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Überraschung!

2,5-Tonnen-SUV mit einem 6,2-Liter-V8 und den Fahrleistungen eines Supersportwagens: der 700 PS starke Jeep Grand Cherokee Trackhawk.

Jürgen Zöllter/mid

Linker Fuß auf der Bremse, der rechte gibt Vollgas, dann das Bremspedal schnalzen lassen. Vier Pirelli P-Zero 20-Zoll-Walzen beißen in den Asphalt, ein tieffrequentes Stakkato intoniert unseren Launch-Start, der die Erde beben lässt.

Die Wucht des Vortriebs komprimiert den Bauchspeck, die Fliehkraft drückt uns in die Sitze. Nur einmal wechselt das Achtstufen-Getriebe den Gang, die Fahrdynamikregelung verteilt Motorkraft entlang der Traktionsgrenze und springt ab 40 km/h in den Race Modus. Doch davon merken wir nichts und schießen über die 100-km/h-Marke hinaus, es sind nur 3,7 Sekunden vergangen.

Wer glaubt, wir treiben einen Sportwagen über die Rennstrecke, der irrt! Aus hoher Sitzposition blicken wir übers Verkehrsgeschehen, in Schalensitzen für guten Seitenhalt. Unter uns das Fahrwerk eines 2.433 Kilo schweren Geländewagens. Vorn atmet ein 6,2-Liter-V8-Triebwerk unüberhörbar. Eine Verbrennungsmaschine, die Autoliebhabern ob ihrer gewaltigen Kraftentfaltung ungewöhnlichen Respekt abringt - weit über ihre mechanischen Qualitäten hinaus. Man glaubt, in ihr animalische Züge zu erkennen und personifiziert sie als "Hellcat Engine", als Katze mit Höllenkraft.

Wesentlichen Anteil am diabolischen Charakter trägt ein riesiger Kompressor. Er hilft, bis zu 700 PS bei 6.000 Touren aufzubauen. Wir beschleunigen das stärkste Serien-SUV der Welt, ein Monster, das im Zeitalter aufkeimender Elektromobilität noch einmal zeigen möchte, wo der Hammer hängt.

Die Jungs des Chrysler SRT-Teams pflanzen das heiße Herz des Dodge Charger und Challenger in einen Jeep Grand Cherokee und etikettieren das Renn-SUV als "Trackhawk". Und wie sein Name verkündet: Der "Rennstrecken-Falke" entpuppt sich als Kurvenräuber. Ökofreaks greifen sich schon beim Gedanken daran an den Kopf. Und in der Tat ist der Trackhawk eines der unvernünftigsten Autos der Welt. Doch zugleich auch eines mit dem größten Überraschungspotenzial. Eine Option, die wichtigstes Kaufargument sein dürfte.

Der Trackhawk überrascht weniger auf dem Supermarkt-Parkplatz, wo er sich optisch von anderen Grand Cherokee nur durch wenige Modifikationen unterscheidet. Etwa durch den zentralen Lufteinlass im Frontspoiler zur Anströmung des Kompressors sowie zwei Einlässe anstelle von Nebelleuchten zur Anströmung von Wasser- und Ölkühler. Allein die Anströmer zum Kompressor sind für 30.000 Liter Atemluft in der Minute dimensioniert. Die gewaltigen zwei Auslässe auf der Motorhaube sind kaum zu sehen. Auch Auch die moderaten Radhausverbreiterungen und der dezente Trackhawk-Schriftzug an den Flanken stechen kaum ins Auge, eher schon die gelben Sättel der Sechs-Kolben-Bremsanlage von Brembo. Begehrlichkeit weckt der Trackhawk weniger durch auffällige Bekleidung, sondern eher als Understatement-Fahrmaschine.

Wenngleich der Fahrgastraum üppig mit Leder ausgeschlagen ist und Ziernähte wie Aluminium- und Kohlefaser-Applikationen zur Schau stellt, gleicht er mehr einem Fitnesscenter als einer heimeligen Wohnstube.

Hinterm unten abgeflachten Dreispeichen-Multifunktionslenkrad liegt ein 7-Zoll Display mit zentralem Drehzahlmesser, daneben links ein Halbschalen-Tacho und Anzeigen für Wassertemperatur und Treibstofftank rechts. Zwischen Luftauslässen im Armaturenträger ist ein neuer 8,4-Zoll großer Touchscreen-Bildschirm als Steuereinheit des Infotainmentsystems platziert.

Ein "Powermeter" zeigt die aktuell abgerufenen Pferdestärken und das verfügbare Drehmoment an. Apple CarPlay und Android Auto zur Anbindung von Smartphones sowie die Siri-Sprachsteuerung folgenden dem zeitgeistigen Bedürfnis. Das Hellcat-Triebwerk erweckt der Fahrer über einen Starterknopf zum Leben.

Hinter dem imposanten Hebel für die Achtstufenautomatik ist der Drehschalter zur Fahrdynamik-Regelung "Selec-Track" untergebracht. Hinterlegt sind fünf Programme. Für den alltäglichen Gebrauch empfiehlt sich "Auto", das Getriebe portioniert dann in relativ schmale Drehzahlbereiche und wechselt die Stufen sehr komfortabel.

Nur bei raschen Überholvorgängen gilt es, über Schaltflügel einzugreifen, um das System zu übersteuern und bis zu 868 Newtonmeter Drehmoment bei 4.800 Touren abzurufen. Die Kraftverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse liegt bei 40:60 Prozent.

Im "Sport"-Modus erfolgen die Gangwechsel 50 Prozent schneller, begleitet von etwas härteren Übergängen. Eine spürbar spitzere Lenkung sowie die schärfere Gasannahme erlauben mehr Agilität. Auch die Federwege sind verkürzt, was in rasch durcheilten Kurven zu weniger Seitenneigung der Karosserie führt.

Und letztlich erhöht die noch deutlicher heckbetonte Kraftverteilung (vorn/hinten 35:65 Prozent) des Allradsystems die Kurvenwilligkeit des Trackhawk, zumal die Stabilitätskontrolle dem Fahrer mehr Freiheit lässt. Ambitionierten Fahrern liegt der Renn-Jeep jetzt willig zur Hand.

Dass ein 1,72 Meter hoch bauender und nahezu 2,5 Tonnen schwerer Athlet kein Kurvenfeger sein kann, ist der Fahrphysik geschuldet. Doch was der Trackhawk im Modus "Track" auf der Rennstrecke vollführt, kann nur als "Kapriolen" umschrieben werden. Wer aus dem Stand voll beschleunigt, radiert mit Pirelli-Reifen schwarze Streifen auf den Asphalt.

Effektiver setzt die Launch Control die enorme Motorkraft in Vortrieb um. Dem Flug über die Gerade folgt das Einbremsen vor der Kurve, das vor dem Einklenken abgeschlossen sein sollte. Denn anders als einen Sportwagen mit niedrigem Schwerpunkt, zwingt man den Trackhawk besser mit weniger Tempo in Kurven, um seine Neigung zum Untersteuern zu entschärfen.

Stattdessen schon vor dem Scheitelpunkt wieder aufs Gas steigen und entschlossen einlenken. Dabei unterstützt das nach außen drängende Heck des Trackhawk, während das PS-Monster weit zum Außenrand der Kurve treibt.

Möglich macht diese erstaunliche Agilität eine Lenkung, die in ihrer Präzision an die der Platzhirsche im SUV-Segment aus Zuffenhausen und München reicht. Natürlich schaltet der Pilot im "Track"-Modus über Lenkrad-Paddles selbst, und Schaltvorgänge erfolgen 68 Prozent schneller als im "Auto"-Mode, begleitet von harten Schlägen im Getriebe.

Die nochmals auf 30:70 Prozent (vorn/hinten) verschobene Kraftverteilung reduziert die Antriebseinflüsse an der Vorderachse merklich und hebt die Tendenz zu leichtem Übersteuern. Die darüber hinaus verfügbaren "Tow"- und "Snow"-Modi spielen für die dynamischen Charaktereigenschaften zwar keine Rolle, sind jedoch ein Hinweis auf die Alltagstauglichkeit des Jeep-Athleten. Auf eine Geländeuntersetzung des Getriebes verzichteten die Entwickler.

Über die Sinnhaftigkeit eines hochdynamischen SUV soll hier nicht gerichtet werden. Wer allerdings die noch immer rasant zunehmende Beliebtheit dieser Fahrzeug-Kategorie als Erscheinung unserer Zeit begreift, sollte den Wunsch einiger (weniger) Kunden respektieren, die neben den vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten eines SUV auch eine Topversion mit Muskelpaketen schätzen.

Wie viele Jeep-Kunden die mit dem (in Deutschland) relativ niedrigen Preis von 120.000 Euro verbundenen Kompromisse akzeptieren, wird sich zeigen. Aus Kostengründen verzichtet der Trackhawk auf eine fein justierbare Luftfederung und dauerhaltbare Keramikbremsen. Auch auf Treibstoff sparende Maßnahmen wie das "Segeln" im Schubbetrieb verzichten die Jeep-Entwickler.

Immerhin ist die in den USA weitgehend unbeliebte Start-Stopp Funktion an Bord. Für den US-amerikanischem Markt gibt Jeep einen Durchschnittsverbrauch von 21 Liter auf 100 Kilometer im Stadtverkehr und 14 Liter fürs Fahren auf Schnellstrassen an. Deshalb verfügt der Jeep Trackhawk auch über einen 93,1-Liter-Tank - und ein Überraschungspotenzial in der breiten Öffentlichkeit, die den Jeep Grand Cherokee bislang nur als reisetauglichen Geländegänger sah.

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