
GT1-WM: Brünn | 23.05.2010
Ampeln, Action, Safety-Cars
Erster Punkt für Wendlinger, Sieg für Grosjean/Mutsch - GT3: Samstag-Sieger gewinnen auch sonntags, S-Berg verpasst knapp das Stockerl.
Johannes Gauglica; Fotos: DPPI
Wenn sich alle nur ein bisschen anstrengen: Das Wetter am Vormittag zeigte sich, wiewohl noch immer wechselhaft, von seiner freundlicheren Seite, eine erfreuliche Anzahl von ZuschauerInnen gruppierte sich entlang der Brünner Berg-und-Tal-Bahn, und auch das zweite Rennen der GT2-EM bot einiges mehr an Unterhaltung als noch am Tag zuvor.
GT1: Edle Autos, rauhe Sitten
Im Warm-up zum sonntäglichen G1-Rennen zeigte der Ford GT von Grosjean/Mutsch auf, mit dem Sumo-Nissan Nr. 23 (Dumbreck/Krumm) war ein Protagonist des Samstagsrennens ebenfalls vorn dabei. Der bislang bei weitem schnellste aller Nissan nahm das Rennen gemäß des Zieleinlaufes vom Vortag von der dritten Position auf.Karl Wendlinger startete den Swiss-Racing-Nissan von Position 12. Auf der Pole Position stand der Maserati MC12 von Bertolini/Bartels. Der Italiener fuhr den ersten Turn und hatte Lokalheld Tomas Enge neben sich – die beiden wechselten in der Startaufstellung einige freundliche Worte, quasi als vorauseilende Entschuldigung für die zu erwartenden Rempeleien in der ersten Runde…
Viel Gelegenheit zum Rempeln gab Bertolini der Konkurrenz aber nicht, sondern setzte sich mit souveränem Start gleich etwas vom Feld ab. Mittlerweile verlor Enge etliches an Boden. Der Tscheche verschaute sich offenbar auf der Startampel und meinte, der Start sei abgebrochen – leider war er der einzige, der die Dinge so sah: "Zwischen dem Rennleiter und mir gibt es da eine Meinungsverschiedenheit", kommentierte Enge nach dem Rennen diplomatisch.
Fünfzehn Autos zogen an ihm vorbei, darunter auch der Nissan von Karl Wendlinger, der somit auf Position 11 aus der ersten Runde zurückkam. Kurz danach wurde doch noch gerempelt, Enge war wieder „mittendrin statt…“, etc. Seine Rivalin war Rahel Frey, und die blieb auf der Strecke; der Ford GT strandete im Kiesbett, das Safety-Car übernahm kurz die Führungsrolle.
Wendlinger verlor seinen 11. Platz in einem handfest geführten Duell an Bas Leinders im VDS-Ford: „Nach dem ersten Pace-Car hat mir die Nummer 40 eine gegeben. Das war aber auch der Streckenteil, wo ich leider am langsamsten war; ich habe mir gedacht, dass dort ein Angriff kommen wird. Und sie haben sich dann später eh selber aufgearbeitet!"
Denn der Belgier zeichnete sich auch in der Folge durch hemdsärmeligen Fahrstil aus. In runde 8 war dann alles anders für das Vitaphone-Team: Die führende Nummer 1 musste zum Stop & Go an die Box (am Start noch vor Freigabe des Rennens zu fest Gas gegeben).
Leinders fand einen Spielgefährten in der Person von Alex Margaritis im Hegersport-Maserati; die beiden segelten nach einigen wenig intellektuellen Manövern im Duett von der Bahn. Auftritt Safety-Car…
Es ging lebhaft weiter, mit einem Massen-Stop praktisch des gesamten Feldes während dieser SC-Phase. „Ich bin sogar als Achter in die Box hereingekommen“, erzählt Karl Wendlinger, „leider ist wenig Platz hier, und weil der Boxennachbar bereits herinnen war und zu weit vorne gestanden ist, bin ich schlecht zum Stehen gekommen. Dadurch haben die Mechaniker ein paar Sekunden beim Boxenstop verloren. Deshalb sind wir als Vierzehnte wieder herausgefahren. Und dann kommt man schwer wieder nach vor.“
Das Schwesterauto von Swiss Racing blieb mit dem Japaner Seiji Ara länger auf der Strecke und bekam damit einige Sendezeit, bevor auch er seinen Boxenstop einlegte. Dahinter platzierte sich der Ford GT von Matech mit Thomas Mutsch und mit dem Comeback des Rennens der Aston Martin Nr. 7, den Darren Turner von Tomas Enge übernommen hatte.
Als Dritter gesellte sich Dumbreck im Nissan hinzu, die drei machten den Sieg unter sich aus. Die Vitaphone-Armada lag nur auf den ungewohnten Plätzen 6 und 7. Nach hart geführtem Kampf um Platz 5 mit dem Lamborghini von Dominik Schwager gab das rechte Vorderrad an Michael Bartels’ Auto Rauchzeichen, an der Vitaphone-Box begann das Zittern.
Der regierende GT1-Meister blieb im Rennen, sicherte sich die Punkte für den 5. Platz und wäre beinahe noch Vierter geworden. Die Leader beschränkten sich mittlerweile aufs "Lauern" und Absichern ihrer Positionen: Grosjean/Mutsch holen sich ihren zweiten Saisonsieg vor Tomas Enge/Darren Turner (Aston Martin DBR9) und Michael Krumm/Peter Dumbreck 8Nissan GT-R).
Auch Henri Moser hatte im Mittelfeld sehr hart zu kämpfen, inklusive Karosseriekontakt mit einigen Konkurrenten. Am Ende gab es mit Rang 10 den ersten Punkt für Wendlinger/Moser – hoffentlich ein erster Schritt auf dem Weg zu besseren Resultaten!
Wendlinger fasst zusammen
Keine überschäumende Freude, aber stille Zuversicht gab es bei Swiss Racing. Karl Wendlinger:„Lohn der harten Arbeit ist, dass wir Erfahrung gesammelt haben. Wir versuchen, diese Erfahrungen in der Fahrzeugabstimmung beim nächsten Rennen besser umzusetzen. Jetzt gibt es sechs Wochen Pause, wir werden auch testen gehen. Wir müssen schauen, ein gewisses Maß an Ruhe in die Autoabstimmung hineinzubekommen. Wir kennen das Auto noch zuwenig. Andererseits ist Henri am Schluss genau die Zeiten der Spitze gefahren. Bis auf die Maserati war niemand schneller. Aber das ist wurscht – man muss vorn stehen, man muss beim Boxenstop vorn sein, denn Überholen geht nicht.“ - Nächstes Rennen: In Paul Ricard am 3./4. Juli.
GT3: Es geht bergauf für S-Berg
Die Pole Position hielten Diego Alessi/Giacomo Pietrobelli im Ferrari F430 von Chad Racing; der BMW des Salzburger S-Berg-Teams nahm von Startplatz 6 das Rennen auf; Bernd Herndlhofers Audi R8 stellte sich auf P25 auf.Die Herrschaften waren am Start sichtlich motiviert, und das rächte sich schon in der ersten Kurve. Ein Drei-Auto-unfall im Mittelfeld brachte für einige Runden das Safety-Car heraus. Beim Restart konnte sich Martin Matzke, der Teamkollege von Nikolaus Mayr-Melnhof im S-Berg-BMW, auf Platz 4 festsetzen und alsbald an Frederic Makovieckis Aston Martin vorbei auf P3 gehen.
Die beiden lieferten sich in der Folge einen schönen Fight. Genauso spannend ging es in der ersten Rennhälfte um die Führung zu, dort war die Auseinandersetzung zwischen Alessi im Ferrari und dem Samtag-Sieger Mike Parisy (Corvette).
Nach 33 Minuten des einstündigen Rennens übergab Kenneth Heyer den Rosberg-Audi R8 auf Platz 16 an Bernd Herndlhofer; gleich darauf kamen die Top 6 im Konvoi für ihre Pflichtstops an die Box. Danach behauptete der Ferrari sich deutlicher an der Spitze des Feldes, während die Porsche-Crew von Mühlner Motorsport sich als neuer Protagonist in die Spitzengruppe gesellte. Mayr-Melnhof kam als Fünfter auf die Strecke, passierte den Aston Martin und nahm den drittplatzierten Porsche ins Visier.
Als der eine Stop & Go-Strafe für einen verhauten Boxenstop ausfasste, war das S-Berg-Team auf Kurs für einen Stockerlplatz. Die Offiziellen waren gnadenlos: Auch der führende Ferrari wurde zum Stop & Go an die Box gerufen, der grüne BMW aus Salzburg rangierte auf Platz 2 und bekam eine Menge Sendezeit, als Mayr-Melnhof sich gegen den angreifenden Philip Geipel im Lamborghini Gallardo zur Wehr setzen musste.
Das gelang ihm nicht, aber der Fight war sehenswert. In der vorletzten Runde konnte auch der Deutsche Christian Hohenadel (Corvette) am grünen BMW vorbeigehen. „Den dritten Platz um Haaresbreite (das Originalzitat war etwas deftiger, Anm. d. Red.) verfehlt - anfangs überwiegt natürlich die Enttäuschung. Am Schluss waren die Reifen verbraucht, außerdem hat die Schaltelektronik etwas gesponnen. Aber der Boxenstop war perfekt!“ – Und nach einigen zähen Rennen nimmt S-Berg aus Tschechien Punkte mit.
Der Sieg ging wiederum an Parisy/Lambotte mit der Corvette vor Geipel/von Thurn und Taxis (Lamborghini) und Keilwitz/Hohenadel (Corvette).
Bernd Herndlhofer im S-Berg-Audi kam auf Platz 19 ins Ziel: „Im Qualifying haben wir uns diesmal etwas vertan. Gestern im Regen sind wir bis auf Platz 9 vorgefahren, und heute waren unsere Rundenzeiten praktisch gleichauf mit denen der Schnellsten“ – aber die schlechten Startpositionen haben sich gerächt.
Der Österreicher ist heuer aus der Formelszene in den GT-Sport gewechselt, und das mit Frust: „Man muss ein Team haben, das ganz hinter einem steht. Wenn man auf einmal auf dem zehnten, elften Platz herumfährt, hat das keinen Sinn.“ – aus diesen Worten spricht Enttäuschung über die zähe Saison 2009. Eine der größten Umstellungen in der neuen Disziplin: „Dass man sich das Auto mit einem andere Fahrer teilt und an der Box warten muss, ob er’s auch wieder heil zurückbringt!“ – In dieser Beziehung muss er sich kaum Sorgen machen, denn beim Team Rosberg hat der GT-Neueinsteiger mit dem routinierten Teamkollegen Kenneth Heyer einen anerkannt guten Lehrmeister.