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Bedarfs-Rennwagen

Mit zwei Polestar-Paketen wird aus einem Volvo V60 T6 ein renntaugliches Safety Car – wir haben die 310 PS starke Kombi-Rakete gezündet.

Text: Michael Noir Trawniczek
Fotos: Michael Noir Trawniczek (1), Volvo

Seit einigen Jahren versorgt Volvo Cars Austria Österreichs Aushängeschild im historischen Motorsport, den europaweit abgehaltenen Histo-Cup mit einem aktuellen Top-Athleten aus dem Fundus der als „Sicherheitspäpste“ bekannten Schweden - den V60 T6 -, um ihn als Safety Car einzusetzen.

Ein solches hat im Motorsport die schwierige Aufgabe, in neutralisierten Phasen des Rennens, in sogenannten Safety Car-Phasen, etwa wenn nach Unfällen Trümmer auf der Strecke liegen, diese geräumt werden muss und ähnliches, das Feld einzusammeln und für „Zucht und Ordnung“ zu sorgen.

Klingt einfach – doch dazu muss das Safety Car zwei Dinge vereinen: Es muss vom Speed her in der Lage sein, die historischen Renngeschoße anzuführen – denn im Tempo der Straßenverkehrsordnung würde so manches legendäre Renngerät auf tragische Art und Weise auf der Strecke verenden, das sogenannte „Vergaserruckeln“ sei als Beispiel angemerkt.

Prinzipiell müssen die meisten Rennautos, allein aus Gründen der Kühlung, mit einer gewissen Mindestgeschwindigkeit gefahren werden. Zugleich muss das Safety Car sicher auf der Strecke liegen – nichts ist peinlicher als ein Safety Car, das von der Strecke rutscht.

Noch dazu, wenn die Rennen live in Fernsehen oder Internet übertragen werden – wie das bei der FIA Tourenwagen-Weltmeisterschaft (WTCC) der Fall ist, die ebenfalls einen Volvo V60 als Safety Car einsetzt, jedoch direkt von der Volvo Car Group.

Doch nicht nur auf der Rundstrecke wird der „Schwedenstahl“ gern als Safety Car eingesetzt – auch die Veranstalter der Austrian Rallye Legends schwören seit ihrer Premiere auf den schwedischen Automobilhersteller - dort wird genau jener Wagen eingesetzt, den Volvo Cars Austria für die jeweilige Histo Cup-Saison auserkoren hat. Im Rallyesport sind es die unvorhersehbaren Streckenbedingungen, die auch im zügigen Tempo keinesfalls zu „bad moments“ führen sollten.

Polestar als Tuning-Paket

Unser Testwagen, jener Kombi V60, der in der abgelaufenen Saison von Volvo Cars Austria im Histo-Cup und bei den Austrian Rallye Legends als Safety Car eingesetzt wurde, ist ein Volvo V60 T60 AWD Geartronic Summum. Er ist, wie auch das Schwesternauto, die S60 T6-Limousine, mit dem herkömmlichen T6-Motor ausgestattet – ein Zweiliter-Vierzylinder-Turbomotor, der 306 PS leistet und zwischen 2.100 und 4.800 U/min ein maximales Drehmoment von 400 Nm abgibt.

In unserem Safety Car jedoch wurden zwei Polestar-Pakete eingesetzt: Ein Chiptuning frisiert den Motor auf 310 PS, das Drehmoment beträgt nun 430 Nm – eine Steigerung, die höchstens Vollprofis wirklich zu spüren vermögen, mit 1.200 Euro bleibt man aber auch finanziell im Rahmen.

Etwas tiefer muss man in die Geldbörse greifen, möchte man seinen privaten V60 T6 auf jenes Niveau bringen, auf dem 2016 das Safety Car des Histo-Cups fuhr: Exakt 10.800 Euro kostet die Montage einer modifizierten Auspuffanlage, eines neuen Heckdiffusors, eines neuen Luftfilters, neue Stoßdämpfer und Federn, das Hinzufügen von Spoilern und Schwellern und die Montage neuer 19 Zoll-Leichtmetallräder.

Der solchermaßen frisierte V60 spricht jetzt alle Sinne an. Das Auge fährt bekanntlich mit, und so ist es für Volvo Cars Austria eine Selbstverständlichkeit, den jedes Jahr neu eingesetzten Wagen stets mit einer knalligen, leicht modifizierten Folierung zu versehen. Das Blau der 2016er-Variante wurde etwas dunkler gehalten als jenes der Vorgängermodelle.

Optisch ist der V60 ohnehin eine Augenweide: Das Design überzeugt mit einer elegant-sportlichen Linienführung - dass der V60 eigentlich die „Kombi“-Variante des S60 ist, wird einem überhaupt nicht bewusst, obwohl er in puncto Ladevolumen (430 bis 1.241 Liter) sämtliche Vorteile eines Kombinationskraftwagens innehat.

Blickt man ins Fahrzeuginnere, wird man von einer Ästhetik übermannt, die ihresgleichen sucht. Wobei: V60- oder auch S60-Besitzer, die sich hier über Tuning-Möglichkeiten via Polestar-Pakete informieren möchten, wird man kaum von der eigenständig-coolen Ästhetik Marke Volvo überzeugen müssen.

Es ist ein Mix aus einer spartanisch anmutenden Racing-Anordnung und einer graziös-verspielten Eleganz, die mit der Steuereinheit in der frei stehenden Mittelkonsole ihren Höhepunkt findet. Allein die Steuereinheit der Klimaanlage hat einen Charme, den manch andere Hersteller über Generationen hinweg nicht hervorbringen konnten.

Die Kombination aus Vintage-Telefonwahltasten und dem stilisierten Fahrgast als Tasten allein würde sämtliche Design-Auszeichnungen dieser Welt verdienen. Dazu gesellen sich der hyper-elegante Schalthebel der Achtgang-Automatik, die wunderbar verarbeiteten, auch auf längeren Reisen bequemen Rennledersitze, der elegante Tacho – lediglich das Display des Navigations- respektive Multimediasystems könnte etwas größer sein.

Brachial & gutmütig

Zündet man den polestar-veredelten Volvo V60 T6 AWD Geartronic Summum, freut sich das Ohr: Zunächst einmal ob der wunderbaren Harman/Kardon-Soundanlage – gibt man schließlich ein wenig Gas, erklingt ein Motorensound, der einen dazu bewegt, die Musik wieder etwas leiser zu drehen oder gar abzuschalten.

Als Überbringer des Safety Cars zu den Austrian Rallye Legends nimmt man selbstverständlich die Route über Admont, über das Gesäuse, die wunderbaren Bergstraßen…

Hier kann man ohne großes Aufsehen in den Sportmodus wechseln, sogleich erscheint der Tacho giftig rot umrandet, jetzt wird nicht nur der Motorensound brachial. Wenn man binnen 5,9 Sekunden von 0 auf 100 km/h sprinten darf, es einen dabei leicht in den Sitz drückt, erfreut man sich der grenzenlosen Freiheit des automobilen Daseins.

Zwar darf und kann man die Höchstgeschwindigkeit in dieser Gegend (wie ohnehin in ganz Österreich) nicht ausloten, diese wird bei 250 km/h elektronisch abgeriegelt. Dafür kann man sehr gut nachvollziehen, warum der V60 dermaßen beliebt als Safety Car ist. Denn er ist nicht nur brachial, sondern zugleich auch ganz besonders gutmütig.

Okay, in Haarnadelkurven neigt er ein wenig zum Untersteuern, er schiebt also über die Vorderachse - in schnellen, langgezogenen Kurven jedoch liegt er wie auf Schienen. Dafür zeichnet mit Sicherheit das größere der beiden Polestar-Pakete verantwortlich. Das optimierte Fahrwerk macht aus dem V60 ein Bedarfs-Rennauto.

Denn im normalen Modus kann man den V60 mit Polestar-Paketen sogar zum Abholen der Großmutter, so man eine hat, verwenden – man kann damit tatsächlich so fahren, dass die betagte Oma niemals auf die Idee kommen würde, dass sie in einem Rennboliden sitzt. Doch ein Switch genügt, und schon röhrt der Elch…

Reinrassiger Polestar

Während Volvo Cars Austria den V60 für die Saison 2016 vorbereitet hat, wurde im Hause Polestar bereits der nächste Schritt getätigt. Der schwedische Edeltuner arbeitet seit 1996 exklusiv mit Volvo zusammen, damals wurde die schwedische Tourenwagenmeisterschaft gegründet, in der ein Volvo 850 eingesetzt wurde. Polestar betont immer wieder, dass man mehr sei als eine Tuningschmiede: „Unsere Motoren werden auf der Rennstrecke geboren!“

Und so hat die oben erwähnte Tourenwagen-Weltmeisterschaft heuer ab April bereits den neuen Volvo V60 Polestar als Safety Car eingesetzt, den es – neben dem Schwestermodell S60 Polestar - bei uns seit Herbst zu kaufen gibt.

Mit diesem Modell liefert Polestar mehr als „nur“ Software-Tuning und optimiertes Fahrwerk – es handelt sich um ein rundum optimiertes Fahrzeug. Das Polestar-Statement bringt es auf den Punkt: „Volvo hat sich vor langer Zeit verpflichtet, nachhaltige Fahrzeuge zu entwickeln. Bei Polestar fühlen wir uns dieser Verpflichtung ebenfalls verbunden. Nachdem unsere Ingenieure die Motoren und das Getriebe des originalen Volvo S60 und des Volvo V60 analysierten, machten sie mehr als 70 Änderungen und Upgrades, ohne dessen Effizienz oder die CO2-Emissionen negativ zu beeinflussen. Die neue Generation, leichter Drive-E Antriebsstränge - bestehend aus einem hocheffizienten 2,0-Liter Turbo Vierzylinder-Benzinmotor (T6) gepaart mit dem neuen Geartronic Achtgang-Automatik Getriebe garantiert optimale Leistung bei jeder Motordrehzahl.“

Der Volvo V60 Polestar leistet satte 367 PS, das Drehmoment wurde mit 470 Nm nochmal gehörig optimiert, für den Sprint von 0 auf 100 benötigt man mit diesem Modell nur noch 4,8 Sekunden. Einen Fahrbericht finden Sie hier.

Wenn dann Volvo Cars Austria-Pressechef Thomas von Gelmini in Aussicht stellt, dass für 2017 ein Volvo V60 Polestar als Safety Car zum Einsatz kommen wird, freuen wir uns schon auf das kommende Jahr, auf den schönsten „Überbringer-Job“ der Saison.

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