Formel 1: News | 06.08.2003
"Wir wollen um die WM kämpfen"
Der Präsident von Toyota Motorsport über seine Aufgaben in der Formel 1, die Kommunikation im Team, seine persönlichen Ziele und mehr.
Toyota Motorsport Präsident John Howett arbeitet schon insgesamt 25 Jahre für den weltweit drittgrößten Automobilkonzern. Der 50-jährige Engländer schloss das College of Technology in Loughborough 1973 mit Auszeichnung ab, arbeitete drei Jahre für das Toyota Team Europe und koordinierte das Rallye-Team Ende der 70er Jahre gemeinsam mit Ove Andersson, dem aktuellen Teamchef des Toyota Formel 1 Rennstalls.
1980 kehrte Howett zu Toyota GB Ltd. zurück und kümmerte sich bis 1991 um den Verkaufs-Bereich. Anschließend wechselte Howett nach Belgien zu Toyota Motor Marketing Europe (TMME), wo er führende Positionen im Marketing-Sektor einnahm, darunter Produktmanagement.
Ab Januar 2001 beschäftigte sich Howett mit dem Marketing und Verkauf von Toyota/Lexus und nur ein Jahr später hatte sich Howett zum Vizepräsidenten von TMME hochgearbeitet. Seit diesem Jahr übt Howett den Job des Präsidenten von Toyota Motorsport aus.
Was ist genau ihr Job bei Toyota Motorsport?
Grundsätzlich bin ich für alle Vorgänge verantwortlich.
Seit wann sind Sie bei Toyota?
In diesem Job seit Januar, aber ich bin bei Toyota seit 1975. Es ist schon eine lange Zeit.
Wie ist ihre Arbeit nun? Haben Sie sie genau so erwartet?
Es ist Management. Es ist eine großartige Arbeit, wenn man Autos liebt und die Formel 1-Motoren hört, dann ist da schon viel Begeisterung dabei. Aber ich habe ein Business, welches laufen muss. Es gibt dabei wahrscheinlich keinen Unterschied zu den anderen Teams. Man muss die Ressourcen bestens nutzen, den Output vom Team und den Mitarbeitern maximieren, die Weiterentwicklung vorantreiben und den Leuten helfen, eine bessere Performance zu bringen.
Wenn man also Ihre Arbeit mit der von Ove Andersson vergleicht, dann ist er an den Rennstrecke, während Sie das Geschehen vom Büro aus verfolgen…
Ja, Ove ist Teamchef. Er arbeitet zu 100 Prozent mit dem Rennteam, den Fahrern und zu seinem weiteren Aufgabenbereit gehören das Reglement, die sportlichen Regeln, Gespräche mit den anderen Teams, der FIA und so weiter. Meine Rolle ist eher in Köln, aber ich schaue mir auch manchmal Rennen an. Das ist die Toyota-Philosophie, nämlich ‚hinzugehen und zu schauen’ – die Wirklichkeit halt.
Welche Rennen haben Sie sich dieses Jahr angeschaut?
Ich war in Australien und Brasilien und am Freitag auf dem Nürburgring.
Was machen Sie denn, wenn Sie live vor Ort sind?
Ich schaue mir das Ganze an. Man lernt einiges, wenn man nur zuschaut. Man sieht, wie die Leute arbeiten, wie sie sich verhalten, wie wir Probleme lösen, wie wir es besser machen könnten, welche Probleme das Rennteam hat. So sieht man, wo sich die ganzen ‚Bausteine’ befinden.
Im vergangenen Jahr kümmerte sich Ove um alles. Nun ist er Teamchef und Sie sind Präsident. Glauben Sie, dass das eine Verbesserung war?
Es sollte besser sein. Ein Team ist immer besser als ein Individuum. Wir haben ein Management-Team mit vier oder fünf Leuten. Aber wir müssen uns für die Zukunft verbessern. Wir sind nicht so gut, wie wir sein wollten, aber wenn wir objektiv sind, haben wir einen guten Wagen und wir verstehen die gesamten Prozesse immer besser.
Wenn Sie sich die Mitarbeiter in der Fabrik in Köln anschauen – glauben Sie, dass es immer mehr eine Einheit wird?
Ja, mit Sicherheit. Natürlich sind wir nicht perfekt, da es immer Räume für Verbesserungen gibt, sowie zahlreiche Herausforderungen. Alles in allem haben wir uns verbessert, aber es gibt noch Verbesserungsspielraum.
Wie sehen Sie die Kommunikation zwischen dem Rennteam und der Basis in Köln?
Die Kommunikation ist gut, könnte aber um einiges besser sein. Es ist in jeder Organisation eine Herausforderung und die vertikale Kommunikation muss stimmen.
Welche sind Ihre persönlichen Ziele und die, die Sie mit Toyota erreichen möchten?
Persönlich wünsche ich mir, dass Toyota eines der besten Formel 1 Teams wird. Wir möchten in einer Position sein und um die Weltmeisterschaft kämpfen. Es geht sich aber nicht nur um das Gewinnen auf der Strecke, sondern auch, wie wir aufgenommen werden, was wir dem Sport geben, was für ein Bild man von Toyota hat. Entsprechend möchten wir die Formel 1 auf unsere Art und Weise unterstützen.
Einige Motorenhersteller denken darüber nach, kleinere Teams mit günstigen Motoren auszustatten. Denkt Toyota ebenfalls über einen solchen Schritt nach?
Wenn das Motorreglement stabil bleibt, d.h. ein Motor pro Rennwochenende, dann werden die Teams quasi gezwungen, Motoren zu einem günstigen Preis von rund 10 Millionen Dollar pro Team anzubieten. Wir glauben, dass man nicht mit einem Motor pro Rennwochenende fahren sollte, da so der wahre Wert der Formel 1 verloren geht. Dennoch studieren wir, ob und wie wir das machen könnten. Wir können es nicht nächstes Jahr machen, aber 2005 ist sehr wahrscheinlich.
Denken Sie, dass 10 Millionen ein realistischer Preis sind?
Es kommt darauf an, inwiefern man das Team unterstützen wird, d.h. wie viele Testmotoren sie benötigen, welche Qualität, Serviceleistung, Renningenieure, usw. Man kann den Teams für 10 Millionen einen Motor hinstellen, aber wenn sie wirklich eine hohe Qualität wünschen, sind 15 Millionen eher realistisch.
In der ersten Saisonhälfte hatte Toyota einige technische Probleme. Ich denke, dass man die nun in den Griff bekommen hat oder?
Wir hatten einige Probleme. Grundsätzlich haben wir die Probleme ab dem Brasilien GP lösen können. Wir haben einiges lernen können, vor allem, wie man auf Probleme reagiert.
Im Qualifying lief es für Toyota immer ganz gut, aber anfangs gab es Probleme im Rennen. Woran hatte es gelegen?
Das ist ein sehr interessanter Punkt. Wir strengen uns auf diesem Gebiet sehr an und wissen, woran wir zu arbeiten haben. Schritt für Schritt läuft es auch besser. Es braucht alles seine Zeit.
Andere Frage: Werden die Straßenautos von Toyota mit Michelin Reifen ausgestattet?
Nicht unbedingt. In den USA werden viele unserer Autos mit Michelin Reifen ausgestattet, aber man muss sich den Markt genau anschauen. In Frankreich werden wahrscheinlich Michelin Reifen montiert, während es in anderen Ländern ein Mix ist. Dennoch sind wir ein großer Partner von Michelin.
Kann es auch sein, dass Straßenwagen mit Bridgestone Reifen die Produktionsstätte verlassen?
Ja, denn 6,5 Millionen Autos werden jährlich produziert und da kommt es auch zu einem Mix. Der Vertrag mit Michelin verlangt nicht, dass wir unsere Straßenwagen mit Michelin Reifen rausschicken müssen, aber dennoch profitieren beide Seiten davon, insbesondere in Sachen Technologie.
Letzte Frage: Wann traf Toyota die Entscheidung, unter dem Namen Toyota in die Formel 1 zu kommen und nicht Lexus, etwa wie Ford es mit Jaguar gemacht hat?
Das war eine korporative Entscheidung. Wir nutzen das Toyota Logo und Toyota vereinigt alle zum Toyota Konzern gehörenden Marken, darunter auch Lexus. Aus der Sicht von Toyota ist es eine korporative Aktivität.
Es mag schwer zu verstehen sein, aber so lautet die Strategie von Toyota: Toyota ist eine Gesellschaft und das ist ein korporatives Event. Es zeigt auch, was Toyota in Wirklichkeit ist, nämlich eine Gesellschaft. Es geht sich nicht darum, raus zu gehen und zu gewinnen. Es ist Business und soll den Geist von Toyota widerspiegeln. Das ist kein einfacher Weg, aber es ist der, den Toyota geht…