufs Eis und absolvierte wochenlange Tests. "Ein voller Erfolg. Endlich konnten wir das Auto zuverlässig stabilisieren", erinnert sich van Zanten an den Winter 1986. Es folgten weitere jahrelange Tests, Berechnungen und Computersimulationen.

Eine spezielle Software musste entwickelt werden, die der enormen Datenflut des Sensorsystems Herr wird. Dafür stellte das erste ESP-Steuergerät bescheidene 48 Kilobyte Speicherkapazität zur Verfügung - ein Bruchteil dessen, was der Mikrocomputer heute leistet.

Ein paar Monate später ging ESP im S-Klasse-Coupé von Mercedes erstmals in Serie und wäre wahrscheinlich für lange Zeit ein teures Extra geblieben, wäre 1997 nicht die A-Klasse beim berühmten "Elchtest" gekippt. Nach langem Zögern und vielen Krisensitzungen entschied der Daimler-Vorstand damals, den Kompaktwagen serienmäßig mit ESP auszustatten und so die Kippgefahr zu bannen.

Damit wurde ESP praktisch über Nacht zu einem Großserienbauteil und der Siegeszug konnte beginnen. Denn der A-Klasse folgten schnell viele andere Modelle und andere Autohersteller, deren Kunden ebenfalls nach dem neuen Sicherheitssystem verlangten.

Heute sind laut Experten weltweit rund zwei Drittel aller Personenwagen mit ESP ausgerüstet. Seit das System ab November 2011 in der Europäischen Union per Gesetz zur Serienausstattung aller neu zugelassenen Autos gehört, ist die Bestandsquote bis heute auf rund 84 Prozent gestiegen. Dafür verdient sicher auch der "Elch" einen Orden.

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