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Märchen können auch wahr werden

Die lange Winterpause der Rallycrosser ist zu Ende, beim ersten Lauf überraschte Neueinsteiger Jürgen Stoitzner die alten Hasen.

Text & Fotos: Leo Freistätter

  • Hier finden Sie zahlreiche Fotos des Rallycross-Saisonauftaktes

    Die Ausbeute zum Saisonbeginn war gemischt. Während sich einige mit tollen Ergebnissen in Szene setzten, gab es auf der anderen Seite viele Ausfälle. Diese hatten nicht nur technische Gründe, wie in Sedlcany üblich gab es viel Unfälle. Der Neueinsteiger aus dem Waldviertel und Partner von motorline.cc, Jürgen Stoitzner, sorgte für das Rallycross-Wunder.

    Das Starterfeld konnte nicht halten was die Nennliste versprochen hatte. Immerhin 48 Aktive waren am Start, darunter auch einige Neueinsteiger aus Österreich. Den größten Schwund hatte die Division 1 zu verzeichnen. Gerade neun Kämpfer blieben übrig, einer davon packte nach dem Training wieder ein, verblieben acht für den Kampf um die ersten Punkte.

    Marek Zeman (diesmal wieder mit dem alten Ford Escort Cosworth unterwegs) holte sich die Trainingsbestzeit vor seinem Landsmann Jakub Mrvka (Ford Focus). Dahinter landete ein Österreicherpaket mit Alois Höller (Lancia Delta Integrale Evo3), Peter Ramler (VW Golf Turbo 4x4) und Franz Spitaler (BMW M3 4x4). Ein nach Problemen bei der technischen Abnahme ziemlich genervter Erich Petrakovits landete mit dem Ford Focus auf Rang acht. Den tschechischen Kommissären gefiel der Restriktor am Focus nicht, obwohl sie ihr Messwerkzeug erst beim dritten Anlauf mit Gewalt im Luftmengenbegrenzer versenken konnten.

    Jakub Mrvka holte sich auch die Bestzeit im ersten Turn vor Marek Zeman. Bester Österreicher war Franz Spitaler auf Rang drei. Peter Ramler fuhr auf die vierte Position, obwohl er in der letzten Runde Probleme bekam und nur mehr über die Ziellinie rollte. Leider musste der Obergrafendorfer anschließend im Fahrerlager einen Motorschaden am Turbo-Golf diagnostizieren und war für den Rest des Tages zum Zuschauer geworden.

    Mit der dritten Zeit im zweiten Vorlauf brachte sich Alois Höller wieder zurück in den Kampf um die besten Startplätze für das Finale. Sein Vorwärtsdrang wurde aber im dritten Vorlauf jäh gestoppt. Gleich am Bergaufstück nach dem Start brach eine Halbachse, der Lancia bog ansatzlos nach rechts ab und bohrte sich in die Böschung.

    Höller hatte noch Glück, dass der trudelnde Lancia nicht vom nachfolgenden Erich Petrakovits getroffen wurde. Es hingen aber rundherum die Fetzen vom Höller-Boliden, an einen Start im Finale war somit nicht mehr zu denken. Nachdem die Tschechen ihre Startpositionen für den Endlauf bereits fixiert hatten stellte Franz Spitaler vor Erich Petrakovits im dritten Vorlauf die Bestzeit auf.

    Aus der Pole setzte sich dann Marek Zeman sofort in Führung. Franz Spitaler konnte die Lücke schließen und nach vorne stürmen. Jakub Mrvka blieb im Startgetümmel etwas stecken und musste das Feld von hinten aufrollen. Franz Spitaler konnte seinen zweiten Rang nicht in aller Ruhe nach Hause fahren, denn in der letzten Runde klebte Mrvka schon an seinem Heck. Der lange Klosterneuburger hat aber genug Routine um einen jugendlichen Heißsporn hinter sich halten zu können und holte sich zum Auftakt einen feinen zweiten Rang hinter Marek Zeman. Erich Petrakovits belegte Rang vier, da Alois Höller zum A-Finale nicht antreten konnte fiel er auf Rang sechs zurück.

    Die neue Division 1A (Gruppe A – Super 1600) brachte ein überraschend großes Starterfeld und eine enorme Leistungsdichte. In dieser Liga sahen wir am Sonntag wahrscheinlich die spannendsten Rennen. Christian Petrakovits hat sich einen VW Polo für diese Division zugelegt und steht einer Armada von Tschechen gegenüber. Völlig überraschend für die Szene tauchte auch Franz Hindler mit einem VW Polo auf. Das Gerät wurde unter strengster Geheimhaltung irgendwo aus Russland angekarrt und im Winter neu aufgebaut.

    Potenzial dürfte drinstecken, Hindler hatte aber schon im Training Pech. Durch ein Missgeschick brach der Polo aus, knallte in die Leitplanken und wurde dabei schlimm verbogen. Für den völlig geknickten Franz Hindler war damit der Tag auch schon gelaufen. Christian Petrakovits stemmte sich mit der achten Zeit im Training alleine gegen die Übermacht. Im ersten Vorlauf überraschte er mit dem fünften Rang, den er mit viel Herz erkämpft hatte. Leider traten dann Probleme mit dem Schaltgestänge auf, den zweiten und dritten Lauf musste der Burgenländer damit abhaken. Erst zum B-Finale konnte das Problem halbwegs gelöst werden und Christian Petrakovits stürmte an die Spitze.

    Leider gefiel der Rennleitung sein Fahrstil nicht, Petrakovits wurde mit der schwarzen Flagge aus dem Rennen genommen und auf den neunten Rang zurückversetzt. Hätte er ins A-Finale einziehen können, wäre sicher noch einiges möglich gewesen, denn dort waren die Positionen hart umkämpft. Letztendlich siegte der Favorit. Jaroslav Kalny (Peugeot 206) gewann vor Pavel Hlavac und Tomas Kotek (beide Skoda Felicia).

    Erfreulicher Zuwachs in der Division 2. Werner Panhauser brachte einen wunderschönen Renault Clio an den Start. Einige Rundstreckenerfahrung hat der St. Pöltner ja bereits, an den losen Untergrund musste er sich allerdings erst gewöhnen. Nach der neunten Zeit im ersten Vorlauf ging es im zweiten Durchgang dann schon um einiges besser. Leider schickte er den Clio dann in der zweiten Runde in den Hügeln von Sedlcany in einen Dreher. Knapp bevor der schleudernde Clio zum Stillstand kam schlug das Pech nochmals zu, er touchierte links vorne leicht die Böschung und rollte aufs Dach.

    Panhauser krabbelte unverletzt aus dem Clio, die Schäden hielten sich in Grenzen und Panhauser war im dritten Vorlauf wieder mit dabei. Leider kam er nicht weit, denn schon wenige Meter nach dem Start versagte die Benzinpumpe. Dadurch hatte er nur einen Vorlauf beendet und blieb beim Auftakt punktelos.

    An der Spitze hat sich seit der letzten Saison nicht allzu viel verändert. Roman Castoral (Opel Astra OPC) dominierte nach Belieben und feierte einen ungefährdeten Sieg vor Pavel Novotny jun. Im Citroen Xsara. Toller Erfolg für die einzige Lady im Feld, Michala Kalna (Peugeot 306) fuhr mit Rang drei aufs Stockerl.

    Die Trainingsliste der Division 4 gefiel uns Österreichern natürlich am Besten. Neueinsteiger Jürgen Stoitzner im Audi Quattro S2 holte sich die Bestzeit vor Jürgen Weiss (Ford Sierra Cosworth) und Peter Freinberger im 1600er Toyota Corolla. Stoitzner gab sich auch in den Vorläufen keine Blöße und lieferte zwei makellose Bestzeiten ab. Die Pole Position für das A-Finale hatte er damit fixiert. Flankiert wurde er von Jürgen Weiss, der sich mit Bestzeit im dritten Umlauf noch in die erste Startreihe vorschieben konnte.

    Franz Volkmann hat sich den Golf von Helmut Grill zugelegt und kam damit hervorragend zurecht. Mit Rang vier nach den Vorläufen hatte er in der Zweiliterklasse die Nase vorne und qualifizierte sich direkt für das A-Finale. Markus Rumpler (Opel Kadett GSI 16V) musste erst das B-Finale gewinnen um im Entscheidungslauf dabei sein zu können. Für Peter Freinberger wäre vielleicht mehr möglich gewesen, der Toyota wollte aber nicht so richtig laufen.

    Der Fehler konnte erst vor dem Finale gefunden werden und dort lieferte er sich einen rundenlangen Kampf mit dem Golf GTI von Robert Haslinger. Der gejagte Hase konnte sich wehren und belegte Rang drei in der Zweiliterklasse vor Peter Freinberger und Richard Förster. Die Neulinge Christoph Papst (Ford Escort XR3) und Christian Mattura (Mazda 323) kamen durch, belegten die Ränge zehn und zwölf und machten ihre ersten ÖM-Punkte. Zwischen den beiden platzierte sich der Waldviertler Johann Wally im BMW 320i.

    Johann Iber kämpfte vom Beginn an mit defekten Stoßdämpfern im Daihatsu Charade Turbo. Sein Teamkollege Rudolf Steinwendner (Renault Clio) drehte sich im zweiten Vorlauf und sorgte für eine dichte Staubwolke. Sowohl Iber, als auch Franz Vejvancicky im VW Golf I GTI, konnten augrund der schlechten Sicht nicht mehr ausweichen und krachten in den Renault. Alle drei Fahrzeuge wurden ziemlich verbogen und die Fahrer zum Zuschauen verdammt.

    Am Start zum A-Finale gab es erst mal Aufregung. Der Sierra von Jürgen Weiss stellte sich quer, dahinter rangelten Jiri Zuska (Ford Escort Cosworth) und Franz Volkmann. Das Gefecht endete mit einer stabilen Seitenlage des Volkmann-Golfs. Bis sich Volkmann den Weg ins Freie gebahnt hatte, wurde das Rennen abgebrochen und später neu gestartet. Volkmann konnte aufgrund einer verbogenen Radaufhängung zur Wiederholung nicht mehr antreten und vergab damit den Zweilitersieg. Diesen holte sich Markus Rumpler als einzig verbliebener Zweiradgetriebener im A-Finale. Jürgen Stoitzner komplettierte das Waldviertler-Rallycrosswunder mit einem makellosen Start-Ziel Sieg vor Pavel Korcak (Lancia Delta Integrale Evo3) und Jürgen Weiss.

    Wie hatte doch Stoitzner in seiner Vorschau auf Motorline.cc geschrieben?

    „Erfahrungen sammeln und für einige Aha-Effekte sorgen“ – Das dürfte ihm problemlos gelungen sein!
    „Ich muss mich erst an das enorme Leistungspotenzial des Audi S2 gewöhnen“ – Den Eindruck hatte ich nicht!

    „Ich muss mich auch an den Kampf Mann-Gegen-Mann gewöhnen“ – Das kommt erst noch, denn in Sedlcany war er dafür zu überlegen!

    „Im Laufe der Saison erwarte ich mir aber schon den einen oder anderen Podiumsplatz“ – Aha, Jürgen wohin willst du, beim Einser ist das Stockerl aus!

    Die Analyse seiner eigenen Vorschau soll zum Schmunzeln anregen, denn Jürgen Stoitzner hat bei seiner Rallycross-Premiere eine fehlerfreie Performance abgelegt und wir warten gespannt womit uns der 29jährige Waldviertler im Laufe der Saison noch überraschen wird. Erwähnenswert ist auch noch sein Fanclub, denn diese Heerscharen hat es seit den Zeiten eines Herbert Breitender nicht mehr gegeben. Die Gegend um Bärnkopf war an diesem Sonntag wohl ziemlich ausgestorben...

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