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Formel 1: News

„Vielleicht das Beste, was mir passieren konnte“

Der frühere Formel 1-Pilot Alessandro Nannini spricht über seinen Hubschrauberunfall, bei dem ein Rotor seinen Arm abtrennte…

Fällt der Name Nannini, kommt den meisten wahrscheinlich Italiens erfolgreichste Rocksängerin Gianna Nannini in den Sinn. Doch der Name steht auch für eine außergewöhnliche Rennsportkarriere, nämlich die von Nanninis kleinem Bruder Alessandro. In den späten 1980er Jahren galt der heute 57-Jährige als eines der vielversprechendsten Talente der Formel 1 und - mit Aussicht auf ein Ferrari-Cockpit - als aufstrebender Nationalheld, bis ein tragischer Unfall seine Karrierepläne kreuzte.

1980 begann Nanninis Karriere im Formelsport. In der italienischen Nachwuchsklasse Formula Fiat Abarth wurde er Meister, fuhr für Minardi in der Formel 2 und wechselte mit dessen Einstieg in die Formel 1 in die Königsklasse. Nach zwei durchwachsenen Jahren bei Minardi erhielt Nannini 1988 bei Bennetton die Chance, sein wahres Talent zu zeigen. Seine erste Saison in einem konkurrenzfähigen Auto schloss er als Zehnter der WM-Wertung ab, doch seine große Stunde sollte erst noch kommen.

Und zwar beim Großen Preis von Japan in Suzuka 1989. Dieser ging vor allem für die legendäre Kollision zwischen Aryton Senna und Alain Prost in die Geschichte ein. Wir erinnern uns: Prost, in Führung liegend, kollidiert beim Überholversuch von Senna mit ihm und gibt das Rennen daraufhin auf. Senna hingegen lässt sich anschieben und fährt weiter. Er überquert die Ziellinie schließlich als Erster, wird aber disqualifiziert, weil er bei Rennwiederaufnahme die Schikane ausgelassen hatte.

Nannini über "geschenkten" Sieg in Suzuka 1989 nicht glücklich

Nannini erbte den Sieg, wirklich glücklich war er damit nicht. "Mich ärgert da heute noch", sagte er Anfang des Jahres in einem Interview mit autoweek. "Ich dachte, ich lag weit in Führung: Niemand sagte mir, dass Senna Reifen gewechselt hatte und etwa fünf Sekunden pro Runde aufholte", blickt Nannini zurück. "Als ich ihn im Rückspiegel gesehen habe, war ich geschockt. Hätte ich das gewusst, dass er noch da ist, wäre ich etwas schneller gefahren und hätte ihn hinter mir halten können."

Er glaubt, Senna auch ohne dessen Disqualifikation hätte schlagen können. Doch der Suzuka-Sieg blieb Nannins erster und einziger. Eine andere Platzierung bedeutet ihm bis heute ohnehin mehr: "Auf meinen zweiten Platz in Adelaide beim darauffolgenden Grand Prix war ich viel stolzer." Das Regenrennen war heftig umstritten. Nannini erinnert sich: "Sie sagten uns, wir sollen fahren, weil wir dafür bezahlt werden, auch wenn wir möglicherweise sterben. Viele hat das schockiert, für mich war das kein Problem."

Trotz der widrigen Umstände schaffte es der Italiener aufs Podium. In der Königsklasse gelang ihm das insgesamt neunmal. Zwei davon fuhr er in der darauffolgenden Saison an der Seite von Teamkollege und Dreifach-Weltmeister Nelson Piquet ein, den er sogar einige Mal schlagen konnte. Zu weiteren Siegen oder gar einem Titel sollte es jedoch nicht mehr kommen. Denn der 12. Oktober 1990 sollte Nanninis aussichtsreiche Formel-1-Laufbahn beenden, bevor sie richtig Fahrt aufgenommen hatte.

Nach Hubschraubunfall: Nannini feiert 14 Siege in der DTM

Bei einem Hubschauberabsturz nahe seinem Elternhaus in Siena verlor der damals 31-Jährige seinen rechten Arm. Er war von einem der Rotoren abgetrennt worden. Sein Vater fand ihn und packte ihn in Eis, sodass er in einer neunstündigen Operation wieder angenäht werden konnte. "95 Prozent der Leute sterben bei solchen Unfällen", weiß Nannini. "Deshalb wache ich jeden Tag auf und sage zu mir selbst: 'Danke Gott! Das Leben ist schön!'" Seinen Arm kann er heute fast wieder normal nutzen.

"Das Schlimmste bei der Reha war, dass ich lernen musste, mit der linken Hand zu rauchen", scherzt er mittlerweile. Eine Rückkehr in die Formel 1 war ob der dort wirkenden Kräfte auf die Hände jedoch unmöglich. Dafür verzeichnete Nannini bereits wenige Jahre nach seinem Unfall in der DTM beachtliche Erfolge. Von 1993 bis 1996 startete er für Alfa Romeo. Sein Auto war angepasst worden - mit zwei Schalthebeln zum Hoch- und Runterschalten, die Nannini nur nach vorn schieben musste.

14 Rennen gewann Nannini in der deutschen Tourenwagen-Serie. 1994 hätte es fast für den Titel gereicht. Beim vorletzten Saisonrennen in Singen endete der Traum jedoch jäh, als Roland Asch seinen Konkurrenten aus dem Rennen warf und seinem Teamkollegen Klaus Ludwig so den Titel sicherte. Doch Nannini rächte sich, zog neue Reifen auf und fuhr Asch an selber Stelle noch im gleichen Rennen bewusst ins Auto. Gelohnt hat es sich nicht: Asch fuhr weiter, während Nanninis Heck in Flammen aufging.

"Können Sie sich vorstellen, wie es gewesen wäre, wenn wir Spaghetti-Esser die Deutschen auf deren Heimterritorium geschlagen hätten? Das wäre wie, wenn sie zu uns kommen und den Papst verprügeln würden", witzelt Nannini rückblickend darüber. Ende 1997 hing er seine professionelle Rennfahrer-Karriere schließlich an den Nagel. Seinen Hubschrauber-Unfall bezeichnet er heute als "das vielleicht Beste, das mir jemals passiert ist" - und hat dafür eine einleuchtende Erklärung.

"Ich hatte so viele Freunde, die bei Rennunfällen gestorben sind. Was, wenn ich der Nächste gewesen wäre? Ich ziehe es vor, über das nachzudenken, was ich habe und nicht darüber, was ich nicht habe. Vielleicht hätte ich eines Tages Weltmeister werden können, wenn die Dinge anders gelaufen wäre", sagt Nannini, trauert dem aber nicht nach. Heute führt er das Erbe seines Großvaters fort und leitet die Nannini-Gruppe, die eine Kaffeerösterei und mehrere Konditoreien in Siena ihr Eigen nennt.

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