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GP2-Pilot Andy Soucek im Exklusivinterview

Letzte Woche führte motorline.cc mit dem GP2-Piloten Andy Soucek ein Gespräch, welches jedoch Missverständnisse barg. Jetzt wird Klartext gesprochen.

Michael Noir Trawniczek
Fotos: Andy Soucek

Letzte Woche erschien auf motorline.cc ein Artikel über den Austro-Spanier Andy Soucek und sein erstes Jahr in der GP2-Serie. Der Artikel basiert auf einem zuvor geführten Telefonat - dabei kam es zu Missverständnissen. Zum einen aus technischen, zum anderen aus sprachlichen Gründen. motorline.cc bat Soucek erneut zum Interview, um gemeinsam die Dinge klarzustellen.

Andy, zunächst möchte ich mich dafür entschuldigen, dass ich offensichtlich einen Teil deiner Aussagen falsch verstanden habe. Normalerweise zeichne ich - eben um genau solche Missverständnisse zu vermeiden - sämtliche Interviews auf. Bei unserem Telefonat gab es zum ersten Mal keine Aufzeichnung. Und scheinbar haben wir auch ein bisschen aneinander vorbeigeredet?

Ja, das sehe ich auch so - aber ich finde es gut, dass wir diese Dinge nun klären können und du auch dazu stehst, dass du mich zum Teil falsch verstanden hast. Umgekehrt habe ich mich wohl auch bei ein paar Dingen unklar ausgedrückt. Manchmal geht es einfach nur um Kleinigkeiten, bestimmte Wörter, welche andere dann wieder falsch verstehen.

Wir haben das Gespräch geführt, da hattest du gerade einen Test hinter dir...

Ja, und bei diesem Test habe ich mir eine bessere Platzierung erwartet und ich hatte Probleme damit, ein für mich passendes Setup zu finden. Mittlerweile gab es einen weiteren Test in Le Castellet, bei dem ich Sechster wurde, wo ich mit dem David Price Racing Team sehr eng zusammengearbeitet habe und gemeinsam mit den Ingenieuren einen Weg, ein gutes Setup gefunden habe - was sich dann in dem sechsten Rang am zweiten Testtag widergespiegelt hat.

"DPR zählte in den beiden letzten Jahren nicht zu den Topteams der Serie", schrieb ich. Und das stimmt ja auch. Und ich meinte damit, dass ein Neueinsteiger eben nicht sofort bei einem Top 3-Team unterkommt, sondern sich hoch arbeiten muss. Es gibt halt nur drei Top 3-Teams.

Ich sehe es als meine Aufgabe, gemeinsam mit den Ingenieuren und meinem Teamkollegen das DPR-Team so weit wie möglich nach vorne zu bringen. Und wie man bei dem letzten Test gesehen hat, ist das Potential dafür vorhanden. Wir haben nach Lösungen für das Setup gesucht - und bei dem Test letzte Woche haben wir eine solche gefunden und ich konnte Platz sechs belegen. Nicht nur ich gebe alles, um das Team vorwärts zu bringen - auch umgekehrt ist es so. DPR erledigt die bestmögliche Arbeit, damit ich so weit wie möglich vorne starten kann.

Aufklären sollten wir auch, was es mit der Trainingszeit auf sich hat - da habe ich in den Artikel einfließen lassen, dass es immer weniger Test- und Trainingsrunden gibt, je höher eine Serie angelegt ist.

Ich meinte in unserem Gespräch, dass es in der GP2 in den freien Trainings nötig ist, in einer vorgegebenen Zeit so schnell wie möglich das Auto abzustimmen - diese Trainingseinheiten sind in der GP2 ja auch deshalb limitiert, weil die GP2 gemeinsam mit der Formel 1 abgehalten wird. Das muss man auch verstehen - die Formel 1 ist der wichtigste Event eines solchen Wochenendes.

Auch bei den Einheitsreifen, die in der GP2 eingesetzt werden, gibt es etwas klarzustellen. Du hast erzählt, dass sie nach zwei Runden abbauen würden - doch bei dem erwähnten Test hast du nun erfahren, wie man den Wagen abstimmen muss, um nach einem leichten Performanceabbau konstante Rundenzeiten fahren zu können.

Bei den Reifen ist es so, dass sie zwei Runden lang perfekt funktionieren, in diesen zwei Runden fühlt sich das Auto wie ein Formel 1-Auto an - danach bauen die Reifen ein bisschen ab. Aber da muss man ein gutes Setup finden, um regelmäßige Zeiten fahren zu können. Das habe ich jetzt bei dem letzten Test auch so erfahren.

Damals, als wir das Gespräch geführt haben, habe ich einen Longrun absolviert - und dann habe ich gedacht, dass das Auto in jeder Runde um eine halbe Sekunde langsamer werde - nicht wirklich eine halbe Sekunde, aber es fühlte sich so an, als ob das Auto eben in jeder Runde eine gewisse Zeit abbauen würde. Nur, dann habe ich gemerkt: In der 50. Runde war ich dann noch schneller als zuvor unterwegs. Ich bin ja auch mit sehr viel Benzin im Tank raus gefahren.

Bridgestone ist ein großer Name. In dieser Saison sind sie die Einheitslieferanten der Formel 1, deshalb ist die Technologie und das Wissen einmalig. Es gibt drei verschiedene Zusammensetzungen (weich, mittel und hart) und Bridgestone entscheidet unter Berücksichtigung der Asphaltstruktur und Pistentemperatur, welcher Typ eingesetzt wird. Bridgestone betreibt bei jedem Test und Rennwochenende einen enormen Aufwand, was Personal und Material betrifft, und man berücksichtigt auch die Meinung der Fahrer um die Entwicklung der Reifen zu beobachten.

Jetzt verstehst du mich sicher besser und ich habe mich auch beim letzten Mal ein bisschen schlecht ausgedrückt. Ich habe erst bei dem erwähnten Test erfahren, welches Setup nötig ist, um gleichmäßige Longruns fahren zu können.

Also werden solche Reifen nicht bewusst eingesetzt, um die Show zu verbessern?

Nein, du darfst nicht vergessen, dass bei den Reifen eine sehr strenge Qualitätskontrolle erfolgt. Die Ingenieure erkundigen sich bei jedem einzelnen Fahrer danach, was er zu den Reifen zu sagen hat. Ich habe bei unserem Gespräch wirklich gedacht, dass das Auto in jeder Runde ein paar Zehntel langsamer wurde - jetzt, wo ich ein sehr, sehr gutes Auto habe, wo ich Longsruns gefahren bin, sehe ich das natürlich anders.

Die "nervöse Hinterachse", die wir besprochen haben...

...da habe ich das Wort "Show" eben ganz anders gemeint, als du es verstanden hast. Ich meinte damit, dass die Serie für das Publikum mehr Spektakel bringt. Zur neuen Aerodynamik möchte ich noch richtigstellen, dass ich gemeint habe, dass ich persönlich, wenn ich ehrlich bin, keinen Unterschied zwischen der vorjährigen Aerodynamik und der von diesem Jahr gespürt habe. Dass sie jedoch unbefriedigend ist, habe ich damit nicht gemeint.

Dass das Heck instabil ist, wie ich es gesagt habe, liegt daran, dass ich noch nicht das richtige Setup gefunden habe. Denn es verfügt ja jeder Pilot über das gleiche Material. Jeder fährt mit der gleichen Hinterachse - wenn der Zuber oder der Glock diese schnellen Zeiten fahren, dann heißt das, dass sie mit dieser Hinterachse um eine Sekunde schneller sind. Das bedeutet dann, dass ich selbst noch nicht hundertprozentig das richtige Setup gefunden habe.

Stichwort Gefahr...

Da hast du mich falsch verstanden. Ich habe nicht gesagt, dass die GP2. so gefährlich ist oder dass es andauernd krachen würde.

Ich habe dich auf die Karambolagen angesprochen, die es in der GP2 immer wieder gegeben hat und dich dann gefragt, ob du eine gewisse Furcht empfindest, wenn es immer wieder kracht.

Ja, und daraufhin habe ich gesagt, dass ich jedes Mal, wenn ich auf die Strecke raus fahre, ich um mein Leben fahre - vielleicht hast du das falsch verstanden? Ich habe nicht von Gefahr gesprochen - man muss nur aufpassen, dass man das Heck nicht verliert.

Ja, das war dann also ein klassisches Missverständnis, wie es im Buche steht. Stichwort Sponsoren...

Ich habe mich da nicht klar ausgedrückt und möchte das noch einmal ausformulieren: Mein Sponsor Interwetten zum Beispiel - das ist eine Firma, die sehr viel über den Rennsport weiß - die wissen, worum es geht. Deshalb wollen sie nicht irgendeine Werbung, sondern sie wollen wirklich eine Rentabilität haben. Die haben ein Image und wollen ihre Marke und ihr Auto wirklich vorne sehen. Und sie haben das absolute Recht, das auch zu verlangen. Deshalb habe ich auch bei dem letzten Test so gearbeitet, dass wir viel weiter vorne waren, das ist uns gelungen.

Du hast in unserem Gespräch letzte Woche auch darüber sinniert, dass jene Piloten mit F1- und GP2-Erfahrung klar im Vorteil wären und dass es gleich 13 solcher Piloten in der GP2 gibt. Und dass es daher extrem schwierig ist, einen Podestplatz zu erringen.

Ja, nur ist es mir wichtig, dass ich es zwar als sehr schwer erachte, dass ich aber nicht zum Ausdruck bringen wollte, dass es nicht dennoch möglich ist. Ich denke schon, dass ich trotzdem ein gutes Ergebnis einfahren kann, nur: es ist halt sehr schwer zu schaffen.

Ganz klar, in der GP2 fahren ja auch sehr viele ausgezeichnete Piloten - wir haben bei Lewis Hamilton, der eben erst in der F1 ein beeindruckendes Debüt gegeben hat, gesehen, welches Niveau da herrscht.

Ja, ganz genau.

Gut, Andy, ich hoffe, wir konnten alle Unklarheiten beseitigen.

Ja, es tut mir auch leid, wenn ich mich bei unserem letzten Gespräch unklar ausgedrückt habe - man muss bei den Dingen, die man sagt, sehr genau aufpassen, denn oft sind es nur einzelne Wörter, die den Unterschied ausmachen.

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