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Audi-Chef Rupert Stadler im Interview

"Haben noch Pfeile im Köcher"

Der schwächelnde Markt China, alternative Antriebe und die Abgas-Affäre: Audi-Chef Rupert Stadler zu Fragen, die die Autobranche bewegen.

Jutta Bernhard/mid

Audi hat ein Rekordjahr hingelegt. 1,8 Millionen verkaufte Autos, rund 85.000 beschäftigte Mitarbeiter, das Unternehmen spielt in der Champions-League der Autobauer. Da passt das Engagement beim FC Bayern ganz trefflich.

Aber der wichtigste Absatzmarkt China schwächelt. Dort hat Audi 2015 570.889 Fahrzeuge verkauft, rund 8.000 weniger als 2014. Wichtige Konkurrenten konnten jedoch zulegen. Zur Lage im Reich der Mitte, der Antriebs-Strategie der Marke und weiteren wichtigen Themen äußert sich Audi-Chef Rupert Stadler im Interview.

Trifft Sie die anhaltende Flaute in Fernost nicht tief? Audi war dort schließlich Platzhirsch.

Stadler: Als Premium-Marktführer in China hatten wir uns zu Beginn des vergangenen Jahres bewusst dafür entschieden, 2015 als Konsolidierungsjahr zu fahren. Auch als die chinesische Wirtschaft zunehmend volatiler wurde und sich eine Wachstumsdelle im Markt abzeichnete, haben wir an unserer Strategie festgehalten und uns auf Kundenzufriedenheit und Profitabilität unseres Geschäfts konzentriert. Damit haben wir auch 2015 ein sehr hohes Absatzniveau erreicht und unsere Position als Nummer eins im Premium-Segment erneut bestätigt.

Aktuell führen wir einen breit angelegten Generationswechsel in unserem chinesischen Portfolio durch, der auch unsere beiden chinesischen Topseller A6L und A4L betrifft. Trotz dieser Übergangsphase sind wir optimistisch und wollen auch 2016 als klarer Premium-Marktführer in China abschließen. Der Start ins neue Jahr ist bereits sehr erfolgreich verlaufen.

Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung des chinesischen Automobil-Marktes ein?

Stadler: Nach den Börsenturbulenzen in 2015 haben Steuervergünstigungen für niedrig motorisierte Automobile den chinesischen Markt wieder stabilisiert. Von diesen Maßnahmen wird das betroffene Segment voraussichtlich auch 2016 profitieren. Wir gehen davon aus, dass der chinesische Gesamt-Automobilmarkt insgesamt ähnlich stark wie das BIP in China wachsen wird. Klar ist aber auch: Zur Marktreifung in China gehört, dass sich volkswirtschaftliche Entwicklungen stärker in Schwankungen der Pkw-Nachfrage niederschlagen als bisher.

SQ7, RS3 Sportback, das sind nur zwei der neuen Leistungsspitzen der Marke. Aber die sind konventionell motorisiert, nicht nachhaltig. Und um das "g-tron"-Projekt, von dem viele Experten, darunter auch wir, einen hoffnungsvollen Wandel in der Antriebs- und Treibstoff-Strategie gesehen haben, ist es eher ruhig geworden. Auch vom Syn-Fuel hört man wenig, wie ist der Stand?

Stadler: Audi ist bei alternativen Antrieben konsequenter und vielfältiger unterwegs als jeder andere Automobilhersteller weltweit. Den A3 g-tron gibt es seit 2014 in unserem Portfolio, er ist ein großer Erfolg. Auf der IAA 2015 haben wir den A4 g-tron vorgestellt - er wird in wenigen Monaten in Serie gehen; der A5 g-tron folgt 2017. Vergessen Sie nicht: Betankt mit dem nachhaltig gewonnenen Audi e-Gas - einem synthetischen Methan - ist ein Audi g-tron CO2-neutral unterwegs.

Mit diesem Modell wollen wir, nicht zuletzt bei Flottenkunden, das Angebot in Sachen nachhaltiger Mobilität deutlich ausweiten. Wir haben zudem auch eine neue Pilotanlage zur biologischen Herstellung dieses Kraftstoffs eingebunden. Und im Rahmen mehrerer internationaler Kooperationen entwickeln wir Methoden zur industriellen Produktion von synthetischen Diesel- und Otto-Kraftstoffen.

Die E-Mobilität tritt auf der Stelle. Vom e-tron ist nichts geblieben als hybridisierte Serienmodelle. Was fehlt, um reine Elektrofahrzeuge attraktiver zu machen? Liegt es an der Technik, an der Infrastruktur oder staatlichen Kaufanreizen?

Stadler: Wir sind überzeugt, dass die Zukunft der Mobilität elektrisch sein wird. Bis wir den Kunden reine E-Modelle mit alltagstauglicher Reichweite anbieten können, setzen wir auf den Plug-in-Hybride. Binnen drei Jahren werden wir unseren Kunden fünf Plug-in-Hybride und ab 2018 den ersten vollelektrischen SUV von Audi anbieten.

Über das Produkt hinaus benötigt die Elektromobilität aber vor allem gezielte Impulse, um den Durchbruch zu schaffen und ihr Potenzial für Energieeffizienz und Emissionsschutz ausschöpfen zu können. Daher haben wir uns für ein gezieltes Maßnahmenpaket ausgesprochen, für den großflächigen Aufbau einer Lade-Infrastruktur, für eine steuerrechtliche Begünstigung des Ladens von E-Autos, für Investitionen in Forschung und Entwicklung und für eine staatliche Kaufprämie. Zu diesem Maßnahmenpaket möchten wir einen eigenen, deutlichen Beitrag erbringen.

Lange haben Sie den Serienstart des Audi e-tron angekündigt. Dann war plötzlich Schluss mit dem Elektro-Sportwagen. Hat Sie das persönlich geschmerzt?

Stadler: Der R8 e-tron ist für uns ein essentielles Entwicklungsprojekt auf dem Weg der Elektromobilität in die Serienreife - bis heute. Er hat gezeigt, dass sich technische Faszination und höchste Fahrdynamik mit einem E-Automobil verbinden lassen. Das erste rein elektrisch angetriebene Serienfahrzeug von Audi wird ein SUV sein - einen Vorgeschmack haben wir mit der Studie e-tron quattro concept gegeben.

Mit einem rein elektrisch angetriebenen Sport-SUV können wir die Stärken unserer Marke perfekt darstellen - neben Dynamik bei Antrieb und Fahrwerk spielen auch der große Komfort und die volle Langstreckentauglichkeit eine wichtige Rolle. Erstmals erzielen wir mit diesem Konzept eine Reichweite von mehr als 500 Kilometer mit nur einer Batterieladung. Schon übernächstes Jahr bringen wir die Serien-Version auf die Straße. Und glauben Sie mir - wir haben noch viele weitere Pfeile im Köcher.

Teil 2 des Interviews mit Rupert Stadler lesen Sie nach Klick auf diesen Link.

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