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Motorsport der besonderen Art

Was machen eigentlich Motorsportler im Winter? Sie gehen testen, fahren in der Wüste, in Asien oder auf der südlichen Hälfte unserer Erdkugel. Man kann aber auch in Frankreich auf speziellen Eis – Rennkursen sein fahrerisches Talent unter Beweis stellen.

Bernhard Schoke

Dies ist eine Option, die in den letzten drei Jahrzehnten sehr viele bekannte Motorsportler wahrgenommen haben. Egal ob Formel-1 Piloten wie beispielsweise Romain Grosjean oder Rallye-Weltmeister wie Sebastien Loeb – die Liste der Teilnehmer liest sich quasi wie das Who-is-who des Motorsports. Sie alle erlagen der Faszination der Wolken aus feinen Eiskristallen, die die Vierrad-getriebenen Boliden im Drift mit den bespikten Reifen ständig generieren. In Kombination mit der gegenläufigen Lenkung ergibt sich daraus ein Fahrverhalten wie in einem mehr als üppig motorisierten Kart. Die ersten Jahrzehnte waren geprägt von Verbrennern – V6-Motoren mit 3,5 Litern Hubraum. High-Tech, die daraus resultierende Kosten-Explosion und der weitgehende Rückzug der Importeure und Werke führten zur „Abrüstung“ mit Einheits-Chassis aus einem Gitterrohrrahmen, der die Basis für die jeweiligen Silhouetten wurde. Parallel setzte man sehr früh auch auf elektrische Varianten, denn die Rennen finden vielfach im Hochgebirge statt. Ski-Resorts in den französischen Alpen nutzen die Eisrennen um sich von ihren Mitbewerbern „auf der anderen“ Seite des Berges wirkungsvoll abzusetzen. Denn bei den Franzosen sind die Rennen so populär, das in der Spitze mehrere TV-Sender darüber berichteten. Die Reichweite ist entsprechend – natürlich in allen Medien. Aufgrund des komplexen Reglements mit gezeiteten Vor- und Zwischenläufen sowie jeweils geteilten Halb- und Final-Rennen sind die französischen Medien zwar im Vorteil, aber eben doch nicht allein.

Saison 32


Die am letzten Wochenende zu Ende gegangene 32. Jahrgang der Eisrennen war aufgrund der aktuellen gesundheitlichen Herausforderungen kürzer als alle vorherigen. Die Entscheidung über den neuen Titelträger, den Eiskönig, fiel ganz buchstäblich beim letzten Aufschlag.

Dabei waren die zurückliegenden Wochen für alle an der Serie Beteiligten - die Organisatoren um Max Mamers, den „Ecclestone des Eises“, die Teamchefs und die Fahrer gleichermaßen – die Herausforderung pur. Erstmals seit vielen Jahren fanden die Auftakt-Rennen nicht Anfang Dezember auf der Traditionsstrecke von Val Thorens (circa 70 Kilometer südöstlich der ehemaligen Olympiastadt Albertville) statt. Aufgrund der Restriktionen mit einer strikten Ausgangssperre gingen die ersten beiden Läufe erstmals in Andorra über die Bühne. Der Zwergstaat in den Pyrenäen – zwischen Frankreich und Spanien auf halber Strecke zwischen Atlantik und Mittelmeer gelegen – bot in der Woche vor Weihnachten in dieserr Saison die erste Plattform. Möglich war der Auftritt dadurch, dass die lokalen Verantwortlichen hier die Fix-Kosten der Veranstaltung übernahmen und die Veranstalter nicht auf die Einnahmen aus dem Ticket-Verkauf angewiesen waren, denn auch hier waren Covid-bedingt keine Zuschauer zugelassen.

Apropo Ticketverkauf


Diese Konstallation ermöglichte nach dem Jahreswechsel auch die folgenden Rennen in Isola 2000 – circa 2 Auto-Std. nordöstlich von Nizza, Serre Chevalier (bei Briancon) und Lans-en-Vercours (1 Std. südwestlich von Grenoble). Für das traditionell in Super Besse (70 Kilometer südwestlich von Clermont-Ferrand) im französischen Zentralmassiv stattfindende Finale sahen die Vorzeichen nach den dort aktuell geltenden Gesundheits-Regelungen weniger gut aus. Nachdem die angeordneten Verschärfungen bis über das Finale am letzte Januar-Wochenende hinausgingen, gab der lokale Promoter den stimmungsvollen Traditions-Termin gezwungenermaßen an die Serien-Organisation zurück. Diese Chance nutzten die Macher von Val Thorens. Dort ziehen alle örtlichen Institutionen an einem Strang. Konkret ist dort die Feuerwehr für das rund 30 Zentimeter dicken Eises zuständig. Die lokale Polizei kümmert sich um die Zugangskontrolle. Und der Tourismusverband sorgt in Zusammenarbeit mit der Gemeindeverwaltung kümmert sich um die Unterbringung von Fahrern, Teams und dem gesamten Tross sowie um all jene „guten Geister“, die man für die Abwicklung eines gelungenen Events braucht. So konnten sie sich den eigentlichen Final-Termin sichern, statt erst nach dem bekannten letzten Auftritt Mitte Februar den ursprünglichen ersten Lauf über die Bühne gehen zu lassen. Dazu zog das Team um Mamers noch ein Ass aus dem Ärmel: Erstmals wurden drei Wertungen an einem Rennwochenende ausgefahren. So konnte – elegant – auch das große Saison-Finale integriert werden. Denn: In Super Besse ging es bisher immer um alles oder nichts, sprich nur eine Tageswertung stand auf dem Programm.

Der Verlauf


In Andorra fanden die Läufe eins und zwei bei besten äußeren Bedingungen statt. Schnee satt und Temperaturen ganztägig deutlich unter dem Gefrierpunkt boten den Fahrern optimale Voraussetzungen. Diese nutzten die „üblichen Verdächtigen“, sprich die Piloten mit Erfahrung. Allen voran Aurélian Panis (Saintéloc Racing/Audi A1) und Yann Ehrlacher (MRacing/Dupessey AS01), die auch schon in der vorausgegangenen Saison ganz vorn dabei waren. Panis Junior triumphierte am ersten Wertungstag deutlich. 67 von 68 maximal möglichen Zählern waren ein Statement an die Mitbewerber. Daran konnte auch der zweite Wertungstag nichts ändern. Hintergrund: Lediglich ein Punkt trennten am Abend die ersten Drei – mit dem diesmal besseren Ende für Ehrlacher (61 Points vor Jean-Baptiste Dubourg (60/DA Racing-Renault Zoe) und Panis Jr. (59). Nicht so erfolgreich waren Nicolas Prost (DA Racing-Renault Zoe) und Franck Lagorce (M.Racing-Andros Sport), die trotz ihrer Erfahrung nicht aufs Treppchen fahren konnten.

Eng zusammen: Rennglück & Pech


Wie schnell sich das Blatt wenden kann, war zu Beginn des neuen Jahres auf dem engen Kurs von Isola – wieder unter Ausschluss der Fans – nachvollziehbar. Die Tageswertung Nummer eins gewann Dubourg deutlich. Prost folgte mit Respektabstand. Aufschlag zwei dann mit völlig anderen Ergebnissen. Die beiden Altmeister Lagorce und Oliver Panis (DRP-AS 01) zeigten das sie nichts verlernt haben. In den Vor- und Zwischenläufen erwischten sie jeweils optimale Bedingungen. Mit freier Fahrt auf perfektem Eis sicherten sie sich die beiden besten Startplätze. Im Finale hatte dann Panis, der beim Auftakt verhindert nicht am Start war, auch das Glück des Tüchtigen und konnte den Gesamtsieg vor Lagorce und Ehrlacher holen. Für Dubourg, Panis Jr. und Prost war es dagegen ein Tag zum vergessen. Sie rangierten nur „unter ferner liefen“.

Die Streichergebnisse


Ihre Tageswertungen -45/45&36 Zähler- sind quasi schon die „gesetzten Anwärter“ auf eines der beiden vom komplexen Reglement vorgesehenen Streichergebnisse. Diese haben den Effekt, dass es am Saisonende in der Regel richtig spannend wird, weil die Wettbewerber noch enger zusammenrücken.

Die Saisonhalbzeit – auf der flüssig zu fahrenden Strecke in Serre Chevalier (auch ohne Fans) – sah dagegen zwei der langjährigen Piloten ganz vorn. Zuerst Dubourg und dann Nathanaël Berthon (Sylvain Pussier Competition-Peugeot e208), der zuvor im Schatten der großen Namen des französischen Motorsports agierte. Mit seinem Gesamtsieg am Tag zwei katapultierte er sich in der Gesamtwertung zwischenzeitlich bis auf Rang vier – knapp vor Prost und Lagorce. Vor denen rangierten Dubourg. Panis Jr. Und Ehrlacher bevor der Tross direkt nach Lans-en-Vercours (bei Grenoble) weiterzog.

Auf dem von allen Piloten als „tricky“ bezeichneten Kurs konnte am ersten Wertungstag nur Dubourg überzeugen. Außerdem profitierte er davon, dass sich die Verfolger quasi gegenseitig die Punkte abnahmen. So konnte er es auch locker verschmerzen, dass Nathanael Berthon den zweiten Tag gewann.

Finale: Schnee-Festspiele


Der große Showdown am letzten Januar Wochenende wird als das Schnee-Event in die Historie eingehen. Am Donnerstag-Nachmittag wurden viele Fahrer und Teamchefs bereits auf dem Weg in das 2300 Meter hoch gelegene Val Thorens mit einer Vollsperre der einzigen Zufahrtsstraße eingebremst. Potentielle Lawinen mussten abgesprengt werden. Aber nicht nur das. Großes Gerät, sprich Bagger mit extra voluminösen Schaufeln waren am ganzen Wochenende zum Schnee-Schieben auf der Strecke wie im Fahrerlager notwendig, damit die Veranstaltung über die Bühne gehen konnte. Am ersten Tag war nominell rund ein halber Meter Neuschnee gefallen und am zweiten kamen nochmals weitere 30 Zentimeter hinzu. Der Sturm mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 90 km/h türmte diesen aber an vielen Stellen immer wieder Meter hoch auf.

Großgerät im Einsatz


Für die Piloten war deshalb nur eines entscheidend: Wieviel Schnee liegt wo auf der Strecke, weil zwischen den einzelnen Läufen aufgrund des engen Zeitplans keine Bagger eingesetzt werden konnten. Diese hatten aber bereits ab 4.00 Uhr dafür gesorgt, das überhaupt gefahren werden konnte. Dubourg, Panis, Pernaut und Ehrlacher hatten dabei Glück. Prost, Loeb und Lagorce wurden am ersten Wertungstag von kaum erkennbaren Schnee-Wehen im wahrsten Sinne des Wortes eingebremst.

Augenfällig war zudem Leistungsfähigkeit die Batterien – zwei Stints sind hier aufgrund des extra dafür ausgelegten Layout der Zellen in Kombination mit einer neuen Kühlflüssigkeit, die auch die Temperatur der Inverter-Einheit kontinuierlich bei moderaten 45 Grad im Zaum hält – überhaupt kein Problem.

Den zweiten Wertungstag gewann bei ebensolchen Bedingungen erneut Dubourg vor Riviere und Panis. Den letzten Aufschlag der Saison 2020/2021 konnte dann Nathanael Berthon im Peugeot e208 von Pussier Racing vor Dubourg (Renault Zoe) und Aurélian Panis im Audi A1 vom Team Sainteloc gewinnen. Aufgrund der Streichergebnisse eroberte der Vorjahres-Sieger Aurélien Panis noch Platz zwei hinter Dubourg.

Fazit


Er brachte das Wochenende zusammen mit seinem Saintéloc-Teamchef Sebastien Chetail auf den Punkt: „Eine schwierige Saison wurde final durch noch die hoch-alpinen Bedingungen quasi getoppt. Wir nehmen die Herausforderung an und planen für die kommenden Monate und die nächste Saison bereits jetzt einen großen Auftritt, wie die Auswahl von Bildern eindrucksvoll belegen.

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