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DTM: Hockenheim II

Endspurt vs. Spazierfahrt

Ekström (Audi) und Paffett (Mercedes) duellieren sich mit höchst unterschiedlichen Voraussetzungen; Opel bestreitet sein letztes DTM-Rennen.

Gary Paffett gegen Mattias Ekström, Mercedes gegen Audi - eine Konstellation, deren Neuigkeitswert insbesondere nach dieser Saison eher beschränkt sein dürfte. Britische Operation am Limit gegen schwedische Operation am Limit: Auch dies dürfte bekannt sein - ist allerdings beim traditionellen Finalrennen in Hockenheim kaum zu erwarten...

Halbgas im Mercedes-Cockpit gegen Vollgas im Audi-Cockpit, Nummer Sicher gegen volles Risiko - diese zumindest Abwechslung versprechende Konstellation erwartet die DTM-Welt beim letzten Auftritt vor der Winterpause. Während sich Gary Paffett angesichts eines neunpünktigen Vorsprungs für den Titelverlust beinahe selbst schon ein Bein stellen müsste, wird im Hause Audi alles auf eine Karte gesetzt: Ein Ekström-Sieg muss her - und gleichzeitig eine Paffett-Pleite.

Der Weg zum Titel führt über den Hockenheimer Grand-Prix-Kurs, erneut ist die 4,574 Kilometer lange Strecke 37mal zu umrunden. Ein Weg, auf dem sich so mancher Stolperstein verbergen kann...

Audi - der Hockenheimer Endspurt

"Wer uns schon abgeschrieben hat, macht einen Fehler. Ich werde bis zur letzten Runde kämpfen", gibt Titelverteidiger Mattias Ekström eine Kampfparole zum Besten, derer sich sein Lieblingsfeind Norbert Haug ebenfalls immer wieder gerne bedient. Die rhetorische Eintracht täuscht: Selten war die Stimmung zwischen Audi und Mercedes so aufgeladen wie nach dem Istanbul-Rennen - woraus insbesondere Audi Motivation zu schöpfen versucht.

Diese scheint auch dringend nötig: Der vergleichsweise schnelle Kurs in Hockenheim stellt für Audi seit jeher eine Pflichtübung dar, waren es doch die Stuttgarter, die unweit ihrer Heimat Erfolg um Erfolg einfuhren. Zwar schien sich der in der letzten Saison insbesondere am Ende der "Parabolika" noch kaum zu übersehende Topspeed-Nachteil des Audi A4 DTM bereits beim Saisonauftakt minimiert zu haben, dafür jedoch zeigte sich der Ingolstädter DTM-Bolide im maximalen Abtrieb erfordernden Motodrom weit weniger überlegen als im Vorjahr.

Der unbedingte Endspurt weist keine guten Vorzeichen auf: War es vor einem halben Jahr noch zweifelsohne die Mercedes C-Klasse, die angesichts eines Dreifachsieges den Ton angab, so haben die "Herren der Ringe" zwar im Laufe der Saison signifikant aufgeholt und dürften auch in Hockenheim konkurrenzfähig sein - die fahrerische Mannschaftsleistung präsentierte sich allerdings in den letzten Rennen dürftig. Mit gelegentlicher Unterstützung durch Tom Kristensen kämpfte Mattias Ekström allein auf weiter Flur; ein Hindernis, das, sollte es erneut auftreten, angesichts des Siegeszwangs Ekströms besonders schmerzhaft werden könnte.

"Auch wenn wir mit einem Rückstand nach Hockenheim kommen und unsere Titelchancen nicht sehr groß sind, ist alles offen", versucht sich Abt-Teamchef Hans-Jürgen Abt in Zweckoptimismus. Nachdem sein Team bereits in Istanbul den Teamtitel verlor, gilt es, für die Markenwertung 13 Punkte mehr als Mercedes zu erringen - wogegen so mancher sonntägliche Spazierfahrer etwas haben dürfte.

Mercedes - die finale Spazierfahrt

Zwar dürfte auch am kommenden Wochenende für Gary Paffett keine Langeweile in seiner zirka 475 PS starken Mercedes C-Klasse aufkommen, die Spazierfahrt des Briten sollte durchaus vergnüglich werden. Einen Punkt vom Titelgewinn entfernt wird dem 24jährigen jegliches Risiko fern liegen, obschon er betont: "Natürlich weiß ich, dass die Konkurrenz jetzt beim Finale alles geben wird, um den Spieß herumzudrehen – aber keine Angst, wir tun das auch bei unserem Heimspiel."

Eher dürfte das auf so manchen Vertreter seines Mercedes-Fahrerkollegiums zutreffen; insbesondere Bernd Schneider hofft nach einer bislang sieglosen Saison: "Ich werde für einen guten Saisonabschluss kämpfen, hoffentlich so wie im letzten Jahr, als ich gewonnen habe." Jean Alesi, Sieger des Saisonauftakts, hegt derweil statistische Gedanken: "Bei sieben DTM-Starts habe ich in Hockenheim zweimal gewonnen. Das ist nicht schlecht, aber ich will diese Bilanz unbedingt verbessern."

Die Belohnung der Strebsamkeit in Mercedes-Reihen erscheint nicht ganz unwahrscheinlich, waren es doch die Stuttgarter, die jedes der vergangenen sechs Hockenheim-Rennen für sich entscheiden konnten. Nicht nur angesichts der überlegenen Vorstellung in Hockenheim vermöchte es kaum zu überraschen, sollten die Stern-Piloten erneut mit einer geschlossenen Mannschaftsleistung in einer überzeugenden C-Klasse an der Spitze glänzen.

Auch das Gewichtsreglement sollte im Duell mit Audi nicht im Wege stehen, müssen sich doch auch die Ingolstädter dem Maximalgewicht von 1.070 Kilogramm stellen. Womit vor dem Saisonfinale zumindest eine Gemeinsamkeit gefunden wäre.

Opel - Letzter Donner vor Erlischen des Blitzes?

Was sich 1998 auf der Essener Motorshow mit der Präsentation eines DTM-Konzeptfahrzeugs auf Basis des Astra angedeutet und 2000 begonnen hatte, hat in wenigen Tagen ein Ende: Das Engagement der Adam Opel AG in der neuen DTM. Gemeinsam mit Mercedes hatten die Rüsselsheimer am Comeback der DTM im Jahr 2000 tatkräftig mitgewirkt - lange bevor mit Audi eine dritte werksseitig engagierte Marke hinzustieß. Und so wird in Hockenheim der vorerst letzte echte Dreikampf um Punkte, Podest und Sieg zu bestaunen sein.

Das letzte Rennen der Opel-Mannschaft lässt in DTM-Reihen Wehmut aufkommen: Nachdem die Rüsselsheimer in den Jahren 2001 bis 2004 drohten, in die Statistenrolle zu geraten, war es ausgerechnet die bereits lange als solche bekannte Abschiedssaison, die das Potenzial des OPC-Teams aufblitzen ließ: Nach vereinzelten Achtungserfolgen in Brünn sowie auf dem Norisring zeigte sich der Vectra GTS V8 in Zandvoort von seiner besten Seite: Auf die Startplätze zwei und drei folgte im Rennen ein dritter Platz Heinz-Harald Frentzens - ein Ergebnis, das ebenso wie auf dem EuroSpeedway Lausitz, wo man sich mindestens genauso stark präsentierte, mit einer weniger misslungenen Taktik noch besser hätte ausfallen können.

Nachdem man in Istanbul in Taktikfragen zwar geschickter agierte, man jedoch ebenso wie Audi nicht an die überlegene C-Klasse von Mercedes heranreichte, will Opel im Sinne einer starken Abschiedsvorstellung an die Erfolge aus den Niederlanden sowie der Lausitz anknüpfen. "Wir wollen beim Finale eine gute Leistung abliefern", kündigte Opel-Sportchef Volker Strycek gegenüber motorsport aktuell an, "und weil uns unsere Fans bekanntlich sehr wichtig sind, wollen wir nicht nur für sie erreichbar sein, sondern werden mit verschiedenen Aktionen am Wochenende auch immer wieder auf sie zugehen."

Als schönste Aktion am Wochenende empfänden die zahlreichen Opel-Fans zweifelsohne einen Hockenheim-Sieg. Ein Vorhaben, das zuletzt beim Saisonfinale 2000 gelang - und gegen das insbesondere die verschärfte Konkurrenzsituation spricht: Während ein starker Mercedes-Auftritt beim Heimspiel der Stuttgarter garantiert sein dürfte, wird es auch den Audi-Piloten angesichts der schwierigen Meisterschaftssituation der Ingolstädter fern liegen, ihren Opel-Kollegen auch nur das kleinste Abschiedsgeschenk zu machen.

Ein erleichterndes Abschiedsgeschenk wird Opel dafür von Seiten des Gewichtsreglements, dessen spöttischer Zweitname "Lex Opel" wohl gemeinsam mit den Hessen in der nächsten Saison verschwunden sein wird, überreicht, dürfen die Vectra-Fahrer doch erneut mit dem Mindestgewicht von 1.030 Kilogramm antreten. Doch nicht nur der Gewichtsvorteil sollte dazu beitragen, dass die katastrophale Opel-Vorstellung, wie man sie beim Saisonauftakt in Hockenheim darbot, nicht wiederholt wird. Sollte sich die Zandvoort- und EuroSpeedway-Form vor dem endgültigen Fall des Vorhangs noch einmal zeigen und von einer überzeugenden Taktik gekrönt werden, so ist ein Podestplatz zum Abschied nicht auszuschließen. Es wäre der letzte Donner vor Erlischen des Blitzes.

Hierfür wäre Laurent Aiello nur allzu gern verantwortlich, bestreitet der Franzose doch drei Jahre nach seinem Titelgewinn mit Abt-Audi nicht nur sein letztes DTM-Rennen; der 36-Jährige zieht sich aus dem Motorsport zurück. Mit ihm bestreiten Heinz-Harald Frentzen und Manuel Reuter möglicherweise ebenfalls ihre letzten Runden in der DTM, Marcel Fässlers DTM-Zukunft ist unterdessen noch völlig ungewiss. Neben Aiello und Reuter verlässt mit Opel-Sportchef Volker Strycek ein weiterer DTM-Meister die Bühne - während einer seiner Nachfolger gekürt wird.

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