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Planai Classic 2009

Rauno Aaltonen im O-Ton: Die Monte 1966 & 1967

Rauno Aaltonen erzählt von der Rallye Monte Carlo. Wie er sie 1967 auf abenteuerliche Weise gewinnen konnte. Und wie die Monte 1966 zu einer Farce wurde - als man Aaltonen und Co aus der Wertung nahm, damit ein Citroen-Pilot den Sieg einheimsen konnte…

Aufgezeichnet von Michael Noir Trawniczek
Fotos: Markus Kucera

Wir trinken keinen Espresso, wir nennen es ‚normaler Kaffee’. Dann gibt es auch noch ‚Kaffee Brutal’. ‚Normaler Kaffee’ ist 50 Prozent Wodka und 50 Prozent Kaffee. ‚Kaffee Brutal’ ist 100 Prozent Kaffee. (Rauno Aaltonen über finnische Kaffee-Gepflogenheiten)

Rauno Aaltonen und sein österreichischer Navigator Mike Höll pilotieren bei der Planai Classic 2009 einen Austin Mini Cooper S mit dem Baujahr 1964. Am Abend vor dem Start der Oldtimer-Rallye beantwortete der Rallye-Europameister des Jahres 1965 die Fragen von planai-classic.at.

Im Rahmen dieses Gesprächs erzählte der auch in Deutsch äußerst charmante und wortgewandte 70-jährige von seinem abenteuerlichen Sieg bei der berühmten Rallye Monte Carlo 1967 - zudem verriet er, wie es dazu kommen konnte, dass im Jahr davor die Top 4-Piloten disqualifiziert wurden, sodass am Ende doch noch ein Citroen-Pilot den Sieg einheimsen konnte…

Rauno Aaltonen im O-Ton:

„Ich fahre Mini seit 1962, fast die gesamten 60er-Jahre war ich einer von drei Mini-Werksfahrern – das waren Paddy Hopkirk, Timo Mäkinen und ich.

1966: ‚You are disqualified!’

1966 hat man uns disqualifiziert – unserer Meinung nach mit falschen Begründungen. Ich war im Dezember 1965 in der Nähe trainieren –dann gingen wir in ein Restaurant auf ein Mittagessen. Und da kam der Restaurantbesitzer zu mir – ganz empört sagte er: ‚Es ist etwas Fürchterliches passiert!’ Ich habe ihn gefragt, was los ist. Und er sagte: ‚Ja also – da waren am letzten Sonntag wichtige Leute des Automobilklubs von Monaco hier – und die haben entschieden, dass unabhängig davon wie viele ausländische Piloten vorne liegen alle disqualifiziert werden bis ein französisches Produkt gewinnt.’ Ich habe sofort mein Mini-Werksteam informiert und habe ihnen gesagt, sie sollen aufpassen – ich habe ihnen gesagt: ‚Die Autos müssen perfekt sein! Die suchen alle möglichen Gründe, um uns zu disqualifizieren!’

Dann fuhren wir die Monte Carlo Rallye – diese war am Freitagabend zu Ende, sehr spät. Wir gingen alle zu Bett – Mini hat gewonnen, ich war Zweiter. Und am Samstagmorgen um 8 Uhr klingelt das Telefon in meinem Zimmer und ich höre eine Stimme, die sagt: ‚Mr. Aaltonen, would you like to come to the Automobilclub of Monaco at 9 ó clock – we have an important meeting!’ Gut, ich fuhr dort hin – kurz vor 9 Uhr war ich dort, da saßen schon der Paddy Hopkirk, der Timo Mäkinen und der Roger Clark, der einen Ford pilotiert hat. Wir sitzen also alle vier da, die Top 4 der Rallye – und pünktlich um 9 Uhr kommt ein vornehm angezogener Herr, sehr groß, schwarzer Anzug, sauberes Hemd, Krawatte – um 9 Uhr am Samstagmorgen nach einer Rallye, also sehr ungewöhnlich – dieser Mann kommt also in den Raum und sagt: ‚Gentleman, you are disqualified!’

Wir haben geguckt, wir waren erstaunt – denn wir wussten keinen Grund, warum wir disqualifiziert werden sollen – nämlich alle vier! Und der Paddy sagt: ‚Excuse me Sir! What ist the reason?’ Und der Mann antwortet: ‘You did not have yellow lights!’ Also keine gelben Scheinwerfer – ich habe daraufhin gesagt: ‘Es tut mir leid – aber es gibt diesen Genfer Vertrag (Geneva Convention), wo es heißt: Ein Auto darf mit jener Konfiguration gefahren werden, wie es in der Zulassung des Autos steht und wie es in dem jeweiligen Land akzeptiert wird – und in England braucht man keine gelben Scheinwerfer.’ Der Mann im Anzug wird daraufhin rot im Gesicht, dreht sich um und verschwindet.

Doch er kommt 15 Minuten später wieder zurück – und sagt: ‚Gentleman, you are disqualified!’ Und Paddy Hopkirk sagt wieder: ‚Excuse me, Sir. That can’t be true – what ist the reason?’ Der Mann im Anzug antwortet: ‘You had too wide track!’ Also eine zu große Spurweite. Und Paddy sagt: ‘Well, it must be a mistake! You must re-measure!’ Also bitte nachchecken! Der Mann im Anzug lächelt und sagt: ‘Mr. Hopkirk! You have changed the components – it is too late now!’ Doch Paddy erwidert: ‘Excuse me – but I left my car in the Parc Fermé! Check my car!’ Ich habe mein Auto ebenfalls im Parc Fermé gelassen, ich habe es noch nicht abgeholt – weil ich ja bereits wusste, dass wir aufpassen müssen. Der Mann im Anzug wird daraufhin jedenfalls noch röter, er dreht sich wieder um und geht weg.

15 Minuten später – jetzt war es schon 9.45 Uhr – kommt er wieder zurück und sagt: ‚Gentleman, you are disqualified!’ Und Paddy fragt: ‚Why?’ Und der Mann im Anzug antwortet: ‚Your dipping is not correct!’ Also die Konfiguration des Abblendlichts, wie man abblendet, ist nicht korrekt. Denn Mini hatte ein System, das in England erlaubt war – sodass man von Volllicht auf Abblendlicht zum Nebelscheinwerfer schalten konnte, das war in England erlaubt. Und das hatten wir also – und es wurde auch in England geprüft, ob es regelkonform war. Doch der Fehler lag darin, dass British Motor Racing einen britischen Juristen genommen hatte, und zwar einen normalen Juristen, keinen Motorsportjuristen – es war ein Spitzenjurist, der aber nicht diesen Geist des Motorsports verstehen konnte. Denn dieses Reglement der FIA ist etwas ganz besonderes – man muss die Paragraphen durchgehen, man muss alles wissen. Ich habe es beherrscht, ich wusste alles – aber die haben einen normalen Juristen genommen und er hat es wohl irgendwie falsch begründet oder sagen wir unklar begründet.

Dass damals also drei Minis und ein Ford disqualifiziert wurden, war schon ein bisschen ungewöhnlich. Fürst Rainer ist dann auch nicht zur Siegerehrung gekommen – und das war das einzige Mal, dass er nicht gekommen ist. Weil er der Meinung war, dass da etwas nicht korrekt abgelaufen ist. Er sagte nicht, dass da etwas Falsches getan wurde – aber er sagte, dass vielleicht etwas nicht Korrektes stattgefunden hat. Es wurden also die Top 4 disqualifiziert, sodass letztlich ein Citroen gewonnen hat. In der internationalen Presse hat man das als einen Kampf zwischen Frankreich und Resteuropa bezeichnet – aber so war es nicht.

1967: Geister, mit Schnee bedeckt…

1967 lag ich in Führung – man hatte mir meine Zeit zu meinem Nachteil korrigiert, ohne Begründung. Man hat mir einfach zwei Minuten dazu gelegt. Weil sie gesagt haben: ‚Kein Mensch kann so schnell fahren!’ Ich habe aber damals zwei Wochen lang nur diese eine Sonderprüfung geübt – mit dem Hintergrund: Egal, welches Wetter auch kommt, ich beherrsche das! Dadurch war ich auf dieser einen Prüfung wohl der besttrainierte Mensch. Dass man uns da einfach zwei Minuten drauf gelegt hat - ohne wirklicher Begründung - hat uns nur noch mehr Power gegeben, sodass wir noch mehr Gas gegeben haben.

Vor der letzten Prüfung lagen wir erneut in Führung – die letzte Prüfung war der berühmte Col de Turini. Vor mir fuhr der Vic Elfort mit seinem Porsche los - und man hörte, wie der Sechszylindermotor seines Porsche den Berg hinauf beschleunigt, ein beeindruckender Sound. Wir mussten eine Minute nach ihm starten, haben also unsere Sturzhelme aufgesetzt und die Intercom getestet. Alles war perfekt, wir waren im Zustand höchster Konzentration. Dann kam der Countdown – 10, dann kommt 5, 4, 3, 2, 1, go!

Doch bei 3 wurde der Countdown gestoppt. Man sagte uns, dass es auf dem Berg oben einen Unfall gab und der Ambulanzwagen dorthin fahren musste. Wir mussten so lange warten, bis der Rettungswagen bei dem Unfallort war – ob es ein Teilnehmer, ein Zuschauer oder ein Einwohner war, wussten wir nicht – jedenfalls war die Strecke gesperrt.

Wir warten also – 10 Minuten, 15 Minuten – plötzlich beginnt ein richtiger Schneeschauer, mit großen, dichten Flocken! Es war kein Wind in dem Sinn, die einzelnen Schneeflocken waren im Scheinwerferlicht zu sehen – für einen normalen Menschen wäre das ein richtig schönes Erlebnis gewesen. Für uns jedoch war es schlimm – denn schon nach wenigen Minuten konnte man die Straße beziehungsweise den Straßenbelag nicht mehr sehen, es war alles weiß. Und erst jetzt kommt ein Mann vom Veranstalter und sagt glücklich: ‚Now you can!’

Er zählt runter ‚5, 4, 3, 2, 1, go!’ Ich lasse die Kupplung kommen – doch ich habe keine Traktion, die Räder drehen durch. Es ist wie Aquaplaning, aber halt auf Schnee. 1. Gang voll, 2. Gang voll, 3. Gang voll – aber wir kommen nicht in Schwung, weil die Räder ständig durchdrehen. Nach 12,5 Kilometern der Bergprüfung, auf dem Col de Turini sagt mein Beifahrer: ‚2 minutes down!’ Das bedeutete, dass wir um zwei Minuten langsamer waren als im Training mit Gegenverkehr! Wir waren also sicher um 3 Minuten langsamer als der Vic Elfort.

Aber es heißt ja, man soll nicht aufgeben bevor man nicht seinen Preis empfangen hat und abgereist ist. Also habe ich weiter Gas gegeben – doch innerhalb weniger hundert Meter hatten wir dann schon eine sehr hohe Geschwindigkeit erreicht, es ging steil bergab, es gab einige schnelle Kurven, die Haarnadelkurven kamen erst rund 500 Meter später.

Plötzlich kamen wir ins Rutschen – denn unter dem Schnee gab es eine Eisfläche, die man nicht sehen konnte, denn es war ja alles weiß. Plötzlich also, wie von Geisterhand geschoben, verliert das Auto die Seitenführung, beginnt zu rutschen. Am Streckenrand gab es diese Betonblöcke – die waren zirka ein Meter mal ein Meter und dazwischen gibt es heute Metallröhren, doch die waren damals noch nicht da – es gab nur diese Betonklötze und dazwischen waren Lücken.

Und so hatte ich zwei Möglichkeiten: Entweder lasse ich das Auto seitlich gegen so einen Betonklotz rutschen – das hätte uns zwar gerettet, doch das hätte auch das Ende der Rallye bedeutet. Die zweite Möglichkeit war zwischen den Betonklötzen durchzuhuschen und rauszufliegen – und zu hoffen, dass man nichts trifft. Man rutscht also durch die Wiese, den Abhang hinunter – und irgendwann – vielleicht – findet man die Straße wieder, denn waren ja Serpentinen…

Das war natürlich keine vorbereitete Entscheidung – das musste sehr schnell entschieden werden – aber gut, ich habe es riskiert. Wir rutschten zwischen den Betonklötzen durch auf den Abhang zu, der war sehr steil bergab, eine Wiese, ebenfalls mit Schnee bedeckt – und da waren auch richtig große Steine, ein bis zwei Meter hoch. Doch die waren zum Teil vom Schnee bedeckt. Ich sehe es heute noch vor mir – im Scheinwerferlicht des kleinen Mini haben diese Steine wie Geister gewirkt – Ghosts, mit Schnee bedeckt. Ich habe zurückgeschaltet – 2. Gang Vollgas, damit sich das Auto rein frisst mit dem Unterboden – ich fuhr zwischen den Bäumen Slalom.

Doch plötzlich kam eine Schneewand – und die Straße! Wir wussten nicht wann es kommt und wir wussten auch nicht, ob die Straße ein Stück weiter rechts ist. Wir haben also bei den Serpentinen ein Stück abgeschnitten – doch es war ja dunkel und da waren auch keine Zuschauer, es hat uns kein Mensch gesehen. Wir haben also dann wieder die Straße gefunden – ich wusste aber nicht, welche Richtung ich fahren musste. Ich habe gesehen, dass die Bäume in einem bestimmten Winkel wachsen – so weiß man, ob es bergauf oder bergab geht – denn das ist in den Bergen, wenn man keine Horizontlinie hat, nicht einfach zu erkennen, ob es bergauf oder bergab geht. Also in meinem Fall habe ich bemerkt, dass wir zwar auf die Straße zurückgekehrt waren, doch wir standen in der verkehrten Richtung. Also: Handbremsenwende und gleich wieder Gas geben! Am Ende haben wir mit knappen fünf Sekunden Vorsprung die Rallye gewonnen.

Natürlich war das Abkürzen über den steilen Abhang verboten, auch wenn es uns ganz sicher keinen Zeitvorteil eingebracht hat – ich habe meinem Beifahrer auch sofort gesagt: ‚Kein Wort über diese Action!’“

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