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Helmut Zwickl im Gespräch mit motorline.cc, Teil 2

F1-Experte Helmut Zwickl im Gespräch mit motorline.cc, Teil 2: Über Ron Dennis und die neue österreicherlose Phase in der F1-Startaufstellung.

Michael Noir Trawniczek

Helmut, du hast im ersten Teil des Gesprächs gesagt, der Ron Dennis wird sicher nicht zurücktreten - jetzt sitzt er ja auch wieder an seinem Kommandostand - wird er dort bis zum Saisonende sitzen bleiben?

Der Ron Dennis hat ja noch 15 Prozent Anteile, der hat alles aufgebaut. Er hat sicher viele Fehler gemacht im letzten Jahr - aber er wird sicher nicht zurücktreten, weil es andere wollen. Er wird zurücktreten, sobald er es will.

Man kann über den Ron Dennis sagen was man will, aber er hat McLaren zu dem gemacht, was es heute ist. Er hat seinerzeit Honda an Bord geholt, er hat mit dem Geld des Mansour Ojeh den TAG-Turbo finanziert und er hat Mercedes an Bord geholt. Er war derjenige, der zu einem Zeitpunkt, als Ferrari völlig im Mittelalter versunken ist, die Formel 1 in ein neues Zeitalter gemanagt hat.

Umso interessanter ist es, dass er im letzten Jahr so gravierende Fehler gemacht hat und er offenbar nicht gewusst hat, was in seinem Werk wirklich passiert. Aber ist der Mister McLaren und aus.

Glaubst du das? Dass er es nicht gewusst hat, was in seinem Werk vor sich ging?

Naja. Entweder hat er es gewusst und er hat seine Mitarbeiter gedeckt oder aber man hat ihn abgeschirmt. Dass passiert ja oft, dass Manager immer höher steigen und sie dann im Elfenbeinturm sitzen und nicht mehr wissen, was in ihrer Firma passiert.

Ich habe in Jerez mit dem Jo Ramirez gesprochen, der ja bei McLaren viele Jahre eng mit Ron Dennis gearbeitet hat - der war sehr besorgt um Ron Dennis...

Ich glaube auch, dass er eine Krise hat. Er hat zwei Weltmeisterschaften verloren, die Spionageaffäre. Es ist ihm nicht gelungen, Hamilton und Alonso quasi friedlich zu vereinen. Dann noch die private Katastrophe seiner Scheidung. Da ist sehr viel für ihn zusammengekommen im letzten Jahr. Ein hoher Aufstieg und dann ein tiefer Fall - aber ich glaube, dass er so ganz sicher nicht abtreten will. Darum will er heuer noch einmal dabei sein - wenn der Lewis Hamilton vielleicht Weltmeister wird.

Die Spionageaffäre geht ja noch immer weiter, weil in Italien gegen Nigel Stepney wegen Industriespionage untersucht wird. Er behauptet jetzt, er habe das 780 Seiten dicke Dossier bei dieser Verhandlung erstmals gesehen, er habe nur ein paar mündliche Informationen an Mike Coughlan weiter gegeben. Was glaubst du, steckt da wirklich dahinter?

Keine Ahnung. Aber dieser Fall gehört auf jeden Fall von öffentlichen Gerichten untersucht. Ich war von vornherein der Meinung, dass dieser Fall von Industriespionage ein Fall für öffentliche Gerichte und kein Fall für die Sporthoheit ist.

Anderes Thema: Erstmals seit 2003 wird wieder kein Österreicher an den Formel 1-Rennen teilnehmen. Was glaubst du? Wann werden wir wieder einem Landsmann die Daumen drücken können?

Das dauert. Das wird dauern. Aus der Red Bull-Nachwuchsszene ist ja nichts hochgekommen. Alex Wurz ist aus der Pension zurück geholt worden. Und der Klien wartet natürlich darauf, dass sich der Kubica oder der Heidfeld einen Fuß brechen. Da würde er dann in einem guten Auto sitzen, wahrscheinlich. Naja - so ist es, wir haben wieder einmal eine Formel 1-Periode ohne Österreicher. Die Formel 1 wird das aushalten. Und Österreich wahrscheinlich auch.

Was traust du dem Christian Klien zu, in einem BMW Sauber?

Der Klien hätte sich vielleicht irgendwie gescheiter einbringen müssen bei Red Bull. Aber dort stand er ohnehin auf der Watchlist. Es ist jedoch erstaunlich, dass Klien immer noch einen Fuß in der Formel 1-Türe hat. Er muss halt immer wieder beweisen, dass er noch da ist und dass er eh nicht so schlecht ist, wie alle sagen. Das ist sein Schicksal.

Du hast vorhin das Red Bull Juniorenprogramm erwähnt. Da gab es ja auch des Öfteren Stimmen von Piloten, die gemeint haben, der Dr. Marko sei so streng, er würde so militant mit den Fahrern umgehen. Jetzt sind da aber nicht nur keine Österreicher hochgekommen, sondern auch sonst gibt es eigentlich keine Piloten, die aus dem Juniorenprogramm so richtig hochgekommen sind...

Ja, es wurde viel Geld eingesetzt und mit diesem eingesetzten Geld ergibt sich nicht wirklich ein Nachschub nach oben. Ich weiß nicht, ob McLaren weniger oder mehr Geld in die Nachwuchsförderung gesteckt hat - aber da ist eben plötzlich ein Hamilton da gewesen. Der Sebastian Vettel ist zwar ein Red Bull-Fahrer - aber er stammt nicht direkt aus dem Nachwuchsprogramm.

Was hältst du von Andi Zuber? Ist er der nächste Österreicher in der F1-Startaufstellung?

Der Zuber ist ein intelligenter Bursche. Er hat Talent. Die Sutils und die Glocks dieser Welt haben auch gekämpft und irgendwann sind sie dann auf einmal drinnen, wie man sieht.

Und der Zuber muss den gleichen Weg gehen. Er muss schauen, dass er immer wieder den Fuß in der Formel 1-Türe hat, dass er Testfahrten erhält, dass er sich anbiedert irgendwo und dass er mit intelligenten Aussagen irgendwelche Manager auf seine Seite bringt. Er muss Lobbying betreiben. Das ist heute das Um und Auf.

Da hat er ja mit dem Erwin Göllner einen guten Mann an der Seite...

Ja, der Erwin kennt die Branche. Der weiß schon, wo man Lobbying machen muss.

Es gibt einen Österreicher, der heuer F1-Rennen bestreiten wird - den Dr. Alth, der fährt in der historischen Formel 1.

Den Dr. Alth kenne ich nur peripher, aber die historische Formel 1 ist an und für sich klasse. Nur muss man aufpassen. Diese Autos waren und sind schnell - mit diesen Autos sind Profi-Driver ums Leben gekommen. Die Bauteile müssen zum Teil neu gefertigt werden - und da liegen viele Gefahren drinnen, viele Sargnägel. Und da sitzen ja lauter Amateure in diesen Autos.

Diese Autos waren schnell, diese Autos waren gefährlich - nicht zu vergleichen mit den heutigen Boliden. Und dieses Spiel mit diesen alten Autos kann ins Auge gehen, wenn man das nicht professionell betreibt. Angefangen beim Material, wenn man Basteleien betreibt mit diesen Autos, die vorher vielleicht 30 Jahre irgendwo gestanden sind - das muss aufbereitet werden, sonst kann es wie gesagt gefährlich werden. Aber sonst ist die historische Formel 1 sicher eine tolle Sache.

Du veranstaltest seit vielen Jahren gemeinsam mit Michael Glöckner die Ennstal Classic - da werden heuer ja einige Rekorde gebrochen, nicht wahr?

Wir haben 205 Starter, 50 verschiedene Marken, das ist auch ein neuer Rekord. Und die Starter kommen aus 17 verschiedenen Nationen. Es werden so viele Stars da sein wie noch nie, der Klub der Formel 1-Legenden hält in Gröbming ein Jahrestreffen ab - das wird das größte Formel 1-Starterfeld, das es je in Österreich gab.

Kannst du da ein paar Namen nennen?

Es werden unter anderen kommen: Maria Teresa de Filippis, Derek Bell, Gerhard Berger, Dr. Helmut Marko, Tony Brooks, Nanni Galli, Brian Henton, Hans Herrmann, Gerard Larousse, Jochen Mass, Stirling Moss, Gino Munaron, David Piper, Dieter Quester, Hans Joachim Stuck, Danny Sullivan, Nino Vaccarella, Reine Wisell, Howden Ganley, Tim Parnell, Jo Vonlanthen oder Henri Pescarolo. Und aus anderen Bereichen des Motorsports kommen auch noch einige Stars zur Ennstal Classic 2008.

Den ersten Teil des Gesprächs mit Helmut Zwickl finden Sie in der Navigation rechts.

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