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Mosley sucht den Dialog

Fünf Seiten lang war Max Mosleys Brief an die Formel-1-Teams, in dem er diese auffordert, sich selbst Gedanken zu den Regeländerungen zu machen.

Seit vergangenem Frühjahr macht man sich in der Formel 1 ernsthaft Gedanken, wie man die Zukunft des Sports langfristig absichern könnte. Erste Früchte trug diese Debatte mit diversen Änderungen des Reglements schon für 2003, doch das Ende der Fahnenstange soll damit noch lange nicht erreicht sein.

Im Gegenteil: FIA-Präsident Max Mosley richtete vergangenen Freitag einen fünfseitigen Brief an alle Teams, in denen er zu einer Fortführung der Überlegungen auffordert. Der Brite drängt darin auf rasche Beschlüsse, was die vorgeschlagenen Ideen zur Kostenreduktion angeht, und verweist auch mehrmals auf die Gefahr, die die "Invasion" der Automobilhersteller mit sich bringt. Man müsse sich für den Fall, dass die Werke auf einmal keine Lust mehr haben, absichern, heißt es.

Mosley begann sein Schreiben mit einem Verweis auf die Beschlüsse vom 15. Januar, die in den letzten Wochen in den Medien ausführlich – auch von uns – thematisiert wurden. Es handle sich dabei um "wichtige Schritte", man müsse jedoch "langfristige Lösungen für die gegenwärtigen Probleme" finden. Mosley: "Sinn dieses Schreibens ist daher, die vorgeschlagenen Änderungen noch einmal zu erklären und Sie dazu aufzufordern, Ihre Gedanken dazu preiszugeben."

Angst vor den Launen der Automobilhersteller

"Derzeit sind sieben große Automobilhersteller in der Formel 1 involviert", so Mosley. "Sie alle wenden enorme technische und finanzielle Ressourcen auf. Das hat Vorteile, bringt aber auch zwei gravierende Nachteile mit sich: Erstens schlittert wahrscheinlich jedes Team ohne Hersteller in einen Engpass an Technologie und Geld, speziell in Zeiten der wirtschaftlichen Rezession. Zweitens gibt es keine Garantie, dass nicht einer oder mehrere Hersteller ihr Engagement beenden."

Es folgte der Verweis darauf, dass Ferrari seit Gründung der Weltmeisterschaft immer in der Formel 1 war und dass Toyota gerade erst frisch eingestiegen ist, bei allen anderen Konzernen – BMW, Ford, Honda, Mercedes und Renault – sei man aber ein ständiges Kommen und Gehen gewöhnt. Daher muss es Ziel der FIA sein, die Formel 1 auch für Zeiten, in denen nur ein oder zwei große Autofirmen mit am Start sind, überlebensfähig zu machen.

Mosley stellt sich auf die Seite der Privatiers wie etwa Frank Williams oder Eddie Jordan: "Die FIA Formel-1-Weltmeisterschaft ist das Kerngeschäft eines unabhängigen Teams. Im Gegensatz zu einem Hersteller kann sich ein Team nicht aus dem Rennsport zurückziehen, weil das bedeuten würde, es macht ganz zu." Man strebe daher eine Vielzahl an unabhängigen Teams an: "Wir können uns auf die unabhängigen Teams verlassen. Wir können uns nicht auf die Hersteller verlassen." Diese seien primär ihren Investoren verpflichtet, nicht aber dem Motorsport.

FIA drängt auf rasche Umsetzung aller Vorschläge

Darüber hinaus hat Mosley ohne vorherige Absprache mit den Teamchefs quasi im Alleingang am 15. Januar eine Reihe von möglichen Reglementsänderungen für die kommenden Jahre präsentiert. Hauptpunkt dieser Vorschläge ist die Einführung langlebiger Komponenten, mit denen die Kosten gesenkt werden können, aber auch die Nutzung von Einheitsflügeln und –bremsen sowie der Verkauf diverser Teile zwischen den Teams.

Technisch könne man alle Vorschläge bis spätestens Anfang 2006 umsetzen, ist Mosley überzeugt, aber es sei besser, noch früher zu handeln. Aus diesem Grund will er schon in ein paar Wochen das nächste Meeting mit den Teamchefs einberufen, um sinnvoll und effizient zu diskutieren und eventuell schon zum Jahresende alle Änderungen von den zuständigen Gremien absegnen zu lassen.

Dass es speziell in der Kostendiskussion schwer sein wird, einen Konsens aller Teams zu finden, ist ihm klar, er wies aber auch auf die Vorteile für die Großen hin, die dann ihre erwiesenermaßen erstklassigen Komponenten wirtschaftlich sinnvoll an die kleinen Rennställe verkaufen könnten. Die wären dann wiederum konkurrenzfähiger, was dem Spektakel insgesamt zuträglich sein dürfte.

Kostenreduktion dank langlebigerer Einzelteile

Auf die Idee mit dem Verkauf von technischen Elementen – in den USA übrigens längst üblich – ging Mosley näher ein: "Wenn ein angemessener Preis für einen Motor für ein unabhängiges Team 2003 bei 20 Millionen Dollar liegen wird, dann sollten es 2004 nur noch zehn Millionen Dollar sein, weil nur noch ein Motor pro Auto und Wochenende verwendet werden darf." Bisher setzt jedes Team pro Auto und Wochenende zwei bis drei V10-Aggregate ein. Kundenteams wie Sauber, Jordan oder Minardi müssen ihren Zulieferern entsprechend hohe Summen überweisen.

Laut FIA-Ansicht ließe sich ein durchschnittlicher Motorenleasingvertrag bis 2006 mit dem Hintergedanken der langlebigen Triebwerke auf unter zwei Millionen Dollar senken. Außerdem hätten Firmen wie Ferrari (beliefert Sauber) oder Cosworth (Jaguar, Jordan und Minardi) mehr Ressourcen frei, weil logischerweise weit weniger Motoren produziert werden müssten.

"Es würde", so Mosley in Bezug auf seine Vorschläge, "einen großen Hersteller 2006 weniger kosten, das ganze Feld auszurüsten, als er 2003 für ein einziges Team investieren muss. Die Entwicklungskosten bleiben natürlich gleich, ob es nun ein Team ist oder mehrere, und ein Hersteller muss diese Entwicklungskosten immer in Betracht ziehen. Aber das Rennfahren an sich wird viel billiger, weil die Motoren länger halten werden." Dieses Prinzip sei auch auf andere Bereiche anwendbar.

Langfristiges Ziel: WM mit zehn bis zwölf unabhängigen Teams

Ein weiterer Vorschlag betrifft die Einführung einer allgemeinen Materialliste. Schon vor ein paar Jahren ließ die FIA das sündhaft teure Material Berryllium, welches im Motorenbau verwendet wurde, verbieten, nun will man sich aber gänzlich auf relativ billige Stoffe beschränken. Den Einwand, dies begrenze die technische Herausforderung, lässt Mosley nicht gelten: Jetzt sei es eben so, "dass die Teams, die es sich leisten können, bei Luftfahrt-Laboratorien exotische Materialien ankaufen."

Die Umsetzung all dieser Maßnahmen würde dann zu einer langfristigen Stabilität des Sports führen, weil sich auch die kleinen Teams wieder leisten könnten, Formel 1 auf einem hohen Niveau zu betreiben. Der Traum des FIA-Präsidenten ist gar, in ein paar Jahren zehn bis zwölf unabhängige Teams zu haben, die ein umkämpftes Starterfeld unter sich ausmachen und auf die Launen kommerziell orientierter Automobilwerke nicht angewiesen sind.

Mit dem letzten Absatz forderte Mosley noch einmal zum Dialog auf: "Ich hoffe, dass dieses Schreiben eine konstruktive Debatte über die mittel- und langfristige Zukunft der Formel-1-Weltmeisterschaft initiieren wird. Es wäre dazu sicher hilfreich, in naher Zukunft ein Treffen zu arrangieren, bei dem alle Ideen gesammelt und besprochen werden können. Ich freue mich auf Ihre Kommentare."

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