MotoGP: Interview | 16.04.2014
Spies: "Nicht gut genug für Titel"
Der Ex-Yamaha-Werkspilot geht mit sich selbst hart ins Gericht und erklärt, warum er sich in der MotoGP zeitweise so schwer getan hat.
Fotos: Yamaha Racing
Seit dem vorzeitigen Karriereende von Ben Spies ist es um den US-Amerikaner ruhig geworden. Beim Grand Prix of the Americas in Austin war der ehemalige Ducati-Pilot vor Ort, um seine nunmehrigen Ex-Kollegen zu besuchen. Der Grand-Prix-Sieger entschied sich auf Grund seiner langwierigen Schulterverletzung Ende der vergangenen Saison notgedrungen dazu, seine aktive Karriere zu beenden und den Vertrag mit Ducati aufzulösen.
Dabei galt Spies lange Zeit als Rohdiamant. Mit dem Gewinn der Superbike-WM 2009 und dem fulminanten MotoGP-Debüt bei Tech-3-Yamaha im Jahr darauf empfahl sich der mehrfache AMA-Champion für die Nachfolge von Valentino Rossi im Yamaha-Werksteam. In der Saison 2011 war Spies aber schon 27 Jahre alt. "Ich kam etwas zu spät nach Europa, um mehr zu erreichen. Doch ich kann zurückschauen, ohne dabei enttäuscht zu sein", merkt er im Gespräch mit crash.net an.
"Ich bin nach meiner Zeit in der AMA nach Europa gegangen, wollte das aber eigentlich gar nicht. Nachdem ich die AMA jedoch drei Mal gewonnen hatte, sagte jeder, dass ich nach Europa gehen müsse", blickt Spies zurück. "Ich habe in der MotoGP nie richtig mit dem Motorrad harmoniert und nie das Maximum aus mir herausholen können", gesteht der Sieger der Dutch TT 2011 in Assen. Gegen Jorge Lorenzo, Casey Stoner und Dani Pedrosa hatte Spies nur selten eine Chance.
"Doch ich weiß, dass ich die schnellsten Fahrer an einem guten Tag schlagen konnte. Das war in Assen der Fall. Einige Male habe ich um den Sieg gekämpft, doch mir ist bewusst, dass ich nicht gut genug war, um die Meisterschaft zu gewinnen", hält Spies selbstkritisch fest. "Wenn ich viele Jahre dabei gewesen wäre, hätte ich vielleicht so eine Chance wie Gibernau oder Nicky [Hayden; Anm.] erhalten. Doch ich bin nicht so ein Fahrer, der Jahr für Jahr wieder hofft, die Meisterschaft zu gewinnen."
"Ich habe eine Serie nie dominiert – mit Ausnahme der Saison 2009 in der Superbike-WM. Ich musste Jahr für Jahr kämpfen, um Rennen zu gewinnen. Ich war nie derjenige, der das Tempo vorgab. Ich verfüge nicht über so viel Talent wie Casey oder Marc. Ich musste hat dafür arbeiten", bemerkt Spies. "Ich hätte vielleicht einen Titel geholt, wenn ich zwei Jahre früher dabei gewesen wäre und alles gepasst hätte. Vom Tempo war ich aber nicht schnell genug, um zwei oder drei Mal Weltmeister zu werden."
Dass ihm der Motorsport fehlt, ist kein Geheimnis. "Mir fehlt der Rennsport sehr, doch ich weiß, dass ich nichts ausrichten kann, um zurückzukommen. Ich sollte lieber nicht so enttäuscht sein. Ich mag es, den Sport im Fernsehen zu verfolgen, und ich bin nach wie vor involviert. Nicht dabei sein zu können, und das nicht selbst in der Hand zu haben, macht es mir einfacher", so Ben Spies abschließend.