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Formel 1: Technik

Sind Cockpit-Hauben wirklich die Lösung?

Sollen die Cockpits künftig wie Kampfjets geschlossen werden? Charlie Whiting berichtet von Versuchen der FIA, die sich als schwierig erwiesen haben…

Foto: Red Bull Racing

Nach dem Unfall von Jules Bianchi beim Großen Preis von Japan kam das Thema geschlossene Cockpits wieder auf die Tagesordnung, doch dass der Weg dorthin kein einfacher ist, dessen ist man sich in der Formel 1 bewusst. Nachdem er in Suzuka mit einem Bergungsfahrzeug kollidiert war, befindet sich Bianchi immer noch in kritischem Zustand im Krankenhaus.

Aufgrund der großen Schäden an seinem Auto und der Schwere seiner Kopfverletzungen wurde der Ruf nach geschlossenen Cockpits laut, um die Fahrer besser zu schützen.

Doch ist solch eine Lösung überhaupt realistisch, und würde sie die Sicherheit der Fahrer wirklich erhöhen?

Zuletzt wurde nach dem Unfall von Felipe Massa beim Qualifying zum Großen Preis von Ungarn 2009 die Forderung nach einem besseren Schutz der Cockpits laut. Massa war damals verletzt worden, nachdem ihn eine Feder, die das Auto von Rubens Barrichello verloren hatte, am Helm getroffen hatte.

Eine Woche zuvor war Henry Surtees beim Formel-2-Rennen in Brands Hatch von einem umherfliegenden Rad erschlagen worden.

Kampfjet-Hauben zu felixbel

Obwohl der Automobil-Weltverband FIA seitdem bei der Suche nach einem funktionsfähigen Konzept große Fortschritte gemacht hat, erteilten die Teams dieser Idee im vergangenen Winter eine Absage. Sie hatten Sorge, die Autos würden durch diese Veränderung zu hässlich aussehen. Dennoch setzte die FIA hinter den Kulissen die Arbeit an einem besseren Kopfschutz fort.

Erste Tests mit einer Schutzhaube im Stile der eines Kampfjets waren wenig ermutigend. Eine Version aus Polycarbonat zersplitterte bei einem Aufpralltest, während die Cockpithauben aus der Luftfahrt zu sehr nachgaben. Deshalb konzentrierte man sich in letzter Zeit auf einen stabileren Überrollbügel, der umherfliegende Trümmer vom Kopf des Fahrers ablenkt. Allerdings ergaben sich bei der Forschung an dieser Lösung laut FIA-Rennleiter Charlie Whiting unvorhergesehene Probleme.

Überraschende Forschungsergebnisse

"Es ist sehr schwierig eine Lösung zu finden, die einerseits stark genug ist, um ein Rad aufzuhalten, andererseits dem Fahrer aber erlaubt, das Auto zu fahren, ohne dass er durch die Struktur vor ihm behindert wird", erklärt Whiting.

"Eine Sache, die uns bei den Untersuchungen überrascht hat, war die Tatsache, dass ein Rad, das aus einer Kanone auf die Überrollstruktur geschossen wurde, entgegen der Erwartung nicht direkt abprallt", so Whiting. "Das tut es leider nicht, sonder es setzt aufgrund der Verformung des Reifens seine Bahn fort. Es dauert lange, bis es nach dem Auftreffen auf die Überrollstruktur nach oben abgelenkt wird."

"Deshalb muss diese Struktur so hoch sein. Wir haben herausgefunden, dass sie 20 Zentimeter über den Kopf des Fahrers hinausragen muss, wodurch sie ziemlich massiv wird", sagt Whiting. "Es ist also nicht so einfach. Die Forschung daran geht aber weiter - so lange, bis wir eine Lösung finden."

Hundertprozentige Sicherheit?

Auch wenn der Schutz des Fahrerkopfes aufgrund der Umstände von Bianchis Unfall in den Mittelpunkt gerückt ist, erinnert Whiting daran, dass es möglicherweise nie einen Cockpitkäfig geben wird, der stark genug ist, um solch einem Aufprall zu widerstehen. "Erste Anzeichen deuten darauf hin, dass der Überrollbügel bei Jules' Auto Belastungen ausgesetzt war, die über die bei den Tests geforderten Werte hinausgingen."

"Bei solchen Umständen könnte es sehr schwierig sein, eine Lösung zu finden, wenn man bedenkt wie schwierig es schon ist einen Weg zu finden, um ein Rad vom Kopf des Fahrers fernzuhalten", so Whiting. "Ich denke, dass es praktisch eventuell unmöglich sein wird, für solch eine Art von Unfall Vorsorge zu treffen, was aber nicht heißt, dass wir nichts verbessern können."

"Die Vergangenheit hat gezeigt, dass wir immer aller Anstrengungen darauf ausgerichtet haben, die Dinge zu verbessern. Es gab viele Unfälle, die vielleicht nicht so ernst waren wie diesen, aber wir wollen aus jedem Unfall so viel wie möglich lernen", sagt Whiting.

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