CLASSIC

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Happy Birthday: Der Range Rover wird 40

Vielleicht das erste SUV

Geschichte(n) rund um den Urvater einer ganzen Fahrzeug-Klasse - am 17. Juni 2010 feiert der Range Rover seinen 40. Geburtstag.

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Aktuell ist die dritte Modellgeneration auf dem Markt: Nach dem ersten, später „Classic“ genannten Modell des Jahres 1970 folgte 1994 das intern P38a genannte Modell, und schließlich 2001 die aktuelle Version.

„Unsere Idee war, den Komfort und das Fahrverhalten einer Rover-Limousine mit der Geländetauglichkeit eines Land Rover zu kreuzen. So etwas hatte davor noch niemand versucht": Die Idee für den Range Rover kann Charles Spencer King für sich beanspruchen.

Als Chefingenieur in der Rover-Pkw-Sparte war er mit neuen Fahrzeugprojekten befasst, nicht aber mit den Modellen der damals zu Rover gehörenden Geländewagenmarke. Aber „Spen“ King hatte Land Rover im Blut: Seine Onkel waren die Brüder Spencer und Maurice Wilks, im Jahr 1948 die Gründer von Land Rover.

Mitte der 1960er-Jahre machten sich Rover-Ingenieure nach Amerika auf. Sie wollten Ideen sammeln, wie die Verkäufe des Unternehmens gesteigert werden könnten. Autohändler bestätigten den Gästen aus Großbritannien, dass jenseits des Atlantiks der Markt für vierradangetriebene Freizeitfahrzeuge wuchs.

Für diesen Käuferkreis gab es in den USA wenige Angebote – allesamt großvolumige amerikanische Modelle wie Jeep Wagoneer, Ford Bronco oder International Harvester Scout. Sie waren geräumig und leicht beherrschbar, besaßen einen zuschaltbaren Vierradantrieb für eine gewisse Geländegängigkeit und kraftvolle Motoren, die akzeptable Fahrleistungen auf der Straße erlaubten. Auf dem europäischen Markt existierte damals nichts Vergleichbares.


King erinnert sich: „Der Range Rover trat als vollkommen anderes Auto an. Er hatte das Ziel, im Gelände in gleicher Weise zu überzeugen wie beim Fahrverhalten auf der Straße. Ich dachte damals, es müsste doch möglich sein, einem Land Rover deutlich mehr Komfort abzugewinnen, ohne seine enormen Möglichkeiten abseits der Straßen zu beeinträchtigen. Dann kam noch der V8-Motor hinzu, den Rover damals bei General Motors einkaufte. Alle diese Ideen und Elemente fügten wir zusammen – und dann konnte uns niemand mehr aufhalten. Schließlich hatten unsere Vertriebspartner in den USA uns versichert, dass der Freizeit-Allradmarkt eine große Zukunft versprach.“

Kurioserweise dauerte es nach der Modellpremiere trotz seines Erfolgs in ganz Europa dann noch 17 Jahre, bis der Range Rover auch nach Nordamerika kam. Grund dafür waren Abgas- und Sicherheitsvorschriften.

Der „100-Zoll-Station Wagon“

Die Arbeiten am ersten Range Rover-Prototyp, dem damals so genannten „100-Zoll-Station Wagon“, begannen im Jahr 1966. „Er war als Premium-Freizeitfahrzeug konzipiert, aber noch nicht als Luxusmodell“, erinnert sich der frühere Projektingenieur Geoff Miller, "darüber hinaus sollte er technisch anspruchsvoll sein. Spen war überzeugt, dass das Fahrzeug vorn und hinten mit Schraubenfedern ausgerüstet sein musste, um auf der Straße den Komfort eines Pkw bieten zu können. Allerdings besaß damals kein Allradmodell Schraubenfedern, denn sie mussten für eine gute Geländegängigkeit sehr lange Federwege aufweisen.“

Zu den weiteren technischen Neuheiten zählten eine Aluminiumkarosserie, wie sie auch der Land Rover aufwies, ein komplett aus Aluminium gefertigter Motor und Scheibenbremsen rundum.

Zu jener Zeit ritt Land Rover auf einer Woge der Erfolges. Viele Verantwortliche zweifelten daher an der Notwendigkeit eines solchen neuen Modells. Zu den Skeptikern zählte der damalige Chefingenieur Tom Barton, eine der Schlüsselfiguren bei der Entwicklung des Ur-Land Rover.

Er stand unerschütterlich zu seiner Meinung, die beste Radaufhängung für einen Offroader seien Blattfedern, wie sie zur damaligen Zeit nahezu alle Geländewagen benutzten. Und noch etwas schürte seine Skepsis: Die Tatsache, dass die Rover-Pkw-Sparte die Kraft hinter dem neuen Range Rover war und nicht die Allradspezialisten von Land Rover.

Für wen?

Die Vertriebsabteilung zeigte sich gleichfalls beunruhigt. „Sie waren sich weder darüber im Klaren, welche Art Auto das sein sollte noch darüber, wer es kaufen könnte. Aber das ist bei jedem neuen Fahrzeugkonzept die große Herausforderung.“

Spen King hingegen wusste, wer sich für den neuen Range Rover interessieren würde: „Höhere Militärs, Bauunternehmer und Architekten, wohlhabende Landwirte und ähnliche Kunden.“ – Beim Marktstart 1970 waren die Zielgruppen noch relativ eng umrissen. Der Verkaufsprospekt zählte auf: „Unternehmer, Geschäftsleute und Berufstätige mit einem Drang in die freie Natur.“

Andere kamen bald hinzu. Geoff Miller: „Offen gesagt, er übte auf all jene Menschen Attraktivität aus, mit denen wir nicht gerechnet hatten.“

Bevor der erste Range Rover aus der Serienproduktion die Bänder im Werk Solihull verließ, wurden lediglich zehn Prototypen hergestellt. Sie trugen den Schriftzug „Velar“ – angelehnt an das spanische „velar“ für „wachen“ und das italienische „velare“ für „verbergen“ oder „verhüllen“. Den Namen Range Rover prägte schließlich der Designer Tony Poole, nachdem andere Vorschläge wie „Panther“ oder „Leopard“ verworfen worden waren.

„Vier Fahrzeuge in einem“

Sein Debüt vor der Weltpresse gab der Range Rover am 17. Juni 1970 bei einer Presseveranstaltung in Cornwall. Im ersten Verkaufsprospekt pries Land Rover seine Neuentwicklung als „vielseitigstes Auto der Welt“ an.

Die Premierengeneration des Range Rover präsentierte sich relativ spartanisch: Vinylsitzbezüge korrespondierten mit Vinyl- und Gummibelägen auf dem Kabinenboden. Nicht unbedingt schön, aber leicht auszuspritzen. Holz, Leder oder sogar Teppich suchte man 1970 vergeblich.

Spen King erinnert sich: „Der Range Rover war damals sicherlich kein Luxusauto, nicht einmal in Ansätzen. Er war in vielerlei Hinsicht recht simpel.“ - Diese Einfachst-Ausstattung war ein Zuckerl für die Land Rover-Verantwortlichen. Im Gegensatz zu den Rover-Ingenieuren wünschten sie sich nämlich einen einfachen, leicht zu reinigenden Innenraum.

Geoff Miller ergänzt: „Die Verkaufszahlen waren hervorragend. Es entstand sofort ein Schwarzmarkt, da die Nachfrage das Angebot weit übertraf. Wir wussten jedoch, dass die Kabine zu schlicht war. Deshalb gab es schon bald Bestrebungen, das Modell aufzuwerten, zum Beispiel mit einer besseren Ausstattung. Teppich hielt dann rasch Einzug – zuerst auf dem Kardantunnel, wo er den angenehmen Nebeneffekt hatte, die Antriebsgeräusche zu dämmen. Auch der Kofferraum, der bei den Prototypen aus nacktem Blech bestand, erhielt bald eine Auskleidung, einschließlich einer Abdeckung für das Bordwerkzeug. Zum Teil reagierten wir damit auf eine Rückmeldung aus dem Buckingham-Palast: Die Corgis (im Kreise der Royals geschätzte Rasse von Jagdhunden, Anm.) hätten sich am Werkzeug verletzen können...“

Nur zwei Türen

Bei seinem Debüt war der Range Rover nur als Zweitürer lieferbar. Auch ein Automatikgetriebe zählte nicht zum Angebot, trotz eines frühen Prototypen mit einer Borg-Warner-Dreistufenautomatik.

Geoff Miller war mit dem Projekt Range Rover auch nach dem Serienstart weiter befasst. Er erkannte bald die Notwendigkeit, einer viertürigen Version. So entstand 18 Monate nach dem Verkaufsstart ein Prototyp mit vier Türen und Schrägheck. Aber das Land Rover-Management mottete den Versuch schnell wieder ein.

Der Schweizer Kleinserien-Hersteller Monteverdi stellte einen Entwurf auf die Räder, der 1980 erstmals in den Verkauf gelangte. Land Rover-Ingenieure waren an der Entwicklung beteiligt, wodurch das spätere viertürige Serienmodell weitgehend auf dem Monteverdi-Projekt basieren konnte.

1981 war es so weit, ein Jahr später folgte die Automatik. Beides war Voraussetzung für einen Markterfolg in den USA, wo der Verkauf des Range Rover dann 1987 anlief.

Während des sechstägigen Besuchs des reisefreudigen Papstes Johannes Paul II. in Großbritannien im Jahr 1982 war auch Land Rover gefragt. Für den damals amtierenden Heiligen Vater baute das Unternehmen zwei Range Rover zum „Papamobil“ um, inklusive schussicherer Glaskuppel im Heck.

„Classic“ überdauert 25 Jahre

In den 1970ern, einem für die britische Autoindustrie generell unerfreulichen Jahrzehnt, änderte sich das Modell nur wenig. Der finanziell angeschlagene British-Leyland-Konzern, zu dem Land Rover damals gehörte, setzte seine Entwicklungsgelder lieber anderweitig ein – was man der damaligen Modellpalette nicht unbedingt ansah.

In den 80ern nahm das Tempo der Modellentwicklung dann Fahrt auf, und das vorrangig mit dem Ziel großerer Luxuriosität. Und der zunächst 3,5l große Aluminium-V8 (ehemals Buick) wuchs 1989 auf 3,9 l und 1992 auf 4,2 l Hubraum – mit den entsprechenden positiven Auswirkungen auf Leistung und Laufverhalten.

Die Dreistufenautomatik von Chrysler ersetzte man 1985 durch eine sanftere und wirtschaftlichere ZF-Einheit mit vier Stufen. 1992 schließlich gab es als letzte große Innovationen für die erste Modellreihe den LSE mit verlängertem Radstand und ein elektronisch höhenverstellbares Fahrwerk.

Ab 1994: P38a

Unter dem Kürzel P38a trat 1994 die zweite Auflage des Range Rover an, benannt nach dem Gebäude 38A auf dem Werksgelände in Solihull: Hier fand die Entwicklung des Modells statt. Die Pressemappe beschrieb die neue Generation als evolutionär: „Er hat viele Designelemente seines klassischen Vorgängers beibehalten.“

Nicht verschwiegen werden soll allerdings auch die Ähnlichkeit mit den damaligen Austin/Rover-Angeboten, wie beispielsweise einige Stilzitate vom Basisauto Austin Maestro. Im Inneren ging es mit Leder und Walnusswurzelholz ungleich luxuriöser zu.

Die zweite Generation bot drei Motorenalternativen: einen 2,5-Liter-Sechszylinder-Diesel von BMW sowie Varianten mit 3,9 und 4,6 Liter Hubraum von Rovers eigenem Alu-V8. Der 4,6-Liter-Topmotor erlaubte eine Höchstgeschwindigkeit von mehr als 200 km/h und eine Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in knapp über neun Sekunden.

Seit 2001: L322

2001 gehörte Land Rover zum Ford-Konzern, genauer gesagt zu dessen „Premier Automotive Group“ gemeinsam mit Volvo, Lincoln-Mercury, Jaguar und Aston Martin. Mit der dritten Generation machte der Range Rover einen gewaltigen Satz vorwärts.

Zu den Innovationen zählten ein festeres Monocoque anstelle des im Geländewagenbau üblichen Leiterrahmens und die unabhängige Einzelradaufhängung mit kreuzverbundenen Luftfedern. Damals besaßen fast alle Offroader noch ungeteilte Achsen.

Das Design

„Um einen Range Rover zu skizzieren, müssen sie nur drei oder vier Linien aufs Papier zeichnen“, erläutert der frühere Designdirektor Geoff Upex, der das aktuelle Modell verantwortete, "sogar ein Kind kann die Grundform zeichnen."

Bei den ersten Serienmodellen des Jahres 1970 hatte der Range Rover noch in Wagenfarbe lackierte Dachsäulen. Damals war es jedoch schwierig, diese Pressteile mit einer entsprechend hochwertigen Oberfläche zu produzieren. Daher wechselte man bei den Säulen auf eine quasi tarnende Beschichtung in Schwarz, was den optischen Effekt eines "schwebenden" Daches hervorrief.

Deshalb erstaunt die Aussage von Spen King, dass „wir vermutlich höchstens 0,001 Prozent unserer Zeit auf das Erscheinungsbild verwendeten“. - Den Impuls für das endgültige Design erhielt King von David Bache, dem damaligen Rover-Designchef. Von ihm waren auch Autos wie der Rover SD1, P5 und P6 oder dann die Serie II des Land Rover.

Heute besitzen die Designer einen frühzeitigen und weit reichenden Einfluss auf die Entwicklung eines neuen Modells. Damals war das anders, sagt Designdirektor Gerry McGovern: „Die Designabteilung verlieh der Vision der Ingenieure Stil – das war alles. Ein grundlegend anderer Ansatz als heute.“

Die Technik

King drang darauf, für den neuen Range Rover Schraubenfedern zu verwenden. Damit traf er jedoch auf den Widerstand der Land Rover-Ingenieure, die aus Gründen der Festigkeit und Haltbarkeit grundsätzlich Blattfedern bevorzugten.

Tatsächlich glichen die in den ersten Fahrzeugen verwendeten Schraubenfedern jenen in der Rover 2000 P6-Limousine, wenn auch mit veränderten Federraten. Ihre langen Federwege erlaubten eine gute Achsverschränkung, wichtig vor allem im Gelände. Ein selbstnivellierendes System an der Hinterachse stellte die Handlingeigenschaften ungeachtet der Beladung sicher.

Ab 1992 wurde die Electronic Air Suspension eingebaut, eine elektronisch gesteuerte Luftfederung mit fünf Höheneinstellungen: „Einstieg“ als niedrigste Position, „Niedrig“, „Standard“, „Hoch“ und „Maximale Höhe“ für optimierte Bodenfreiheit im Gelände. Seit der zweiten Generation ist sie serienmäßig.

4x4-Neuheit: ABS

Einige Neuheiten brachte der Range Rover bei der Bremstechnik. Als erster Offroader besaß der Range Rover Scheibenbremsen an allen vier Rädern. Die Ingenieure arbeiteten dann für die Series II rund fünf Jahre an der Entwicklung eines geländewagentauglichen ABS und stießen dabei vor allem auf glattem und holprigem Untergrund auf Probleme.

Ab 1989 wurde ein Antiblockiersystem in den Spitzenversionen des Range Rover als Serienausstattung und in den übrigen Modellen als Option offeriert. Wiederum als weltweit erster Offroader hatte er ab 1992 eine elektronische Traktionskontrolle an Bord.

Luxus + Diesel = ?

Ursprünglich wollte Land Rover gemeinsam mit den Experten von Perkins einen eigenen Diesel-V8 auf Basis des Aluminium-Benziners entwickeln. Das unter dem Codenamen „Iceberg“ betriebene Programm sah eine Markteinführung des Selbstzünders in den frühen 80er-Jahren vor.

Ausufernde Kosten führten dann jedoch zur Einstellung des ehrgeizigen Projekts. Stattdessen bediente sich Land Rover im Angebot des italienischen Dieselspezialisten VM. Die ausgewählte 2,4-Liter-Einheit war mit einer Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in mehr als 18 Sekunden keine Rakete, holte ab 1986 aber zahlreiche Käufer vor allem im immer mehr Diesel-verliebten Europa zurück.

Als zweite Modellalternative ging 2005 der Range Rover Sport an den Start; er avancierte 2007 zum weltweiten Bestseller im Markensortiment. Und die Palette wird erweitert: Auf dem Pariser Salon 2010 wird der neue kompakte Range Rover seine Premiere feiern.

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