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Regelöffnung als Belohnung für das Budgetlimit – nur für neue Teams interessant?

Das freiwillige Budgetlimit ist durch! Dafür gibt’s technische Freiheiten, sogar Allrad! Kommen jetzt neue Teams? Wie reagiert die FOTA?

Michael Noir Trawniczek
Fotos: www.lolaheritage.co.uk, Photo4

Offiziell verlautbart werden die Beschlüsse des Motorsport-Weltrats in Bezug auf die Regeln ab 2010 respektive die freiwillige Budgetlimitierung erst am Donnerstag. Doch FIA-Präsident Max Mosley hat gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters bereits angedeutet, dass die geplante Einführung des optionalen Budgetlimits vom Weltrat abgesegnet wurde. Mosley sagte: „Alles geht weiter wie geplant. Es ist ein bisschen mehr geworden als 30 Millionen Pfund, aber wir waren erfolgreich.“

Jene Rennställe, die sich der freiwilligen Budgetlimitierung unterwerfen, sollen technische Freiheiten erhalten: Keine Testbeschränkung, keine Motoren- und Getriebelimitierung, mehr Windkanalstunden, kein Drehzahllimit, doppelte KERS-Energie – sogar größere Stellwinkel bei den Flügeln und, wie Motorsport Total erfahren hat, die Möglichkeit eines Allradantriebs soll den Budget limitierten Teams zugestanden werden.

Die Zweiklassengesellschaft in der Praxis?

Klingt sehr gut – die Frage ist nur, wie zwei derart unterschiedliche Regelwerke in ein und der gleichen Rennserie unter einen Hut zu bringen sind? Offen ist, wie das in der Praxis angewandt werden soll? Wie kann ein Gleichgewicht zwischen den beiden Gruppen hergestellt werden? Wie sollen die budget-unbeschränkten Teams die technischen Freiheiten der budget-beschränkten Teams wettmachen können, wenn sie vom Reglement her stark benachteiligt sind? Schon jetzt sieht man, welchen Unterschied ein Bauteil wie der Doppeldiffusor ausmacht…

Kommen die neuen Teams?

Mosley erklärte, die Einführung der Budgetgrenze sei „nötig, wenn wir nicht viele Teams verlieren möchten – in der jetzigen wirtschaftlichen Situation können die Leute nicht genug Geld aufstellen, um das ohne Budgetlimit zu überleben“. Mosley erhofft sich neue Teams in der Formel 1 – Lola und Prodrive arbeiten bereits an Machbarkeitsstudien, das amerikanische USGPE-Team möchte 2010 antreten, i Sport International hat Interesse bekundet, auch DAMS und Art Grand Prix. All diese möglichen Bewerber [Portraits der Formel 1-interessierten Teams und Projekte finden Sie in der Navigation rechts unter dem Titel „Comeback der Privaten?“, d. Red.] haben auf die Beschlüsse des Weltrats, auf die Einführung des Budgetlimits gewartet und begrüßen diese.

FIA & FOTA: Kompromiss oder „Krieg“?

Im Gegensatz zu einigen Hersteller- oder von Herstellern unterstützen Teams, die sich mit der Budgetgrenze nicht anfreunden wollen. Die ursprünglich angepeilten 30 Millionen sahen viele als unrealistisch an - bleibt die Frage, wie hoch das Limit tatsächlich sein wird – am Donnerstag wird man es wissen.

Mosley glaubt, dass sich die FOTA mit dem nunmehr beschlossenen Limit anfreunden wird - sodass am Ende vielleicht doch wieder alle Teams unter den gleichen Voraussetzungen mit dem limitierten Budget und den damit verbundenen technischen Freiheiten arbeiten würden. Mosley ist diesbezüglich guter Hoffnung: „Ich kann mir vorstellen, dass sie es attraktiv finden werden – denn wie alle anderen müssen sie Geld sparen und an das Geld ihrer Teilhaber denken. Sie können das Geld nicht mehr wie in den alten Tagen ausgeben. Ich kann mir vorstellen, dass sich nach dem Studium der Zahlen alle dem Budgetlimit unterwerfen wollen – das erhoffe ich mir.“

Gerüchten zufolge könnten sich FIA und FOTA auf einen „goldenen Mittelweg“ einigen, ein Schritt für Schritt reduziertes Maximalbudget, beginnend beispielsweise mit 80 Millionen im ersten Jahr.

Doch nicht alle Teams zeigen sich kompromissbereit – Ferrari lehnt ein Budgetlimit prinzipiell ab und hat bereits einen Warnschuss vor den Bug der FIA abgefeuert – Präsident Luca di Montezemolo erklärte: „Ferrari hat viel Leidenschaft für die Formel 1. Aber das muss keine unendliche Geschichte sein!“ So wie es also zu einer Kompromisslösung kommen könnte, ist auch ein offener „Krieg“ zwischen FOTA und FIA möglich.

Innovation, aber auch Stabilität sind gefragt

Eines aber ist sicher: Es bleibt wieder einmal kein Stein auf dem anderen. Natürlich muss die Kostenexplosion eingedämmt werden, gerade in Zeiten wie diesen. Doch die ständigen Änderungen verschlingen Millionen. Daher wird es höchste Zeit, die Formel 1 respektive deren Regeln zu stabilisieren – es ist nun eine Lösung gefragt, die neben der Kostensenkung eine solche Stabilität garantiert.

Der Grundgedanke hinter der Mosley-Idee, nämlich mit weniger Budget und einem dafür weniger restriktiven Reglement wieder mehr Raum für Innovation zu schaffen, ist kein schlechter – jedenfalls deutlich besser als eine de facto-Einheitsserie. Wobei hier noch weitaus mehr Freiräume möglich wären - da die Kosten quasi von oben gedeckelt werden, könnte man darunter generös das Regelwerk öffnen, auch in punkto Antrieb, Bauweise etc. Nach dem Motto: Innovativ ist, wer mit dem vorgegebenen Budget die besten Ideen aus dem Hut zaubert - ganz im Sinne einer Konstrukteurs-Weltmeisterschaft. Es geht nur noch darum, ob und wie dieser Gedanke umzusetzen ist. Die Formel 1-Gehirne dürfen wieder einmal glühen…

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World Council 29.4.2009

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