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"Vom Kart in den Rennboliden - das ist Knochenarbeit!"

Dieter Quester erklärte sich im Rahmen eines motorline.cc-Interviews für unsere Serie "Starthilfe" bereit, Fragen von Jungpiloten zu beantworten...

Michael Noir Trawniczek
Fotos: Christoph Aschauer für motorline.cc, Denis Thum

Im Rahmen eines motorline.cc-Talks über den Einstieg in den Motorsport erklärte sich Österreichs Rennfahrerlegende Dieter Quester freundlicherweise bereit, Fragen von JungpilotInnen (oder solchen, die es noch werden wollen) zu beantworten.

Im Allgemeinen erklärte der Mann, der 1974 seinen ersten und einzigen Formel 1-Grand Prix bestritten hat und seither als klassischer Berufsrennfahrer siegreich im internationalen Tourenwagensport mitmischt, dass es heutzutage wesentlich schwieriger sei, im Motorsport Fuß zu fassen. Konnte man früher noch mit privaten Geldern einsteigen, würde dies heute nur noch über Sponsoren funktionieren. "Heutzutage will jeder Rennfahrer werden", sagte Quester, "doch viele wollen nur nehmen und nichts geben". Man müsse sich heute auch in punkto Werbestrategie etwas einfallen lassen, wenn man Geldgeber an Land ziehen möchte. "Das Fahren alleine reicht heute nicht mehr", sagte Quester...

Aus Deutschland flatterte daraufhin eine Mail von einem 18jährigen Kartpiloten, Denis Thum, in unsere Redaktion. Dieter Quester hat uns seine Antworten - Punkt für Punkt - telefonisch durchgegeben.

Denis Thum: Dieses Jahr habe ich die Rotax Max Challenge (Kart) gewonnen und frage mich deshalb, da ich in der nächsten Saison in eine Formelklasse bzw. einen Markenpokal einsteigen will, wie ich an Sponsoren komme, da mir leider für solch einen derartigen Sprung die finanziellen Mittel fehlen. Wie ich in dem Interview mit Ihnen gelesen habe, soll ich für Sponsoren Ideen entwickeln können. Eine meiner Ideen wäre es zum Beispiel. für die Firma einen Kartslalom auf ihrem Grundstück zu veranstalten, mit Musik, Sprecher und natürlich auch einer Zeitnahme. Autos bekleben und Betriebskleidung der jeweiligen Firma zu tragen ist ja mittlerweile schon ein alter Hut. Was könnte ich denn noch für die Firma tun, und wie muss so ein derartiges Konzept gestaltet sein?

Dieter Quester: Ich muss dazu sagen, dass ich diese Meisterschaft nicht kenne, aber prinzipiell ist es so, dass ich unbedingt Erfolge haben muss, um weiter zu kommen - das ist die Grundvoraussetzung, um überhaupt einen Geldgeber finden zu können. Das Problem ist, dass man sich schwer dabei tut, zu einem potentiellen Sponsor zu gehen und ihn davon überzeugen zu können, dass es sich lohnt, dass der junge Mann in den Formelrennsport aufsteigt. Er muss eigentlich auch dort bereits Erfolge vorweisen können - das ist der alte Kreislauf: Ich erhalte nur dann finanzielle Unterstützung, wenn ich Erfolge habe - um aber Erfolge haben zu können, brauche ich Geld.

Letztlich muss ich derart von mir selbst überzeugt sein, dass ich im Ernstfall auch nicht davor zurückschrecke, mir beispielsweise einen Kredit aufzunehmen - ich will dem jungen Mann aber jetzt sicher nicht empfehlen, sich einen Kredit aufzunehmen, das würde ich niemandem empfehlen! Nur realistisch betrachtet mussten viele Talente diesen Schritt wagen, wie beispielsweise auch ein Christian Klien.

Was die Frage mit dem Slalom betrifft: Der junge Mann versucht, etwas auf die Beine zu stellen, und das ist sicherlich positiv. Nur - solche Veranstaltungen auf Betriebsparkplätzen können auch problematisch sein. Wir haben das einmal selbst erlebt, als wir auf dem Firmenparkplatz nur für ferngesteuerte Modellautos ein Rennen abhielten - nach zwei Stunden war die Polizei vor Ort! Aber etwas in diese Richtung zu versuchen, schadet sicher nicht, das ist sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung.

Denis Thum: Wie kommt man an die großen Firmen ran, wie z.B. Red Bull, die einen von klein auf fördern und einen Spitzenrennfahrer heranformen? Braucht man da wirklich immer Bekanntschaften oder kann das auch so funktionieren?

Dieter Quester: Es stimmt natürlich, dass es die drei Grundregeln gibt: Man muss zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort die richtigen Leute treffen - das war schon immer so. Bringt es etwas, Red Bull anzuschreiben? Da sage ich: Die erhalten zwischen 30 und 50 Briefe pro Tag, das sind Bewerbungen aus aller Welt, und nur ganz wenige werden genommen, eine minimale Auswahl....

Aber wenn er sagt: Ich bin so gut, dass ich mir das traue, dann macht das Sinn, dass er sich beispielsweise auch bei Red Bull meldet - mit der Bitte, man möge ihn beobachten. Denn man wird ja nicht sofort unterstützt - es bringt ja nichts, wenn ich einen Fahrer empfehle und der ist dann nicht schnell genug. Prinzipiell haben deutschsprachige Fahrer bei Red Bull Priorität. Es ist einfach so, dass ein junger Pilot sagen muss: Ich bin so von mir überzeugt, dass ich mich bei der Firma melde. Das Problem dabei: Es gibt eine wahre Schwemme von guten Fahrern. Ich erhalte zwanzig Anrufe von Toppiloten, die nur gegen einen Spesenersatz fahren wollen.

Denis Thum: Einige Rennfahrer kommen mit ihren eigenen Trucks voller Sponsoraufkleber auf die Kartbahn und fahren trotzdem immer auf den hinteren Plätzen. Wie schaffen die es, dass sie Sponsoren bekommen bzw. diese nicht verlieren?

Dieter Quester: Das ist ganz einfach zu beantworten: Das sind oftmals Sponsoren, die in Wirklichkeit gar keine Sponsoren sind. Es werden Geldgeber vorgegeben, ohne dass Sponsorgelder fließen, oft wissen die Firmen gar nichts davon und wenn sie es wissen, dann haben sie halt oft auch nichts dagegen, dass sie gratis beworben werden. Das gibt es auch in der internationalen Motorsportszene. Der junge Mann fragt sich zu Recht, wieso da so viele Sponsoren oben kleben und der Pilot keine Erfolge hat. Diese Aufkleber kann man nicht als Maßstab heranziehen - denn es ist noch lange nicht gesagt, dass hier wirklich Gelder fließen.

Dieter Quester: Abschließend muss ich dazu sagen: Man sollte ja einen positiven Input geben - aber im Formelrennsport Fuß zu fassen, ist reine Knochenarbeit! Leider ist heute das Geld fast wichtiger als das Können. Das Geld ist unbedingt notwendig, um dieses Können überhaupt erst entwickeln zu können, wie beispielsweise eben im Kart. Im Endeffekt muss man sich etwas einfallen lassen, auf sich aufmerksam machen.

Fragen an Dieter Quester

Jungpiloten in spe können uns Ihre Fragen per Mail senden, wir leiten diese an Dieter Quester weiter. Eines muss den Youngsters jedoch klar sein: Letztlich zählt die Eigeninitiative - Dieter Quester kann im Rahmen unserer "Starthilfe"-Aktion nur Anregungen geben, wie man eventuell vorwärts kommen könnte.

Zur Homepage von Denis Thum

In der nächsten Woche auf motorline.cc: Starthilfe - die Red Bull-Driver-Search...

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