Formel 1: Analyse | 23.06.2014
Formel 1 kämpft um soziale Netzwerke
Die Teams überlegen, wie sie mehr Menschen für die "Königklasse" begeistern können und nehmen dafür twitter & Co. ins Visier.
In Zeiten, in denen das Auto als Statussymbol an Wert verliert, fällt es der Formel 1 zunehmend schwer, bei jüngeren Menschen zu punkten. Die sozialen Medien scheinen ein geeigneter Kanal zu sein, sie zu erreichen – allerdings hat die "Königsklasse" es bislang noch nicht geschafft, sich in diesem Segment ähnlich gut aufzustellen wie andere Größen der Sportwelt. Nachdem nun eine neue App auf den Markt gekommen ist, brennt dem Automobilweltverband FIA das Thema ebenfalls unter den Nägeln.
Präsident Jean Todt betont im Gespräch mit den Salzburger Nachrichten: "So wie in Serienautos Konnektivität in den Vordergrund rückt, müssen auch wir diesen Weg gehen. Mir gefällt dabei der Ansatz von Red Bull, Neues zu wagen." Der Franzose nennt den Stratospärensprung Felix Baumgartners beeindruckend. Der Brausehersteller ist auch mit konventionellen Mitteln bemüht, für die Formel 1 zu werben. Das Showcar des Teams fährt im Jahr 2014 an 25 Orten rund um den Globus, um die Faszination Formel 1 keimen zu lassen.
Facebook bloß als Beliebtheitswettbewerb?
Ferrari wählt – wenn auch in deutlich geringerem Umfang – einen ähnlichen Ansatz, jedoch kann sich das nicht jeder leisten. "Mit unserer Größe haben wir kein Demoteam, dass herumreisen kann", erklärt Sauber-Teamchefin Monisha Kaltenborn und appelliert an die übrigen Mannschaften im Paddock: "Die kleinen Teams könnten sich zusammenschließen. Wir könnten mit den Leuten einfach mehr in Kontakt treten." Schnell und vergleichsweise kostengünstig funktioniert das über die sozialen Medien.
Auch in dieser Disziplin hatte Red Bull eine Vorreiterrolle inne: "Wir haben weltweit mehr als acht Millionen Fans, die uns auf den Social-Media-Kanälen und unseren digitalen Plattformen folgen", weiß Christian Horner. Sein Teamchef-Pendant bei Ferrari, Marco Mattiaci, kann diese Zahl sogar noch toppen und betont die Wichtigkeit: "Wir können bestimmt noch mehr tun. Wir haben Tradition, Tausende Fanklubs weltweit und verbessern unsere digitale Präsenz extrem – bei Facebook haben wir zwölf Millionen Leute."
Der Italiener allerdings glaubt, dass sich Fortschritte nur dann realisieren lassen, wenn sich alle Beteiligten zusammenschließen. Gleichzeitig will er mit Bedacht agieren, um konventionelle Kanäle nicht zu verschließen: "Es ist keine höhere Mathematik, aber man muss maßvoll vorgehen. Der Bereich ist umkämpft und die Champions League, die NBA oder die NFL leisten bemerkenswerte Arbeit." Mattiacci ist überzeugt, dass sich Promoter Bernie Ecclestone dieser Herausforderung bewusst ist: "Ich habe nicht den Eindruck, dass er dagegen arbeitet."
Doch lässt sich mit dem Web Geld verdienen?
Bei Mercedes kommen pro Tag mehr als 50.000 neue "Likes" auf der Facebook-Seite des Formel-1-Teams zustande. Toto Wolff ist sich nicht sicher, wie viel Potenzial dieser Trend bietet: "Ob man das so auch zu Geld machen kann, bezweifele ich noch", fragt sich der Mercedes-Motorsportchef. "Wir haben exklusive Inhalte, und der Inhaber der kommerziellen Rechte braucht eine langfristige Strategie, wie man damit verdienen kann. Wenn man eine Milliarde mit konventionellem Fernsehen machen kann, dann hat man kurzfristig seine Probleme, alles in die sozialen Medien oder in die digitale Welt zu investieren, wo es noch nichts zu verdienen gibt."
Im realen Leben zeichnet sich ein weiterer Trend ab: Die Teams sind bemüht, die Formel 1 in die Heimatländer ihrer Partner zu bringen. Red Bull realisiert am Wochenende die Rückkehr der "Königsklasse" nach Spielberg, Sauber macht sich mit Esteban Gutierrez als Leitfigur für einen Grand Prix von Mexiko stark, Toro Rosso nutzt Daniil Kwjat, um in Russland die Werbetrommel zu rühren. Auch McLaren ist wirtschaftlich im größten Land der Erde aktiv, wo im Oktober die Premiere in Sotschi steigt.