WTCC: Macao | 07.11.2008
Yvan der Schreckliche gegen Spider-Man
Muller gegen Tarquini im Beton-Roulette von Macao, die Entscheidung in der WTCC steht bevor. Zeit für die Frage "Was wäre wenn...?"
Zwei Fahrer haben noch Chancen auf den WM-Titel 2008, beide kommen aus dem Werksteam von Seat. Damit wird erstmals in der Geschichte der Tourenwagen-WM kein BMW-Fahrer zum Weltmeister gekürt.
Yvan der Schreckliche gegen Spider-Man: die besseren Karten vor dem Finale hat eindeutig Yvan Muller. Der Franzose hat 14 Punkte Vorsprung auf den Italiener Gabriele Tarquini. Der wird sicherlich versuchen, die zwei makellosen Rennen abzuliefern, die er noch braucht, um die Situation zu seinen Gunsten umzudrehen.
Aber: ein Sieg in Lauf 1 bedeutet dann Startplatz 8 für's zweite Rennen. In den Betonschluchten von Macao sieben Fahrzeuge zu überholen wäre eine Playstation-taugliche Leistung. Allerdings gibt es hier keinen Reset-Knopf...
Dass die Rivalität der Seat-Fahrer nicht in einem Haufen gelbem Schrott endet, liegt vor allem in den Händen von Seat-Sportchef Jaime Puig. Inwieweit lässt er den Teamkollegen freie Hand für ihren Zweikampf?
Die Herren im Detail
Der eine kommt aus dem Elsass, der andere aud den Abbruzzen; beide sind Urgesteine im Tourenwagen-Sport, beide haben ihre Anfänge bei den Monoposti.
Alter schützt vor Tempo nicht: "Spider-Man" Gabriele Tarquini ist mit 46 Jahren der älteste Fahrer im WTCC-Feld.
Aus seiner F1-Zeit von 1987 bis 1992 bei "legendären" Teams wie Osella, Coloni und FIRST hält er bis heute den Negativ-Rekord für die meisten gescheiterten Qualifikationsversuche.
Ungleich besser ging es ihm als Tourenwagenpilot: 1994 war er britischer Champion, 2003 dann Europameister.
Yvan "der Schreckliche" Muller zählt 39 Lenze, seine Formel-Karriere endete Anfand der 1990er in der Formel 3000. Er war nach dem Szenenwechsel zu den Tourern 1995 französischer Meister und danach lange Jahre ein Fixstarter in der britischen Serie.
2003 holte er sich mit Vauxhall den BTCC-Titel. Genau wie Tarquini ist er von Beginn an in der "neuen" Tourenwagen-WM dabei. Besonders bekannt ist er auch für seine Erfolge bei den Eisrennen der Trophée Andros, die er gleich zehnmal für sich entschieden hat.
Kein Häferl für BMW?
Bleibt heuer sogar das gesamte "Stockerl" BMW-frei? Der bestplatzierte Bayern-Pilot ist noch-Weltmeister Andy Priaulx auf Gesamtrang 5, er hat 67 Punkte.Rob Huff liegt vor den letzten beiden Läufen für Chevrolet auf Platz 3 und hält bei 73 Zählern, dahinter Seat-Mann Rickard Rydell mit 72.
Priaulx muss also auch auf das Pech zweier anderer Fahrer hoffen, wenn er sich noch Gesamtrang 3 holen will. Aber in Macao ist fast alles möglich, das haben wir am Finale 2007 gesehen.
Damals lag – so wie jetzt – Yvan Muller voran und sah wie der einigermaßen sichere Sieger aus. Priaulx fing ihn mit dem Glück des Tüchtigen noch in letzter Sekunde ab - das WTCC-Finale 2007 zum Nachlesen finden Sie hier!
Was wäre wenn....?
...Yvan Muller gewinnt: er wäre der erste französische Weltmeister auf der Rundstrecke seit 15 Jahren. Alain Prost holte sich 1993 die Formel-1-WM.Frankreich hält bislang bei vier Weltmeistern: neben Prost holte auch Jean-Louis Schlesser (Sportwagen-WM 1989 und '90 mit Sauber-Mercedes) einen Titel auf Asphalt.
Die Rallye-Asse Didier Auriol (1994 mit dem Toyota Celica GT-Four) und natürlich Multi-Champion Sébastien Loeb (2004 bis 2008, alle auf Citroen) dürfen sich ebenfalls Weltmeister nennen.
...Gabriele Tarquini gewinnt: er brächte 17 Jahre nach Teo Fabi wieder einen WM-Titel nach Italien. Fabi war 1991 Sportwagen-Weltmeister mit Jaguar.
Sieben Italiener trugen bisher eine WM-Krone. Aus der Sportwagen-Szene kommt neben Fabi noch Mauro Baldi (1990 als Teamkollege von Schlesser).
Die Formel 1 sah Giuseppe "Nino" Farina im Jahr 1950 als ihren allerersten Champion, damals mit der sagenumwobenen Alfetta. Sein Landsmann Alberto Ascari tat es ihm in Ferrari-Rot in den Jahren 1952 und '53 gleich. Seit damals herrscht in der Formel 1 Titel-Sperre für Italiener... - eigentlich wär's wieder einmal Zeit!
Dasselbe könnte man in der Rallye-WM sagen; Sandro Munari gewann 1977 den FIA-Weltcup (damals gab es noch keine WM-Wertung für Fahrer) mit dem Lancia Stratos; Miki Biasion führte den Lancia Delta Integrale 1988 und '89 zu WM-Ehren.
Und nicht zuletzt war Roberto Ravaglia der erste Tourenwagen-Weltmeister der Geschichte, das war im Jahr 1987 auf BMW.