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Formel 1: Testfahrten

Alles KERS – die Formel 1 im Lernfieber

Bei den jüngsten Jerez-Tests sind vier Teams mit dem KERS-System ausgerückt, darunter auch Honda. Alex Wurz ist zuversichtlich gestimmt…

Die einen sind vorsichtig geworden, andere proben klammheimlich, wiederum andere jubeln laut über die Fortschritte. Der Umgang der Formel-1-Teams mit dem neuen KERS beim Test in Jerez konnte unterschiedlicher kaum sein. Nachdem das BMW Sauber F1 Team bei ihrem ersten öffentlichen Test des Systems ein Debakel erlebte, weil ein Teammitglied einen heftigen Stromschlag bekam, ist die Königsklasse extrem zurückhaltend in Bezug auf die neue Technik.

Vier Teams rückten mit den neuen Energie-Rückgewinnungssystemen aus: Toyota, McLaren-Mercedes, Honda und Williams. Die Ergebnisse sind kaum abschätzbar, da aus Rundenzeiten nie zu ersehen war, in welcher Konfiguration nun gerade gefahren wurde. Fest steht nur, dass McLaren-Mercedes nach eigener Aussage nur sehr wenig mit dem neuen System fuhr. Ob es an technischen Problemen lag, dazu schwieg man sich aus. Ohnehin hielt man sich mit Details sehr bedeckt. Ein Zeichen?

Ähnlich verhielt es sich bei Toyota. Bei den sonst immer sehr offenen und auskunftsfreudigen Japanern war nur wenig über die Erfahrungen mit KERS zu hören. Man habe es probiert, gab Testteam-Chef Gerd Pfeiffer zu Protokoll, aber über konkrete Ergebnisse schwieg er sich aus. Angeblich wurde man am Donnerstag, als man das System checken wollte, von Hydraulikproblemen im Zeitplan zurückgeworfen.

"Interessant und ermutigend"

Deutlich anders ging man bei Honda mit dem Thema um. Nach Abschluss der Testwoche jubelte Testpilot Alexander Wurz: "Der Test von KERS war eine interessante und ermutigende Erfahrung. Wir lernen immer mehr und erfahren immer mehr über die Möglichkeiten des Systems. Das ist eine solch tolle Herausforderung. Wir freuen uns schon darauf, das bei zukünftigen Tests weiter vorantreiben zu können." Wurz hatte die Mannschaft auf Details aufmerksam gemacht, denen man in Zukunft mehr Bedeutung beimessen will.

"Wir sind extrem zufrieden mit der Leistung und mit den Fortschritten, die wir mit dem System gemacht haben", lautete die positive Bilanz von Teamchef Ross Brawn. Bei Williams hatte man sich voll auf die KERS-Tests eingestellt. Weil das System eine veränderte Anordnung im Heck des Fahrzeugs verlangt, trat man in Jerez mit neuer Hinterachse, 2009er Getriebe und Heckflügel nach nächstjährigen Regeln auf. "Wegen dem KERS sind wir diese Konfiguration gefahren. Da passt dann gar kein anderer Heckflügel drauf", erklärte Technikchef Sam Michael gegenüber Auto, Motor und Sport.

"Es gab keinerlei gravierende Probleme", so das Fazit des Williams-Cheftechnikers. Bei den Briten setzt man auf ein System mit Schwungscheibe, welches die Energie speichert und später zum Betrieb eines Elektromotors wieder freisetzt. Viele andere Teams speichern elektrische Energie in Batterien oder Hochleistungskondensatoren. Williams war in Jerez jedoch mit einer Art "KERS light" unterwegs.

Den kompletten elektrischen Antriebsbereich hatte man zuhause gelassen. Die ersten Testfahrten dienten nur dazu, das System aufzuladen. "Wir gehen Schritt für Schritt vor. Einen größeren Unfall könnten wir und als kleines Team nicht leisten. Das würde uns Monate zurückwerfen." Nach den bitteren Erfahrungen des BMW Sauber F1 Teams ist man vorsichtig geworden. Noch einen Zwischenfall mit der Hybrid-Technik soll es nicht geben.

„Wenn ich den Unterschied nicht spüren würde…“

"Ich bin vorher zum Friseur gegangen. Meine Haare konnten dann wenigstens kein Feuer fangen", scherzte Wurz im Gespräch mit Autosport. "Nein, Spaß beiseite: Die Systeme sind wirklich recht sicher", fügte der Österreicher umgehend an. "Wir haben sehr viele Sicherheitschecks und ich bin sicher, dass wir keinen Elektroschock bekommen werden. Ich bin das System vorab bei einem Shakedown gefahren und es war interessant, es nun auf der Strecke zu erleben. Es hat schon verschiedene Effekte auf ein Fahrzeug."

Bezüglich der abrufbaren Mehrleistung, die ein Überholen in der kommenden Saison vereinfachen soll, sagte Wurz: "Gott sei Dank, ich kann das richtig spüren. Wenn ich die 60 Kilowatt nicht spüren würde, dann sollte ich nicht Testfahrer sein. Es ist zwar nicht extrem, aber man merkt es und das ist gut. Letztlich funktioniert es, aber es ist ja auch keine Raumfahrt-Wissenschaft. Viele Autohersteller haben KERS schon in Straßenautos. Das Problem liegt hauptsächlich darin, es für die Formel 1 so kompakt wie möglich zu gestalten und es anzuordnen."

Vier Teams, vier KERS, vier Ansätze, unzählige Erfahrungen, ein Test. Auch Wurz weiß nicht, wo man zurzeit steht: "Das ist im Moment unmöglich zu sagen, weil man den Output der anderen nicht kennt. Und wie sie ihre Energie speichern, wissen wir auch nicht. Ich würde mir wünschen, dass wir vorne liegen, aber es gibt keine Garantie dafür."

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