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Beppo Harrach im ausführlichen motorline.cc-Interview

Beppo Harrach spricht Klartext: Über den VW-Protest, den Formalfehler, Gerüchte bezüglich „Tricksereien“ mit dem Restriktor und 2011.

Michael Noir Trawniczek
Fotos: Marcus Kaspar / excessive.at

Lange musste er wegen des laufenden Verfahrens schweigen – jetzt, nach dem Urteil [siehe Navigation oben rechts, d. Red] spricht Beppo Harrach offen und ausführlich über das Urteil, den Formalfehler, Gerüchte bezüglich Restriktortausch während der Rallye und verrät, wie es 2011 weitergeht.

Beppo, in dem Urteil steht eindeutig, dass dein Auto keinen Wettbewerbsvorteil hatte, was einerseits ja sehr erfreulich ist. Andererseits ist der Vizemeistertitel aufgrund des Formalfehlers mit der Benzinpumpe weg – fühlt man sich als Fahrer dann um diesen Titel betrogen?

Erfahren hätten wir ihn, ja. Aber Gesetz ist Gesetz, was soll man machen? Es ist in dem Fall eine Formalie, die uns zum Stolperstein wurde – das muss man aber trotzdem hinnehmen.

Und die Herrschaften, die jetzt Vizemeister geworden sind, haben diesen Titel sicher nicht auf der Strecke heraus gefahren. Also ich zumindest wäre an umgekehrter Stelle nicht sehr stolz auf diesen Vizemeistertitel.

Hast du eigentlich während der Untersuchung gezittert, dass es tatsächlich einen Regelbruch mit Wettbewerbsvorteil an deinem Auto geben könnte oder warst du von Beginn an sicher, dass dein Auto legal beziehungsweise ohne Wettbewerbsvorteil ist?

Dass unser Auto legal ist, da war ich mir sicher. Ich habe schon die Rallyes vorher meinen Mechanikern gesagt: ‚Wir haben ein gebrauchtes Auto gekauft – bitte, bitte schaut das ganze Auto durch, es muss alles raus, was auch nur irgendwie ein Problem sein könnte. Ihr müsst schauen, dass mein Auto legal ist!’

Und ich vertraue meinen Mechanikern, denn sonst würde ich auch nicht mit diesem Auto mit über 200 km/h durch den Wald fahren, und unser Auto geht 217 km/h Spitze. Das könnte ich nicht, wenn ich meinen Mechanikern nicht vertrauen würde.

Was ich nicht wissen konnte, hängt mit den Schwierigkeiten der Gruppe N zusammen. Genau das ist im Endeffekt passiert, es war ein Formalfehler. Das ist in der Gruppe N der häufigste Ausschlussgrund, das muss man ganz ehrlich sagen. Ich kann mich erinnern: Anfang der Neunzigerjahre mussten Gruppe N-Autos die Seriengurte mitführen – und einer ist nicht Gruppe N-Staatsmeister geworden, weil er den Seriengurt nicht im Auto mit hatte. Nur damit man sieht, welche Stilblüten es bereits in der Gruppe N gegeben hat.

Das mit der Benzinpumpe ist in etwa das Gleiche. Es ist ein Nachbauprodukt, absolut gleich wie das Serienprodukt - aber weil es ein Nachbauprodukt ist, sind wir jetzt draußen.

Das war das einzige, wo wir gezittert und gesagt haben: ‚Naja, ob der ganze Gruppe N-Scheiß (unter Anführungszeichen) passt, dafür kann man nicht die Hand ins Feuer legen.’ Genau das ist passiert.

Ich kann aber meinen Jungs keinen Vorwurf machen – denn in Ungarn ist diese Pumpe legal. Sie sind zu hundert Prozent davon ausgegangen, dass diese Pumpe legal ist und waren völlig überrascht, als die OSK-Techniker sich um diese Pumpe gekümmert haben.

Unser Cheftechniker war perplex und hat gefragt: ‚Was machen die mit der Pumpe? Die ist legal!’ Das war für ihn völlig unverständlich und es war für ihn umso härter, dass unser Auto deshalb nicht durchgekommen ist.

Auf der anderen Seite ist es wie du sagst so: Man sieht, dass unser Auto keinen Wettbewerbsvorteil hatte, in allen anderen Punkten haben wir dem Reglement entsprochen und alles was es da an Gerüchten gegeben hat, war völliger Schwachsinn.

Es gibt aber noch andere, weitere Gerüchte: Dass man den Restriktor, also den Luftmengenbegrenzer tauschen kann, nach der Prüfung und vor der Prüfung. Was sagst du zu diesen Gerüchten?

Das können nur Leute sagen, die leider keine Ahnung haben. So einfach ist das nicht! Der Restriktor wurde während der Rallye drei Mal kontrolliert. Während der Rallye wurde mein Auto auseinander genommen, es wurde mir der Turboschlauch runter genommen und es wurde die Restriktorgröße kontrolliert. Mit einer Messlehre.

Also so einfach, wie sich die Leute das vorstellen: ‚Da machen wir mal ganz kurz den Restriktor größer!’ – so funktioniert das nicht! Der Restriktor ist verplombt und hat zusätzlich einen Farbcode.

Das heißt: Der Technische Kommissär nimmt einen Farbstift und schreibt auf den Restriktor etwas drauf. Und das wird während der Veranstaltung auch kontrolliert. Der geht mit einer Taschenlampe hin und schaut: Punkt 1: Ist meine Markierung drauf? Punkt 2: Ist meine Plombe drauf? Punkt 3: Er fährt mir hinein mit dem Dummy und schaut, ob die Größe passt. Und das hat er drei Mal während der Rallye getan.

Und: Mein Restriktor, der ja nur ein Teil ist, sondern mein gesamter Turbolader wurde nach der Veranstaltung komplett zerlegt, in alle Einzelteile. Das heißt: Die einzige Möglichkeit, die es noch geben würde, wäre, dass du einen zweiteiligen Restriktor baust und diesen verdrehst, dann hättest du auch mehr Luftdurchlass, doch das würden die Techniker sofort erkennen, weil der Restriktor aus einem Stück gebaut sein muss.

Es ist auch nicht möglich gewesen, beim Restriktor sonst irgendwas zu tricksen, sonst hätte man es bei der Schlussabnahme gesehen. Außerdem: Beim Schlussservice der Waldviertel-Rallye stand beinahe die ganze Zeit über ein OSK-Kommissar bei uns. Und: Wenn du den Turbolader tauschen willst, brauchst du dafür länger als 15 Minuten.

Also jeder, der diese Gerüchte in Umlauf bringt, hat technisch keine Ahnung.

Anderes Thema: Wie haben eigentlich deine Sponsoren DiTech und Caramba in der langen Untersuchungsphase reagiert?

Sowohl DiTech als auch Caramba waren nicht glücklich mit der Art und Weise, wie in diesem Sport miteinander umgegangen wird. Beide Sponsoren sind hinter uns gestanden und haben uns Mut gemacht.

Trotzdem waren sie nicht glücklich. Und man muss auch klipp und klar sagen: Das ist schon ein Punkt, wo sie sich überlegen, ob es Sinn macht, in so einen Sport zu investieren.

Wenn zwei neue Sponsoren solche Überlegungen ziehen – dann hat diese Untersuchung deiner Meinung nach auch dem gesamten Sport geschadet?

Definitiv! Vor allem die Vorverurteilungen waren enorm! Wie kann ich eine Presseaussendung rausschicken und behaupten, das gegnerische Auto sei sowieso link? Das geht einfach nicht!

Das ist einfach nicht drinnen, da muss man sich ein bisschen etwas überlegen. Man kann sagen: ‚Ich will da reinschauen!’ - dann ist das okay. Wenn er sagt: ‚Ich glaube das nicht, dass er die Zeiten fahren kann!’ Aber sonst muss ich mich bedeckt halten – so eine pauschale Vorverurteilung ist nicht in Ordnung. So macht man den Sport kaputt.

Musst du jetzt zittern um eine Vertragsverlängerung mit deinen Sponsoren?

Nein. Das ist alles schon unter Dach und Fach.

Also geht es weiter?

Ja.

Das Dramatische ist, und das hat auch der Berufungsrichter gesagt: Ein Protest in diesem Umfang ist eigentlich so etwas wie die Nadel im Heuhaufen suchen oder mit einem Schrottgewehr auf ein Auto schießen, aus hundert Metern Entfernung, und hoffen, dass wenigstens eine Kugel trifft.

Und da hat auch der Berufungsrichter gesagt: ‚So ein Protest gehört in Zukunft unterbunden.’ Es ist eigentlich ein Wahnsinn, dass der zugelassen wurde. Er sagt, dass es nicht seine Aufgabe ist, zu beurteilen, ob das richtig ist, dass dieser Protest in dieser Form zugelassen wurde, das war Sache der Sportkommissare.

Aber er sagt auch: ‚Eigentlich hätte der Protest in dieser Form nicht stattfinden dürfen.’ Wie kann es denn sein, dass ich einen Protest in 24 Punkten und 61 Unterpunkten zulasse? Er sagt: ‚Das Mittel des Protestes ist es: Jemand hat einen Verdacht und legt gegen diesen Verdacht Protest ein.’ Zum Beispiel der Restriktor. Dann soll er gegen den Restriktor protestieren! Das ist überhaupt kein Problem, dann soll er das tun.

Aber nicht: ‚Ich weiß nicht was, ich hab das Gefühl das Auto ist link und ich protestiere einfach einmal gegen alles!’ Und da hat der Richter gesagt, das gehört eigentlich unterbunden und er wird auch eine Empfehlung an die OSK ausstellen, dass so ein Protest nie wieder vorkommt.

Wenn das mehrere Leute machen würden – unvorstellbar, wie lange das dann dauern würde…

Richtig, da setzen wir die gesamte Meisterschaft außer Kraft. Wir nehmen die ersten fünf Autos und protestieren uns permanent gegenseitig raus, das wäre eine völlig Farce. Da würde der Sport untergehen, wenn das so weitergehen würde.

Aber dieser Fall ist jetzt abgeschlossen, du fährst im nächsten Jahr weiter. Welches Ziel setzt du dir für 2011?

Den Andi Waldherr schlagen! (lacht).

Im Ernst: Wir haben heuer eine super Saison hingelegt und waren am Ende des Jahres klar die einzigen, die den Raimund Baumschlager fordern konnten und wir werden dort weitermachen, wo wir aufgehört haben.

Letztendlich ist die gesamte Affäre ja ein großes Kompliment für dich als Fahrer, oder?

Absolut. Es ist klar bewiesen, dass wir mit einem legalen Material den Herrn Waldherr geschlagen haben – nur ein Scherz – dass wir den Herrn Baumschlager gefordert haben.

Jetzt liegt es schwarz auf weiß auf dem Tisch und jeder, der etwas anderes behauptet, hat leider keine Ahnung davon, wie die gesamte Untersuchung geführt wurde und offensichtlich auch nicht, wie eine Rallye abläuft. Wie gesagt: So einfach ist das nicht, dass man da herumschraubt am Restriktor und dann läuft die Geschichte.

Dieser Protest war das einzige Mittel für die Konkurrenz, uns noch einzubremsen. Wir haben heuer in letzter Sekunde ein Projekt möglich gemacht und sind das ganze Jahr über eigentlich unserem Zeitplan hinterhergelaufen.

Dementsprechend ist uns der eine oder andere Lapsus passiert, weil wir einfach als Team noch nicht so weit waren. Wir haben ja alles neu gemacht – das ist nicht so einfach, das kommt nicht von heute auf morgen.

Wir haben viel gelernt, wir sind nächstes Jahr sicher stärker – die Konkurrenten haben uns gezeigt, wo wir Schwachstellen haben, wo wir Fehler gemacht haben. Die Freude, diese Fehler zu wiederholen, werden wir der Konkurrenz ganz sicher nicht machen.

Auf Anfrage von motorline.cc erklärte das VW Motorsport Team: „Das VW Motorsport Team Austria nimmt die Entscheidung der OSK zur Kenntnis.“

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