RALLYE

  • Motorline auf Facebook
  • Motorline auf Twitter
Mongol Rally

Überlegener Sieg für Team Austria

Viel zu früh: Stelzmüller & Brandstetter erreichen nach 10.000 Kilometern als erste das Ziel in Ulan Bator, lang vor der Konkurrenz.

Das Team Austria mit Wolfgang Stelzmüller und Gerry Brandstetter steht bei der Mongol Rally als Sieger fest. Nach mehr als 10.000 Kilometern und – vom Start in Mailand aus gerechnet – elf Tagen erreichten die Niederösterreicher mit ihrem Renault Modus Donnerstag Nacht als erstes Team die mongolische Hauptstadt Ulan Bator.

Dabei hätten die beiden Rallye-Veteranen sogar noch früher jubeln können – doch eine zweitägige Wartezeit an der mongolischen Nordgrenze verhinderte dies. Wolfgang Stelzmüller nach der Ankunft in Ulan Bator:

„Wir sind erschöpft, aber überglücklich, dass wir es geschafft haben, denn bei der Mongol Rally geht es vor allem ums Durchkommen. Dass wir nun auch noch Erste sind, ist umso schöner. Natürlich geht es bei der Mongol Rally vor allem um den guten Zweck – in unserem Fall um die Versteigerung des Autos zugunsten der Christina Noble Foundation in Ulan Bator – doch als Rallyefahrer kann man halt nicht aus seiner Haut. Da will man immer erster sein.“

Zu früh!

Und die beiden Österreicher schlugen die Konkurrenz um Längen. Am Freitag Vormittag, als Stelzmüller und Brandstetter bereits ihre erste Nacht im Hotel in Ulan Bator verbracht hatten, war noch immer kein anderer Teilnehmer der Mongol Rally in Sichtweite.

Sogar die Veranstalter waren verblüfft. Hatten sie doch nicht vor dem Wochenende mit den ersten Teams gerechnet. Was sich auch darin zeigte, dass die Zielrampe, die den Sieger eigentlich hätte Willkommen heißen sollen, noch gar nicht aufgebaut ist.

Die Story

Begonnen hat das Abenteuer Mongol Rally für den 60-jährigen Wolfgang Stelzmüller und den zehn Jahre älteren Gerald „Gerry“ Brandstetter am 19. Juli in Mailand. Von dort ging es nach Pilsen, wo am Tag darauf eine große, feucht-fröhliche Checkout-Party für über 300 aus UK und Spanien dazugestossene Teilnehmer auf Schloss Klenova stattfand.

Ab Dienstag, 21. Juli, hieß es dann: Freie Fahrt. Denn jedes Team konnte ab nun seine eigene Route wählen. Das Team Austria hatte sich für den nördlichen Weg entschieden, der über Moskau, Nižnij Novgorod, Ufa, Celjabinsk, Omsk, Novosibirsk und Irkutsk an die mongolische Nordgrenze führen sollte – von wo aus es nur noch ca. 300 Kilometer bis Ulan Bator sind.

„Bis Moskau ging alles glatt, da sind die Straßen ja auch gut ausgebaut. Danach begann der Kampf gegen faustgroße, spitze Schottersteine und kraterartige Schlaglöcher. Und es wurde täglich schlimmer. Als wäre das noch nicht genug, begleiteten uns von Nižnij Novgorod bis zum Ural auch noch monsunartige Regenfälle, die blitzartig die Straße überfluteten. Wir mussten nicht nur einmal für eine Stunde stehenbleiben und das Ärgste abwarten“, erinnert sich Gerry Brandstetter.

Lasterhaftes Leben

Die erste Geduldsprobe stellte dann die Überquerung des Ural dar. Laster reihte sich an Laster und es gab kein Vorbeikommen. Jedenfalls kein legales. Bis es Stelzmüller und Brandstetter zu bunt wurde. Sie lenkten ihren Renault Modus einfach rechts an der Kolonne vorbei – auch wenn sie dabei Schotter schlucken mussten.

Überraschenderweise mussten die beiden gerade bei dieser Aktion keine Strafe zahlen, obwohl sonst ein täglicher Obolus an die amtshandelnden Behörden bald Usus wurde: „Manchmal waren die Strafen wegen Schnellfahrens oder verbotenem Überholen ja gerechtfertigt. Aber meistens hatten wir keine Ahnung, warum man uns anhielt. Im Endeffekt erhielten dann doch immer kleine Geschenke die Freundschaft“, schmunzelt Wolfgang Stelzmüller.

Und fügt hinzu: „Bei Benzinpreisen von 50 Cent pro Liter kann man schon einmal eine kleine zusätzliche Abgabe entrichten.“

Ein-Stern-Deluxe

Auch die Unterkünfte waren mit ca. 5 Euro pro Nacht preisgünstig – sahen allerdings dementsprechend aus. Bad und WC am Gang in einem Raum, Fliegen und Flöhe inklusive. Dies war jedoch nichts im Vergleich zu den Verhältnissen ab Novosibirsk.

Zum einen fuhren die beiden Österreicher ab da durch das tiefste Sibirien, das tatsächlich dem Klischee entspricht: kilometerlange, schnurgerade Straßen durch flaches Land, wo man Anzeichen einer menschlichen Siedlung vergeblich sucht. E

in Autoschaden wäre hier fatal gewesen. Ausserdem, so Gerry Brandstetter: „Wir bekamen schön langsam Angst, dass wir das Kurvenfahren noch ganz verlernen würden.“

Zum anderen erwiesen sich die Straßen teilweise als beinahe unfahrbar. Spitzer Schotter, Schlamm und Schlaglöcher ließen nur „Spitzengeschwindigkeiten“ von 20 km/h zu.

Manchmal musste sogar einer der beiden austeigen, um nachzusehen, ob man nicht aufgesessen war. Hier erwies sich das Schutzblech, das Rolf Schmidt von Schmidt-Tuning an der Unterseite angebracht hatte, als Autoretter – selbst wenn es den Renault Modus um 20 Kilo schwerer machte.

Kafka, schau obe!

Die größte Geduldsprobe stand Wolfgang Stelzmüller (Sieger der Panamericana 2004) und Gerry Brandstetter (Sieger der Rallye des Alpes 2001) aber noch bevor. Da sie – aus Sicht des Veranstalters – zu schnell unterwegs waren, lag an der mongolischen Nordgrenze noch kein Permit zur Einreise vor.

Ausserdem fehlte eine Garantieerklärung für den Renault Modus, da normalerweise für jedes eingeführte Auto eine Kaution hinterlegt werden muss – was im Fall der Mongol Rally aber keinen Sinn macht, da das Auto in Ulan Bator zugunsten der Christina Noble Foundation, die Kinder in Notsituationen unterstützt, versteigert wird.

Beinahe zwei Tage dauerten letzendlich die kafkaesken Verhandlungen am Grenzposten. Hauptproblem dabei aus Sicht des Team Austria: zwischen der russischen und der mongolischen Grenze befindet sich ein 4 km langer Streifen „Niemandsland“.

Wer also aus Russland ausreist, aber nicht in die Mongolei hineinkommt, ist dort gefangen – und das oft tagelang, bis die Situation geklärt ist. Nach dutzenden Telefonaten und SMS schien sich der Grenzbalken schließlich doch noch zu heben.

Doch, so Wolfgang Stelzmüller: „Als wir am letzten Checkpoint ankamen, baute sich eine neue Hürde vor uns auf. Es fehlte uns ein ominöser weißer Zettel – kein Ahnung, wozu der gut sein sollte. Zu diesem Zeitpunkt schlug die Uhr bereits dreiviertel Sieben. Und um 19 Uhr sperrt die Grenze definitiv zu. Wir also – gegen die Einbahn – zurück zum Hauptposten, Zettel (mit drei Stempeln!) geholt und mit Karacho erneut zum letzten Checkpoint. Erst dann tat sich für uns die wunderbare Weite der Mongolei endlich auf.“

Endspurt

Von da an waren es nur noch knapp 300 Kilometer bis Ulan Bator – auf einer überraschend gut ausgebauten Straße, denn von gut 50.000 Kilometer Verkehrsnetz in der Mongolei sind nur 1.900 Kilometer auch asphaltiert.

Gleichzeitig gilt diese Straße aber gerade wegen ihres guten Zustands als gefährlichste der Mongolei, denn die Mongolen fahren Insiderberichten so, wie sie reiten: wilder als wild.

Doch das Team Austria mit Wolfgang Stelzmüller und Gerry Brandstetter im Renault Modus bewältigte auch den letzten Abschnitt sicher und erreichte um 23.30 lokaler Zeit das „rettende“ Ortsschild von Ulan Bator.

„Als wir im Hotel ankamen, sah unser Auto präsentabler aus als wir. Eine schöne warme Dusche hat das aber schnell geändert. Und jetzt werden wir erst einmal relaxen – und darauf warten, dass die anderen Teams eintreffen und die Zielrampe aufgebaut wird“, freuen sich die beiden Rally-Cracks auf etwas Ruhe nach dem Sturm.

News aus anderen Motorline-Channels:

Mongol Rally

Weitere Artikel:

Lavanttal-Rallye: Bericht ARC

Dirnberger und Maier teilen sich den ARC-Sieg

Titelverteidiger Lukas Dirnberger und sein Herausforderer Max Maier holen beim Saisonauftakt im Lavanttal je 40 Punkte. Großartiges Debüt der Lavanttal-Rallye als selektiver Saisonauftakt der Austrian Rallye Challenge 2025.

Lavanttal-Rallye: Rallye Radio

TEC7 ORM Lavanttal Rallye Radio: Einstiegszeiten

Michael Noir Trawniczek ist auch bei der 47. LASERHERO Lavanttal-Rallye powered by Dohr Wolfsberg 2025 wieder auf „Stimmenfang“ unterwegs. Die Einstiegszeiten.

KI-Kameras für mehr Sicherheit

So werden Zuschauer in Sperrzonen erkannt

Die FIA hat bei der Rallye-Europameisterschaft ein neues KI-Kamerasystem getestet, das Zuschauer in Sperrzonen identifizieren soll, um die Sicherheit zu erhöhen

Alpenfahrt Revival 2025

Der Rallyeklassiker rückt näher

Noch vier Wochen trennen uns vom Start des heurigen Alpenfahrt Revival - bis jetzt haben bereits 50 Teams ihre Nennung für 16-18. Mai 2025 abgegeben