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ETCC: Salzburgring

Unlustig

Achtung Wildwasser: Qualifying wegen Kapital-Crash unterbrochen, Pole für Thompson inmittne Gischt und Aquaplaning, Wolfgang Treml auf P5.

Johannes.Gauglica@motorline.cc

"Für heute haben wir die Hoffnung aufgegeben“, meinte Wolfgang Treml mit einem Blick zum Himmel, „gestern haben wir ein gutes Setup fürs Trockene erarbeitet, jetzt wird das Qualifying im Regen stattfinden. Also ändern wir jetzt wieder alles um, würfeln alles zusammen und schauen, dass wir das Beste draus machen!“ – Das Hartmann-Team profitierte dabei auch von Tremls Streckenkenntnis: „Weil ich den Kurs gut kenne und weiß, wo das Wasser reinrinnt. Es ist aber immer ein Lotteriespiel, denn es regnet nicht immer gleich stark. Innerhalb drei Minuten kann es sich komplett ändern. Es kommt drauf an, dass man eine Runde erwischt, in der am wenigsten Wasser auf der Strecke steht.“

Treml ist hier im womöglich favorisierten Team mit dabei: „Ich habe als Teamkollegen den aus der WTCC bekannten James Thompson; gestern war ich auf zwei Zehntel an ihm dran. Er hat g’schaut, und ich auch! Wir müssen schauen, dass wir das im Rennen umsetzen können. Jetzt habe ich diese Chance und mache sicher das Beste draus.“ - Den Honda Accord, der von Hartmann mit Motorisierung des britischen Tuners Neil Brown aufgebaut wird und der heuer in der Weltmeisterschaft noch nicht zu sehen war, hält Treml für „absolut konkurrenzfähig am Level der WTCC. Wenn man unsere Zeiten mit denen der Procar vergleicht, dann sind wir ungefähr um dreieinhalb Sekunden schneller. Das ist genau der Unterschied, um den die WM effektiv schneller ist.“

Die Ziele des Österreichers für das Qualifying: „Wir werden alles dran setzen, das Auto durchzubringen; es wird nur entscheidend sein, nichts kaputt zu machen – denn es gibt hier wenig Sturzräume, wenn man ausrutscht, geht’s in die Leitplanken. Es gibt in der ETCC ein hohes Preisgeld für die Top-Plätze, und dort muss ich hin! Deshalb ist es besser, sich heute zurückzuhalten; wenn man unter den Top 5 ist, dann ist im Rennen alles möglich.“ - Treml hat auch die restlichen Rennen zum Europacup 2010 auf seinem Kalender.

Michael Nykjaer ist quasi der Titelverteidiger, denn der Däne hat 2008 die ETCC am Salzburgring gewonnen. Damals fuhr er einen Chevy Lacetti, und das Wetter war unvergleichlich besser. Dieses Jahr hat er seinen WTCC-erprobten Diesel-Seat zur Verfügung: „Es ist wegen der Turbo-Aufladung etwas schwieriger, den Diesel zu fahren, die Kurven muss man anders angehen. Diese Strecke sind wir noch nie bei so schwerem Regen gefahren, es ist für mich also ein gutes Training!“ – Nyklaer sieht den Einsatz in Salzburg generell als Trainingslauf für sein WTC-Programm. Kann man überhaupt bei solchen Regengüssen richtig rennfahren?

„Klar ist es heikel, und man hat die Möglichkeit eines Ausrutschers im Hinterkopf. Also wird man eher anderen folgen, was auch wieder schwierig ist – denn hinter einem anderen Auto sieht man wegen der Gischt nichts.“ - Für das Qualifying plante Nykjaer deshalb eine möglichst gute Leitung ein, „damit ich dann am Start eine saubere Windschutzscheibe habe!“

Die Quali-Session wurde durch einen kapitalen Unfall des Russen Rustem Teregulow unterbrochen, der bei der Anfahrt zur Fahrerlagerkurve die Gewalt über seinen BMW verlor. Nach einem ersten Einschlag an der Innenseite landete das Auto unter mehreren Überschlägen im Kies der Fahrerlagerkurve. Während der Unterbrechung der Session wurde das Wetter immer mieser, der Neustart war eigentlich nicht mehr sinnvoll.

Er änderte auch nichts mehr am Klassement: James Thompson (1:40,342) sicherte sich für den ersten ETCC-Lauf die Pole Position vor Michael Nykjaer (1:41.060) und Tomas Engström (1:41.357). Hinter dem Seat-Piloten Michael Rossi wurde Wolfgang Treml mit einer Zeit von 1:43.763 Fünfter.

Der relativ komfortable Vorsprung Thompsons auf die Gegner zeichnet ein trügerisches Bild, wie der Brite betont: „Die Bedingungen lassen keinen Komfort aufkommen! Vor allem auf der Gegengeraden ist viel stehendes Wasser, man muss also einiges Risiko eingehen, das man dann nicht mehr kontrollieren kann. Das heißt dann: Augen zu und Gurte enger schnallen! Die gute Basis der ersten zwei Runden war wichtig, und dann konnte ich attackieren. Zum Glück für uns haben während der Unterbrechung die Bedingungen sich so sehr verschlechtert, dass niemand mehr angreifen konnte.“ –Thommos Zufriedenheit ist klarerweise groß,

„Ich hatte den besten Zuschauerplatz dafür, ich war gleich dahinter. Als er auf der Geraden die Kontrolle verloren hat, habe ich gleich gewusst, das wird ein großer Unfall – deshalb freut es mich, dass er okay ist. Dort fährt man ungefähr 140 Meilen in der Stunde, und er konnte vor dem Einschlag nicht mehr abbremsen. Er wird morgen ein bisschen verspannt sein!“

„Am Anfang war es noch in Ordnung, man konnte ohne verrücktes Risiko fahren. Aber wenn ich ehrlich bin, war der letzte Teil der Session zu gefährlich. Bei solchen diesen Bedingungen morgen ein sicheres Rennen fahren, wäre unmöglich. Da ist zum einen die Gischt, zum anderen das Aquaplaning – man konnte nicht einmal bergauf voll aufs Gas steigen. Wenn dann jemand in Schwierigkeiten gerät, kann man ihn nicht sehen. Wenn bei diesen Geschwindigkeiten jemand mitten auf der Strecke steht – dann haben wir Probleme. Hoffentlich verschwindet das englische Wetter!“

Michael Nyklaer wuchtete seinen drehmomentstarken Turbodiesel-Boliden mit größter Vorsicht auf Startplatz 2: „Es war am Schluss ein bisserl schwierig! Wenn man Nummer 1 sein will, muss man pushen. Am Anfang war ich nicht so glücklich, bin hinter den Super-Production-Autos hängengeblieben. Als ich mich von denen befreien und gute Rundenzeiten hinlegen konnte, ist die rote Flagge herausgekommen. Laut unserer Datenaufzeichnung konnte ich Thompsons Speed ziemlich genau halten. Aber James hat ja gesagt, dass er morgen Zweiter sein will – also werde ich gewinnen!“ – Thompson korrigiert rasch: „Dass ich’s dir leicht machen werde, habe ich nicht gesagt!“

Tomas Engström ist seinerseits nicht unzufrieden mit Platz 3: „Wir haben das Auto erst vier Tage vor diesem Meeting komplettiert, und ich verspreche allen für morgen einen guten Fight!“
Auf die Frage nach dem Wetterwunsch für den Sonntag (trockenes Seat-Wetter oder wieder eine Motorboot-Partie) spricht der Schwede allen aus dem Herzen: „Wir wollen eine trockene Strecke, denn so ist das Rennfahren nicht sehr lustig!“

Die Besten ihrer Klassen waren Vojislav Lekic (Super Prod., gesamt immerhin Zwölftschnellster mit 1:50.157) und Jens Löhnig (S1600, einen Platz dahinter mit 1:53.634). Lekic, der Honda-Pilot aus Serbien, war unglücklich über den Mangel an Konkurrenz, aber hocherfreut über die Aussicht auf zwei Rennen inmitten der arrivierten Stars: „Gestern habe ich diese Gentlemen noch im Fernsehen bewundert!“ Löhnig, der S1600-Doppelsieger von Braga, sieht seine Aufgabe in Salzburg mit ungetestetem neuem Auto als schwieriger, er könnte womöglich auch den Super-Prods gefährlich werden: „In erster Linie ist mein ziel, so viele Punkte als möglich mit nach Franciacorta zu nehmen; ansonsten will ich eigentlich jeden schlagen!“

Best of British: James Thompson

„Ich bin hier noch kein Rennen gefahren; einen halben Tag habe ich hier getestet, ich glaube im Jahr 1997, damals war es trocken…“ – es ist also ein mühsames Kennenlernen des Salzburgringes für den britischen Tourenwagen-Star James Thompson. In der Früh konnte er aufgrund technischer Zores nur eine Runde absolvieren, „aber es ist schwierig: Bei starkem Regen rinnen Bäche quer über die Fahrbahn, man hat viel Aquaplaning vor allem am schnellsten Teil der Strecke. Dort ist es dann ziemlich gefährlich.“

Nörgeln auf hohem Niveau: „Wir haben das schwerste Auto mit Ausnahme des Diesels. Wegen unseres bisherigen Erfolges in der Meisterschaft, und weil das Auto nur national homologiert ist, müssen wir zusätzliche 45 Kilo Ballast mitführen. Wir sind 55 Kilo schwerer als die meisten Autos, und 75 Kilo schwerer als einige“ – de facto fährt Thompson also mit Passagier: „Bergauf ist es mühsam, obwohl unser Auto wegen der Aerodynamik auf der Geraden eigentlich gut ist.“

Generell stapelt Thompson mit seinen Erwatungen für die Rennen eher tief: „Mir geht es nur darum, an diesem Wochenende die Meisterschaftsführung auszubauen. Die Ergebnisse sind nicht so wichtig. Vor allem will ich die Rennen beenden; wenn ich gewinnen kann, prima. Ansonsten nehme ich das Ergebnis mit, das ich bekommen kann - Fünfter, Vierter, Zweiter, egal. Wenn ich zweimal Fünfter werde, aber mein Punktevorsprung angewachsen ist, bin ich sehr froh. Denn das einzige Ziel ist am Schluss der Titel.“

In der WTCC sieht man James Thompson „hoffentlich wieder nächstes Jahr“, er fährt heuer die restliche ETCC mit Hartmann Racing und auch die skandinavischen Rennen. Für die britische Tourenwagenmeisterschaft hat er eine neue Aufgabe übernommen, der Exmeister seines Heimatlandes arbeitet an der Entwicklung eines neuen Technik-Paketes der BTCC mit. Die will sich nämlich sukzessive von den S2000-Regeln verabschieden und den Fronttrieblern einheitliche Motoren und Aufhängungen vorschreiben. Die sogenannte „New Generation Touringcar Engine“ mit 1.600 ccm Hubraum samt Turbo kommt vom renommierten Tuner Swindon und hat ihren Ursprung in einem GM-Produkt. Das Aggregat wird heuer bereits rennmäßig erprobt.

„Die Regeln sehen den gleichen Hilfsrahmen mit dem darin einheitlich positionierten Antriebseinheit und die gleiche Aufhängung vor. Man muss diese „championship engine“ nicht verwenden; wer aber nach dem neuen Reglement in die Serie einsteigt, muss jedenfalls die Aufhängung verwenden. Man kann jedes Fronttriebs-Chassis nehmen und den ganzen Hilfsrahmen mit Motor-Getriebe-Einheit und Aufhängung einbauen. Es gibt da keine Interpretation nach dem Motto, wir haben diese oder jene Hinterradaufhängung, können wir diese und jene Erleichterung bekommen… - es gibt frontgetriebene Autos, gleiche Motor- und Getriebeposition, gleiche Aufhängungen. Der einzige Unterschied wird der Radstand sein, und bei manchen Autos wird der Motor besser in den Motorraum passen als bei anderen. Das wird die einzige Schwierigkeit sein.“

Für eine nationale Meisterschaft, wo die Privatiers nicht mit den werksunterstützten Teams mitkönnen, ist das eine gute Idee. Für die WM bringt das vielleicht nicht so viel, weil die Hersteller dort die Sache untereinander austragen wollen, bessere Autos bauen wollen als die Konkurrenz. In einer nationalen Meisterschaft geht es darum, dass kleinere Teams eine ökonomisch sinnvolle Möglichkeit haben, Rennen zu fahren.“

Wir machen die Entwicklung in den Grundzügen, damit wir zeigen, dass dieses Paket konkurrenzfähig und kosteneffektiv ist. Denn die Kosten sind der Hauptpunkt: Wir wollen die Kosten reduzieren, zu denen man ein erprobtes Paket kaufen und die Rennen fahren kann.“ - Einziger Nachteil: „Der Wert des Rennautos – denn man kann damit nur in der BTCC fahren, nirgends anders. Aber wenn das Auto als solches weniger kostet, dann geht sich das unterm Strich wieder aus.“

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