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So sieht ein Experte die Batterieentwicklung
Chris Hofer (2), CATL (1)

Für die täglichen 1.800 Kilometer mit Anhänger

Die Energiespeicher in den Elektroautos entwickeln sich rasant, der olympische Gedanke zählt: höhere Energiedichte, schnelleres Laden, unproblematische Ausgangsstoffe. Maximilian Fichtner klärte beim A&W-Tag in Wien darüber auf wohin die Reise geht.

Bernhard Katzinger

Während in vielen Bereichen der Mobilitätsdebatte hauptsächlich eben nur debattiert oder um Fördergelder gerittert wird und auf der Straße nicht besonders viel „weitergeht“, jagt in Sachen Akkutechnologie derzeit eine Fortschrittsmeldung die nächste. Der nach wie vor weit verbreiteten Angst der alten Fahrensmänner vor dem Liegenbleiben oder allzu langen Ladestopps rücken die Akku-Experten ebenso zu Leibe wie Vorwürfen rund um problematische Grundstoffe wie etwa Kobalt.

Selbst Toyota, bisher nicht gerade als Treiber der Mobilitätswende auffällig, kündigte vor kurzer Zeit an, den Durchbruch in Sachen Feststoffbatterie geschafft zu haben. Schon ab 2027 könne man dank der Fortschritte BEV mit Batterien ausrüsten, die einen festen Elektrolyt verwenden. Vorteile dieser Technologie, die als heiliger Gral der Akku-Entwicklung gilt: Deutlich höhere Energiedichte, geringere Temperaturempfindlichkeit, schnelleres Laden – und noch weniger anfällig für Brände. Fortschrittsmeldungen von chinesischen Herstellern sind noch aktueller: Blade-Batterien sorgen mit intelligentem Design für mehr Leistung, die Qilin-Technik des chinesischen Riesen CATL, der 2023 seine erste europäische Zellfertigung im deutschen Erfurt eröffnete, lässt die Ladezeiten deutlich schrumpfen.

„Tipping Point“ überschritten

Die erwähnte Qilin-Batterie, die in dem am Markt erhältlichen Modell 001 des zum Geely-Konzern gehörigen Herstellers Zeekr bereits verbaut sei, biete eine erzielbare WLTP-­Reichweite von über 1.000 Kilometern und eine Nachladegeschwindigkeit bis 700 Kilometer in 10 Minuten, bekräftigte auch Prof. Dr. Maximilian Fichtner, seines Zeichens Leiter des renommierten Ulmer Helmholtz Institutes und einer der bekanntesten Batterieforscher Europas, der am heurigen A&W-Tag in der Wiener Hofburg zu aktuellen Entwicklungen am Batterie-Sektor referierte.

Anhand der Marktentwicklungen der E-Mobilität zeige sich deutlich, dass der „Tipping Point“ – also jene Marke, bei der eine Entwicklung unumkehrbar ist – bereits überschritten sei, so Fichtner. Selbst bei Bussen und schweren Lkw verlaufe die Entwicklung ähnlich. Dass FCEV ihren Rückstand aufholen könnten, glaubt Fichtner nicht. „Im Zeitraum von drei Tagen werden derzeit so viele E-Fahrzeuge weltweit zugelassen wie Brennstoffzellenfahrzeuge in den letzten zehn Jahren.“

Probleme in die Zange genommen

Die derzeit beobachtbaren Fortschritte in der Batterietechnologie fußen auf zwei Säulen: Einerseits neuen Materialien, also der Zellchemie, andererseits neuen Ideen im Design oder „Packaging“ – also der Art und Weise, wie die unterschiedlichen Zellformen und -größen im Fahrzeug untergebracht werden.
In der Akku-Entwicklung für E-Autos ist man laut Fichtner „schon länger zur Erkenntnis gelangt, dass die Verwendung von Kobalt nicht ideal ist“. Seit Sommer 2022 bereits liefere Tesla die Hälfte seiner Fahrzeuge ohne kobalthaltige Batterien aus. Aber auch für das heute so gut wie universell verwendete Lithium als Kathodenmaterial sind bereits Ersatzstoffe auf der Straße: So verkauft der chinesische Hersteller JAC seinen Kleinwagen E10X am Heimatmarkt seit 2023 mit einem 25 kWh fassenden Natrium-Ionen-Energiespeicher, der für eine Reichweite über 200 Kilometer (NEFZ) gut ist.

Beim Anodenmaterial wiederum stellt Fichtner durch die Verwendung von Silizium schnelleres Laden und mehr Leistung in Aussicht. Die Nachteile der neuen Materialien – meist eine etwas geringere Energiedichte – können durch Fortschritte im Batteriedesign wettgemacht werden. So habe BYD durch neuartiges „Cell-to-pack-Design“ die Energiedichte um bis zu 30 Prozent steigern können. Im Zusammenspiel von Design und Chemie seien ganz ohne den Einsatz fester Elektrolyte bald 1.300 Kilometer Reichweite bei 8 bis 10 Minuten Ladezeit möglich, prophezeite der deutsche Batterieforscher. Damit könne man auch dem „besorgten Dieselfahrer, der täglich 1.800 Kilometer mit fünf Leuten, drei Hunden und Camping-Anhänger nonstop fahren muss, ein bisschen die Angst nehmen“, so Fichtner lakonisch.

„Technologieoffenheit“ als Bremskeil

Wem in diesem Text bisher verdächtig oft China erwähnt wurde, ahnt es bereits: Vorreiter bei diesem Rennen um die besten Energiespeicher der zukünftigen Mobilität sind hauptsächlich im Reich der Mitte angesiedelt. Aber, so Fichtner, die Europäer hätten mittlerweile zumindest erkannt, dass es eigene Zellproduktion braucht, um nicht gänzlich den Anschluss zu verlieren. Während in Deutschland 14 sogenannte „Gigafactories“ mit einer Gesamtkapazität von 544 GWh pro Jahr geplant seien, gefolgt von Ungarn mit 215 GWh/Jahr und Frankreich mit 170 GWh/Jahr, fehle Österreich jedoch in der Liste der Länder, die sich um die wichtige europäische Batteriezellen-­Fertigung bemühten, wunderte sich Fichtner am Podium in der Hofburg. Dass er die Debatte im Land durchaus verfolgt, ließ seine anschließende Bemerkung vermuten: Mit einer Debatte um Technologieoffenheit werde man keine neuen Märkte erschließen, diese sei höchstens ein Instrument, „um Dinge einzubremsen“.

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