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"Die perfekten Teamkollegen"

Diplomatie und Kaiserschmarrn - wer fährt den Mietwagen, und was hat Stig Blomqvist damit zu tun? Geheimnisse eines erfolgreichen Teams!

Die Porsche-Werksfahrer Marc Lieb und Richard Lietz führen die Meisterschaft vor dem Finale der Le Mans Series in Silverstone an. In ihrem rund 450 PS starken Porsche 911 GT3 RSR haben sie bislang drei von vier Saisonrennen.

Im Interview erzählen die Teamkollegen über den bisherigen Saisonverlauf, ihre Ziele sowie persönliche Stärken und Schwächen.

Vor dem Saisonfinale in Silverstone führen Sie die Meisterschaft mit acht Punkten Vorsprung an. Wie sehr glauben Sie an den Titelgewinn?

Marc Lieb: Wir fahren natürlich mit großem Optimismus nach Silverstone. Wir können aus eigener Kraft die Meisterschaft einfahren und müssen dazu noch nicht einmal auf das Treppchen kommen. Das beruhigt ungemein. Aber dennoch müssen wir aufpassen, dass wir die Spannung nicht verlieren. Wir werden kein Risiko eingehen und versuchen fehlerlos zu bleiben.
Richard Lietz: Aber wenn wir eine Chance auf den Sieg haben, dann werden wir natürlich versuchen, sie zu nutzen. Wir wissen um die Zuverlässigkeit des Porsche 911 GT3 RSR, die hervorragenden Michelin-Reifen und haben eine professionelle Boxencrew im Rücken.

War 2009 bislang eine Saison wie man sie sich wünscht?

Lietz: Drei von vier Rennen zu gewinnen ist natürlich toll. Pech war, dass uns der eigene Teamkollege in Portugal ins Auto gekracht ist. Dafür hatten wir am Nürburgring Glück, dass der führende Ferrari technische Probleme bekommen hat. Aber so was nennt man wohl ausgleichende Gerechtigkeit.
Lieb: Unsere klare Tabellenführung geht absolut in Ordnung, denn das ganze Team hat sich gegenüber dem Vorjahr noch einmal gesteigert. Richie und ich harmonieren als Fahrer perfekt und der neue Porsche 911 GT3 RSR ist auch noch einmal ein gutes Stück besser geworden als sein Vorgänger.

Was macht Marc Lieb zu einem guten Teamkollegen?

Lieb: Pass auf, was du jetzt sagst! (lacht)
Lietz: Er hat die gleiche Sitzeinstellung wie ich. Nein - im Ernst: Wir treffen die gleichen Aussagen über das Setup, wir verstehen uns neben der Strecke sehr gut und haben einen Riesenspaß. Dieses Jahr fahre ich für ein deutsches Team. Da gibt es keine Sprachbarriere mehr wie im letzten Jahr beim französischen Porsche-Team IMSA.

Und was macht Richard Lietz zu einem guten Teamkollegen?

Lieb: Sein Schmäh (lacht). Er ist immer entspannt und gut gelaunt, auch wenn es mal nicht so läuft im freien Training. Diese gute Laune ist ansteckend und hilft mir oft weiter. Ich kann mich hundertprozentig auf ihn verlassen. Er ist für mich der perfekte Teamkollege.

Was unterscheidet eigentlich einen österreichischen von einem schwäbischen Rennfahrer?
Lietz: Relativ wenig. Ich finde Marc ist erstaunlich österreichisch für seine deutsche Herkunft. Wir haben einen ähnlichen Humor. Marc agiert als studierter Ingenieur noch ein wenig strukturierter als ich. Aber ich lerne ständig dazu.

Um welche Eigenschaft beneiden Sie Ihren Teamkollegen?

Lieb: Um sein Verhandlungsgeschick. Richard ist der geborene Diplomat. Da kann ich mir noch einiges abgucken.

Was ist die Leibspeise Ihres Teamkollegen?

Lieb: Auf jeden Fall etwas Süßes: Kaiserschmarrn würde ich sagen.
Lietz: Als Schwabe isst Marc natürlich gern Schwäbisches. Spätzle, Maultaschen, Rinder-Roulade – eigentlich das was bei Felbermayr-Proton an den Rennwochenenden gekocht wird.
Lieb: Ich fühle mich im Fahrerlager also fast wie zu Hause…

Wer sitzt am Steuer wenn Sie sich einen Mietwagen teilen?

Lietz: Meistens muss ich fahren. Und das obwohl ich einen schlechten Orientierungssinn habe.
Lieb: Richard fährt für einen Rennfahrer sehr ruhig und vorausschauend. Aber wir kommen trotzdem immer pünktlich an.

Welche Musik hören Sie dann?

Lietz: Wenn überhaupt, dann hören wir Radio.
Lieb: Wir unterhalten uns eh die ganze Zeit über irgendwelche Autos. Richie ist der größte Autonarr, den ich kenne. Es gibt glaube ich niemanden, der sich mit allen Auto- und Motorradmarken so gut auskennt wie er. Und er ist absolut verrückt nach Rallyes und Rallyeautos. Allein der Aufkleber auf seinem Helm sagt alles: „Caution - I try to drive like Stig Blomquist, the King of Rallye.“ – Übersetzt: “Vorsicht – ich versuche zu fahren wie Stig Blomquist, der König des Rallyesports.”
Lietz: Der Aufkleber klebt auch auf allen meinen Autos.

Wann sind Sie zum ersten Mal auf Ihren Teamkollegen aufmerksam geworden?

Lietz: Ich habe ein kleines Carrera Cup-Modellauto von meinem Vater geschenkt bekommen. Und da stand der Name "Lieb" auf der Scheibe. Von da an habe ich seinen Weg verfolgt.
Lieb: Das war damals bei der Porsche-Juniorsichtung. Da haben wir meinen zukünftigen Teamkollegen gesucht. Die Entscheidung war sehr eng zwischen Mike Rockenfeller und Richie – letztendlich hat Mike ganz knapp das Rennen gemacht. Aber von da an habe ich Richards Karriere genau beobachtet.

Welches war das Rennen Ihres Lebens?

Lietz: Mein schönstes Rennen waren die 24 Stunden Nürburgring 2009. Ich habe noch nie während der Fahrt einen solchen Spaß gehabt und so viel lachen müssen. Das habe ich sonst nur, wenn ich in Österreich auf einem zugefrorenen See mit dem Auto drifte.
Lieb: Ich habe drei Rennen, die mir immer in Erinnerung bleiben werden. Den Gesamtsieg bei den 24 Stunden Nürburgring 2009, den Gesamtsieg bei den 24 Stunden von Spa 2003 und den Klassensieg in Le Mans im Jahr 2005. Allesamt sehr spannende und knappe Rennen.

Und welcher war der bitterste Moment in Ihrer Karriere?

Lieb: Ich habe in Mosport in Kanada einmal in Führung liegend ein Auto in die Mauer gesetzt. Das war wirklich bitter.
Lietz: Eigene Fehler sind immer bitter. Im Porsche habe ich bisher keine großen Fehler gemacht. Vergessen möchte ich eher einige Rennen zu meiner Formel-3-Zeit.
Lieb: Wichtig ist es, aus solchen Fehlern zu lernen und sie kein zweites Mal zu machen. Das zeichnet einen guten Rennfahrer aus.

Welches Rennen wollen Sie in Ihrer Karriere unbedingt noch gewinnen?

Lietz: Zunächst einmal das Finale der Le Mans Series am Wochenende. Und im Anschluss alle 24-Stunden-Klassiker.
Lieb: Irgendwann würde ich in Le Mans gerne den Gesamtsieg holen. Le Mans und Daytona fehlen mir noch in meiner Sammlung.

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