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„Andi wusste schon lang, dass er einen Sponsor finden muss!“

Der Red Bull Rallye-Teamchef und Aigner-Entdecker nimmt Stellung zu dem Kooperations-Ende zw. RB und Aigner und beantwortet auch harte Fragen.

Michael Noir Trawniczek
Fotos: staatsmeister.at, Red Bull

Red Bull und Andreas Aigner beenden ihre Kooperation – diese Nachricht wurde bei den Rallyefans mit gemischten Gefühlen aufgenommen – sicher auch, weil sie kurz vor der Ehrung des PWRC-Weltmeisters als „Motorsportler des Jahres“ in die Redaktionen flatterte.

Raimund Baumschlager hat jene Red Bull Driver Search mitinitiiert, bei der Aigner entdeckt wurde. Im motorline.cc-Interview nimmt der siebenfache Rallye-Staatsmeister und Red Bull Rallye-Teamchef noch einmal Stellung zu dem Kooperations-Ende und beantwortet auch harte Fragen.

Raimund, warst du bei dem Gespräch, in dem man sich auf das Ende der Kooperation ‚geeinigt’ hatte, dabei?

Nein, ich war nicht dabei – dieses Gespräch hat der Andi Aigner alleine mit Red Bull abgehalten.

Was sagst du zu diesem Kooperations-Ende?

Das ist eine Entscheidung, die Red Bull mit dem Aigner Andreas vereinbart hat. Er hat einen Red Bull-Vertrag, der läuft mit 31. Dezember aus. Andi hat mich auch nicht darüber informiert, wie dieses Vertragsgespräch verlaufen ist und ich habe das erst von Thomas Überall erfahren.

Juho Hänninen ist im Kampf um die PWRC-Krone gegen Aigner unterlegen, der Finne fährt nun als Werkspilot bei Skoda in der IRC-Serie den Fabia Super 2000 – da hast du als Skoda-Testpilot versucht, dem Andi ein Cockpit zu sichern?

Genau. Und es hat auch der Herr Überall [Thomas Überall, bei Red Bull zuständig für Sponsoring bzw. für den Rallyesport, d. Red.] noch versucht, dem Andi dort ein Cockpit zu sichern. Die Antwort war: ‚Kein Interesse!’ Das ist einfach so – und ich muss ehrlich sagen, dass von Red Bull und von Thomas Überall alles versucht wurde, um den Andreas noch in einem Werksteam unterzubringen oder anderweitig eine Unterstützung für ihn zu finden – aber es hat nicht funktioniert.

Es ist nicht so, dass man bei Red Bull gesagt hat, dass man dem Andi Aigner einfach nicht mehr helfen möchte – das habe ich selbst gesehen, dass hier noch alles versucht wurde. Dass Mails an Werksteams versandt wurden. Doch es gab kein Interesse - und das ist das Resultat.

Jetzt gibt es die Schreckensvision von zwei cockpitlosen PWRC-Weltmeistern – droht diese Vision nun bittere Realität zu werden?

So wie ich das momentan sehe, muss ich das leider mit Ja beantworten. Wenn du dir anschaust, was heute alles passiert, dass jetzt ein Petter Solberg oder ein Chris Atkinson auf der Straße stehen, dann muss man das einfach akzeptieren. Man kann es hin und her drehen wie man will – das ist leider so.

Jetzt hast du in einem motorline.cc-Interview auch eine weitere PWRC-Saison für den Andi Aigner in Erwägung gezogen – doch das wurde sowohl von Andi als auch von Red Bull als nicht sinnvoll eingestuft. War das deine private Meinung?

Das war meine private Meinung. Ich muss immer wieder sagen: Schau, ich zahle es nicht, Red Bull muss es finanzieren. Und der Andi hat ja selber immer wieder gesagt, dass für ihn nur die Richtung World Rally Car zählt. Und in die Richtung geht halt einmal gar nichts. Ich kann da auch nichts tun – ich muss es einfach so hinnehmen wie es ist.

Das Red Bull Rallye Team ist für 2009 mehr oder weniger fix – warum ist es unmöglich, dass dort Andi fährt? Die Fans könnten sich zudem fragen, warum man nicht anstelle eines Red Bull Rallye Teams ein paar WRC-Einsätze für Aigner ermöglicht…

Wenn sich die Fans diese Fragen stellen, dann müssen sie ihm halt die WRC-Einsätze zahlen. Es ist ganz einfach. Es leidet nicht nur der Andi Aigner, es gibt auch Budgetkürzungen für das Red Bull Rallye Team, die ziemlich kräftig sind. Und das Red Bull Rallye Team wird in der WM nur dann fahren können, wenn ein Fahrer kommt, der dementsprechend Geld mitbringt. Denn sonst wird es auch dieses Red Bull Rallye Team nicht geben.

Waren jetzt Andi Aigner und BRR in gewisser Weise Gegner im Kampf um das Red Bull-Budget?

Wie kommst du auf so etwas? Das ist an den Haaren herbei gezogen! Das Red Bull Rallye Team ist das Red Bull Rallye Team und wir [BRR bzw. Baumschlager Rallye Racing, d. Red.] richten einfach die Arbeit aus für das Red Bull Rallye Team. Und es war eigentlich schon im vorigen Jahr klar, dass der Andi einen Sponsor bringen sollte – das ist halt nie passiert. Und Red Bull hat vor einiger Zeit beschlossen, dass sie selbst nicht mehr alles tragen werden.

Fakt ist: Wenn der Andi einen Sponsor gebracht hätte, könnte er weiter im Team fahren. Und die Hilfe von Red Bull ist ja noch viel weiter gegangen, der Thomas Überall hat ja auch verschiedene große Firmen und Gönner angeschrieben. Es schreit jeder: ‚Der Aigner fährt nicht mehr!’ Aber es gibt keinen, der einen Euro in die Hand nehmen würde, damit er wieder fahren kann.

Man hat bei Red Bull nichts unversucht gelassen – und ich verstehe das: Sie wollen einfach nicht mehr alles bezahlen. Das ist uns deutlich gesagt worden, schon die letzten drei Jahre über – und dementsprechend müssen wir uns auch verhalten. Ich weiß, dass wenn ich den Fahrer mit dem nötigen Budget nicht finde, dass es sein kann, dass wir dann vielleicht gar nicht fahren können.

Muss dieser Fahrer den gesamten Einsatz bezahlen?

Nein, nicht den ganzen. Es gibt ein Budget von Red Bull, wo man sagt: ‚Okay, das wollen wir uns leisten, für die PWRC. Und dann schau, dass du jemanden findest, der schnell ist und gut ist – sodass ihr die WM bestreiten könnt. Fertig, aus.’ Und das ist meine Aufgabe – und wenn ich keinen finde, dann geht es mir nicht anders wie dem Aigner.

Jetzt gibt es ja auch Fans, die glauben, dass das Red Bull Rallye Team eigens für die Förderung des Andi Aigner gegründet wurde…

Das ist aber ein kompletter Blödsinn. Dieses Red Bull Rallye Team wurde mit der Red Bull Driver Search gegründet, da hat es eine Zielsetzung gegeben, dieses Konzept ist umgesetzt worden, aber es ist bis zum Schluss nicht aufgegangen, weil leider niemand ein Interesse gezeigt hat an unserem Weltmeister. Das ist Fakt.

Und es hat einen Quirin Müller in dem Team gegeben – und da hat es geheißen, dass nach einem Jahr nur noch einer weiter kommt. Und der ist dann ausgeschieden und da hat es kein Theater gegeben. Und ich habe das zu akzeptieren, was Red Bull macht. Und nicht mehr und nicht weniger – und da geht es nicht um einen Kampf zwischen Andi Aigner und BRR um das Geld von Red Bull.

Wenn die heute dem Aigner kein WRC-Cockpit kaufen wollen, dann ist das eben so. Und ich bin auch schon zweimal ausgestiegen worden, weil das halt damals nicht okay war für Red Bull. Es ist doch immer so, dass derjenige entscheidet, der das Geld hat. Und Red Bull hat eben so entschieden und ich muss das akzeptieren, das ist einfach so!

Es hat Vorgaben für den Andi gegeben und mit dem Geld, das Red Bull zur Verfügung stellt, kannst du keine WM in einem WRC bestreiten – was absolut okay ist. Weil man eben das System geändert hat und der Fahrer selbst auch eine gewisse Summe mitbringen muss – weil man gelernt hat, dass wenn einer nichts mitbringen muss, da auch die Verantwortung für das Ganze nicht dabei ist.

Wenn der Andi das Geld hätte – wäre er dann noch ein Kandidat für das Red Bull Rallye Team?

Das weiß ich nicht – weil ich bei dem Gespräch zwischen Andi Aigner und Thomas Überall nicht dabei war. Ich war nicht eingeladen, ich war nicht involviert. Der Andi hat mich auch nicht informiert, wie das Gespräch verlaufen ist. Und so wie ich die Presseaussendung von Red Bull verstehe, hat man jetzt ziemlich klar eine Richtung eingeschlagen.

Kann es sein, dass die Beziehung zwischen dir und dem Andi Aigner irgendwie ausgekühlt ist?

Nein, gar nicht. Es ist eher so, dass der Andi Aigner jetzt eben auf eigenen Beinen steht. Er macht jetzt eben, was er will – und ich dränge mich nicht auf. Wenn er etwas von mir wissen möchte, dann wird er sich ganz sicher melden und ich habe kein Problem mit ihm. Wir haben jetzt eben beide unsere Probleme zu lösen. Ich muss dafür sorgen, dass meine Firma in Zeiten wie diesen überlebt und er muss schauen, dass er wieder fahren kann. Das ist eben so. Und die Gelder sind einfach überall verschwunden oder weniger geworden. Und ganz ehrlich: Als die OMV ausgestiegen ist, hat jeder Verständnis gezeigt.

Naja…

Naja – aber man kann denen halt auch nicht vorschreiben, dass sie immer weiter bezahlen müssen. Wenn jemand Interesse an dem Andi gezeigt hätte, dann wäre da sicher etwas weitergegangen. Das war immer klar. Und der Thomas Überall hat sich wirklich sehr bemüht, für Andi eine Lösung zu finden – darum ärgert es mich, wenn in den Foren über ihn und Red Bull hergezogen wird. Da gibt es Sponsoren, die buttern Geld hinein und dann müssen sie sich ständig Kritik dafür gefallen lassen – und dann wundern wir uns, wenn wir keine Sponsoren mehr haben.

Die Fans sehen es halt von der Seite aus, dass da ein guter Pilot ist, der heuer Weltmeister wurde…

Schau, es hat jeder die Möglichkeit, den Andi Aigner zu unterstützen. Red Bull hat andere Firmen gefragt – doch es gibt keiner ein Geld aus, das ist so. Und Red Bull kürzt jetzt eben – man kürzt uns ja auch. Das ist ja nicht nur für den Andi Aigner ein Problem, das ist für BRR genauso ein Problem. Ein riesengroßes noch dazu – denn der Andi Aigner hat keine Firma und keine Mitarbeiter, die er erhalten muss. Und ich kann mich jetzt hinsetzen und sudern und jammern – oder ich kann mich bemühen, dass ich einen Fahrer finde, der das nötige Kleingeld an Bord bringt, sodass wir die PWRC wieder fahren können.

Wie wirst du den Fahrer aussuchen? Der Bernardo Sousa wird ein Kandidat sein, nehme ich an…

Es gibt einige Kandidaten. Es gibt auch genügend Leute, die heute ein Geld haben – und morgen nicht mehr. Weil der Sponsor halt auch sagt: ‚Aus – ich kann mir das nicht mehr leisten!’ Ich bin froh, dass es ein vernünftiges Budget von Red Bull gibt, und ich finde es absolut okay, dass wir einen Fahrer finden müssen, der ein Budget mitbringt.

Aber eine neue Driver Search wird es nicht mehr geben?

Nie, nie mehr. Also wenn man das von mir fordern würde, dann würde ich dankend ablehnen. Schau – was kommt denn unter dem Strich dabei heraus? Genau das, was jetzt rauskommt. Dass dann die, die das finanziert haben die Bösen sind – und die, die es durchgeführt haben auch. Und ich kann mir gut vorstellen, dass jetzt Red Bull, BRR, Überall und Baumschlager die Watschen kriegen – dafür, dass wir fünf Jahre geschaut haben, dass etwas weitergeht.

Das finde ich ja auch schade – weil eben jetzt einige Leute der Meinung sind, man lässt den Andi Aigner jetzt fallen. Und da finde ich es schade, dass man eben nicht dem Andi zum Beispiel auch nur ein paar Rallyes im WRC finanziert und somit auch international zeigt, wie eine erfolgreiche Driver Search funktioniert. Stattdessen besteht die Gefahr eines Negativimages…

Aber was bringen denn bitte zwei Rallyes im WRC? Das kostet eine Stange an Geld. Und man kann durchaus auch jetzt schon sagen: So kann eine Driver Search funktionieren! Es hat einen Test bei Citroen gegeben! Und dort wurde der Andi Aigner ja auch beurteilt. Man hat ihm ja die Chance gegeben.

Aber es gab ja keine wirklichen Plätze – das Werksteam war belegt und die PH Sport-Cockpits müssen gekauft werden…

Aber was sollen sie denn noch tun? Das ist immer so leicht gesagt. Soll Red Bull jetzt zwei Millionen herschmeißen, nur damit der Aigner fährt und die Fans sagen: ‚Jetzt seid ihr die Braven!’ Die Firmen müssen einfach auch wirtschaftlich denken.

Es ist halt auch eine emotionale Ebene dabei – jetzt haben wir zwei schnelle Piloten und die haben kein Cockpit – das ist halt auch eine sehr traurige Geschichte…

Wenn es Red Bull nicht gegeben hätte, dann hätten wir nach wie vor nur einen. Der Andi Aigner wäre irgendwo in einer Autowerkstätte als Mechaniker tätig und keiner würde ihn kennen. Und das vergisst jeder. Es wurde über so viele Jahre eine gute Arbeit geleistet und es war bei der OMV das Gleiche – wenn dann Schluss ist, muss man solche Entscheidungen akzeptieren. So hart es auch ist.

Und ich sage noch einmal: Das Ergebnis ist der Weltmeistertitel und wenn der heute nicht mehr zählt bei den Werken, was soll man dann noch tun? Und noch einmal: Red Bull hat es ermöglicht, dass Andi einen Test mit dem C4 WRC erhalten hat. Und ich sehe auch nicht, was es bringen würde, in einem zweit- oder drittklassischen Allradauto zwei Rallyes zu bestreiten – das ist ja auch nicht hilfreich. Und ich weiß auch, dass wenn Andi ein ordentliches Projekt aufstellt, dass es dann auch eine weitere Unterstützung von Red Bull geben wird – in Form eines personal Sponsoring oder wenn er ein gescheites Team haben sollte auch in Form eines Sponsoring.

Was würdest du jetzt dem Andi Aigner für die Zukunft raten?

Ich rate ihm gar nichts mehr – ich würde sagen: Er muss einfach seinen Weg gehen – ich weiß nicht, ich kann da jetzt gar nichts dazu sagen.

Was würdest du tun, wenn du der Andi Aigner wärst?

Wenn ich der Andi Aigner wäre… - dann würde ich mich bemühen, irgendetwas auf die Füße zu stellen.

Und wohin würdest du als erstes gehen, um etwas auf die Füße zu stellen?

Du…- vielleicht zu irgendwelchen großen Firmen, die ihm dann vielleicht helfen. Aber das hätte man schon lange tun können, denn er weiß eigentlich schon seit 1,5 Jahren, dass die Zeit kommt, in der die Fahrer etwas mitbringen müssen. Weil das System einfach so geworden ist bei Red Bull. Aber es ist nicht leicht, ich weiß es – er hatte vier persönliche Werbeflächen und hat nur zwei verkauft.

Und ich möchte auch noch einmal wiederholen: Es gab keinen Kampf zwischen BRR und Andi Aigner um das Red Bull-Sponsoring – wie denn auch? Red Bull ist mein langjähriger Sponsor, wir haben das Konzept der Red Bull Driver Search erstellt und Red Bull hat diesem Konzept zugestimmt. So wie Red Bull Citroen sponsert, wird auch das Red Bull Rallye Team gesponsert. Ich habe Red Bull schon seit vielen Jahren als Sponsor, mal in größerer, mal in kleinerer Form.

Alles in allem ist es eben jetzt so gekommen, wie es ist und wir müssen uns damit abfinden und jeder muss weiter seinen Weg gehen – sehr viel mehr kann ich dazu wirklich nicht mehr sagen.

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