Formel 1-Testfahrten Jerez de la Frontera | 10.02.2013
Die neuen Boliden in der ersten Testwoche
Motorline.cc analysiert die neuen Formel 1-Boliden und ihre Performance in der ersten Testwoche in Jerez de la Frontera. Teil 2: Mercedes bis Marussia.
Im spanischen Jerez de la Frontera wurden die ersten Testfahrten mit den brandneuen Formel 1-Boliden unternommen. Motorline.cc hat die Performance der Autos analysiert – Teil 1, von Ferrari bis McLaren, finden Sie in der Navigation rechts oben.
Mercedes: Ausmerzen der Schwachstellen
Auch bei den „Silberpfeilen“ scheint das der Fall zu sein. Auch der neue Mercedes F1 W04 begann die Testwoche mit einer Pannenserie. Nico Rosberg musste am ersten Testtag nach nur 14 Runden den Wagen wegen eines durchgeschmorten Kabelbaums mit qualmendem Heck abstellen und den Rest des Tages zusehen. Am zweiten Tag war auch für Lewis Hamilton bei dessen Mercedes-Premiere nach nur 15 Runden Schluss: Eine Hydraulikleitung wurde durchgescheuert, sodass Bremsdruck verloren ging und Hamilton in der engen „Dry Sack“-Haarnadel in die Reifenstapel krachte. Wieder blieben die Rollläden unten. Dafür konnte Rosberg am dritten Tag satte 148 Runden drehen, Hamilton konnte am vierten Tag einige neue Teile ausprobieren.
Grundsätzlich wollte Mercedes beim neuen „Silberpfeil“ keine Risiken eingehen, es wurde im Detail jedoch sehr wohl optimiert. So wurden die Seitenkästen schmäler gestaltet, wenngleich nicht so extrem wie es bei Sauber der Fall ist, die neuen Sidepods sollen um runde fünf Zentimeter schmäler sein.
Eine Schwachstelle des Vorjahresautos war der Auspuff – die Gase haben dort mitunter die Hinterreifen aufgeheizt, sodass diese schneller verschlissen waren. Mercedes hat gleich mehrere Varianten am neuen Auto ausprobiert.
Ein weiterer Schwachpunkt des W03 war die Hinterradaufhängung, die Piloten klagten oft darüber, dass sie die Reifen nicht auf Temperatur bekommen – so wurde viel Arbeit in die Kinematik der Hinterradaufhängungsgeometrie investiert. Auch hier wollte man flexibel bleiben, auch hier kann Mercedes auf verschiedene Lösungen zurückgreifen.
Auch wenn der neue Aufsichtsrat Niki Lauda meint, Mercedes könne bereits mit den drei Topteams mithalten, sprechen die Zeiten vorerst zumindest eine andere Sprache. Ähnlich wie McLaren landete man durchwegs im Mittelfeld, lediglich am dritten Tag erfreute Rosberg mit der zweitschnellsten Zeit.
Force India unspektakulär, aber schnell
Bis auf den Einsatz einer Nasenblende gab es bei Force India keine großen Veränderungen am neuen Auto......dennoch hinterließ der Force India-Mercedes VJM06 in der ersten Testwoche einen soliden Eindruck.
Im Gegensatz zu den anderen Teams teilte man die Tage auf jeweils zwei Piloten auf, das zweite Cockpit ist bekanntlich das noch einzige freie in der Saison 2013.
Die Wahl soll zwischen dem erfahrenen Adrian Sutil und Jules Bianchi fallen, der bereits in dieser Woche zu seinem Testeinsatz kam.
Toro Rosso: Komplett neue Mechanik
Der neue Toro Rosso-Ferrari STR8 wirkt rein äußerlich ziemlich harmlos – die extrem unterschnittenen Seitenkästen des Vorjahreswagens sind verschwunden, eine Nasenblende wurde angebracht.Doch unter der Haut ist der STR8 eine völlige Neukonstruktion. Projektleiter James Key, der von Sauber zu Toro Rosso wechselte, erklärte beim Launch des STR8: „Mechanisch ist das Auto völlig neu. Darum hat sich hauptsächlich Luca Furbatto gekümmert. Die Mechanik war im letzten Jahr unser größtes Problem. Sie hat uns bei der Fahrzeugabstimmung des STR7 stark eingeschränkt. So sind wir in einer Sackgasse gelandet.“
Aus diesem Grund haben die Aerodynamikdesigner vorerst nur eine Basisversion quasi über das Auto gestülpt: „Es hätte keinen Sinn gemacht, uns mit speziellen Entwicklungen zu verzetteln. Wir haben jetzt eine Ausgangsbasis und auf der bauen wir Schritt für Schritt auf.“
In der ersten Testwoche lieferte auch Toro Rosso einen soliden Eindruck. Teamchef Franz Tost erklärte: „Wir können zufrieden sein. Das Auto hat vernünftiges Potenzial und die Zuverlässigkeit war nicht allzu schlecht. Über die Leistung müssen wir an dieser Stelle noch nicht sprechen.“ Mit weiteren Updates soll der STR8 nun seinen Feinschliff erhalten. Die Ziele sind hoch gesteckt, denn Daniel Ricciardo und Jean-Eric Vergne sollen das B-Team von Red Bull auf Platz sechs der Teamwertung hieven.
Caterham: Die hässlichste Nase
Von den seit 2010 „neuen Formel 1-Teams“ bleiben 2013 nur noch zwei übrig: Caterham und Marussia. HRT musste zusperren – dubiose Kauf- und Fortführungsgeschichten sind am Zirkulieren, jedoch keineswegs ernst zu nehmen…Wie schlecht es den beiden verbliebenen Rennställen ergeht, erkennt man daran, dass beide nur noch mit Bezahlfahrern arbeiten. Für die Formel 1 ist es beschämend, wenn Größen wie ein Heikki Kovalainen oder ein Timo Glock den Hut ziehen müssen, um mittelmäßigen Piloten wie einem Giedo van der Garde oder einem Luiz Razia das Cockpit zu überlassen.
Der Caterham-Renault CT03 besticht mit den kleinsten Kühleinlässen bei den Seitenkästen und der wohl mit Abstand hässlichsten und auch höchsten Nase der neuen Fahrzeuggeneration.
Jedes Jahr möchten die „Grünen“ den Anschluss an das Mittelfeld schaffen – ob man dieses Ziel mit den unerfahrenen Piloten Charles Pic und Giedo van der Garde auch nur annährend umsetzen kann, ist anzuzweifeln.
Aus den Testzeiten kann man herauslesen: Derzeit ist Caterham sicher (noch) das bessere der beiden verbliebenen „neuen“ Teams, doch mit den Mittelfeldteams wie Williams, Toro Rosso oder Force India kann man noch lange nicht mithalten. Da nützt es auch wenig, dass Getriebe und KERS von Red Bull Racing stammen.
Marussia: Innovation trotz Schmalspurbudget
Marussia hingegen verblüffte mit einem ziemlich eigenständigen und auch mutigen Auto. Verantwortlich zeichnet auch niemand geringerer als Pat Symonds, der frühere Renault-Chefdesigner, der im Zuge des Betrugsskandals 2008 wie auch sein damaliger Chef Flavio Briatore in einen erzwungenen Ruhestand gehen musste. Trotz Schmalspurbudget haben Symonds und Dave Greenwood einige eigenständige Lösungen entwickeln können.Die Spitze der Nase ist so tiefgezogen wie bei keinem anderen der aktuellen Boliden, auf die Stufe in der Nase hat Marussia schon im Vorjahr verzichtet. Trotzdem wird beim Marussia MR02 die Nasenblende genützt – allerdings nur an den Kanten, um so die Luft gezielter zum Cockpit zu lenken.
Außerdem sind die Seitenkästen extrem flach, so flach wie bei keinem anderen aktuellen Fahrzeug - schmäler sind sie auch, jedoch nicht so extrem wie bei Sauber oder Mercedes. Eigenständig wirkt auch die Motorhaube, selbst wenn sie etwas plump wirkt…
Bei den Tests gab es noch zahlreiche Probleme, derzeit hat Marussia noch die rote Laterne fest in Händen, doch das könnte sich im Laufe der Saison dank der innovativen Lösungen am neuen Auto ändern. Marussia wird 2013 zum ersten Mal auch KERS einsetzen, es wird von Williams gestellt.
Williams: Das Fragezeichen
Womit wir beim einzigen Team gelandet sind, dass in Jerez noch mit dem Vorjahreswagen testen musste. Der neue Bolide wird erst vor dem Barcelona-Test in rund zehn Tagen vorgestellt.Auf dem alten Williams wurden bereits einige neue Bauteile ausprobiert – performancemäßig sind die Zeiten mit dem alten Auto irrelevant – wo das britische Kult-Team heuer stehen könnte, wird man erst beim nächsten Test erfahren…
Testzeiten Tag 1
1. Jenson Button McLaren 1:18.861 2. Mark Webber RBR 1:19.709 3. Romain Grosjean Lotus 1:19.796 4. Paul di Resta Force India 1:20.343 5. Daniel Ricciardo Toro Rosso 1:20.401 6. Felipe Massa Ferrari 1:20.536 7. Nico Hülkenberg Sauber 1:20.699 8. Nico Rosberg Mercedes 1:20.846 9. Pastor Maldonado Williams 1:20.864 10. Giedo van der Garde Caterham 1:21.915 11. Max Chilton Marussia 1:24.176
Testzeiten Tag 2
1. Romain Grosjean Lotus 1:18.218 2. Paul di Resta Force India 1:19.003 3. Daniel Ricciardo Toro Rosso 1:19.134 4. Mark Webber RBR 1:19.338 5. Nico Hülkenberg Sauber 1:19.502 6. Lewis Hamilton Mercedes 1:19.519 7. Sergio Perez McLaren 1:19.572 8. Felipe Massa Ferrari 1:19.914 9. Pastor Maldonado Williams 1:20.693 10. James Rossiter Force India 1:21.273 11. Giedo van der Garde Caterham 1:21.311 12. Luiz Razia Marussia 1:23.537
Testzeiten Tag 3
1. Felipe Massa Ferrari 1:17.879 2. Nico Rosberg Mercedes 1:18.766 3. Sebastian Vettel RBR 1:19.052 4. Kimi Räikkönen Lotus 1:19.200 5. Jean-Eric Vergne Toro Rosso 1:19.247 6. James Rossiter Force India 1:19.303 7. Jenson Button McLaren 1:19.603 8. Esteban Gutierrez Sauber 1:19.934 9. Max Chilton Marussia 1:21.269 10. Valtteri Bottas Williams 1:21.575 11. Charles Pic Caterham 1:22.352 12. Paul di Resta Force India 1:23.729
Testzzeiten Tag 4
1. Kimi Räikkönen Lotus 1:18.148 2. Jules Bianchi Force India 1:18.175 3. Sebastian Vettel RBR 1:18.565 4. Esteban Gutierrez Sauber 1:18.669 5. Jean-Eric Vergne Toro Rosso 1:18.760 6. Lewis Hamilton Mercedes 1:18.905 7. Sergio Perez McLaren 1:18.944 8. Valtteri Bottas Williams 1:19.851 9. Pedro de la Rosa Ferrari 1:20.316 10. Charles Pic Caterham 1:21.105 11. Luiz Razia Marussia 1:21.226 12. Paul di Resta Force India 1:23.435
Gesamte Testzeiten
1. Felipe Massa Ferrari 1:17.879 2. Kimi Räikkönen Lotus 1:18.148 3. Jules Bianchi Force India 1:18.175 4. Romain Grosjean Lotus 1:18.218 5. Sebastian Vettel RBR 1:18.565 6. Esteban Gutierrez Sauber 1:18.669 7. Jean-Eric Vergne Toro Rosso 1:18.760 8. Nico Rosberg Mercedes 1:18.766 9. Jenson Button McLaren 1:18.861 10. Lewis Hamilton Mercedes 1:18.905 11. Sergio Perez McLaren 1:18.944 12. Paul di Resta Force India 1:19.003 13. Daniel Ricciardo Toro Rosso 1:19.134 14. James Rossiter Force India 1:19.303 15. Mark Webber RBR 1:19.338 16. Nico Hülkenberg Sauber 1:19.502 17. Valtteri Bottas Williams 1:19.851 18. Pedro de la Rosa Ferrari 1:20.316 19. Pastor Maldonado Williams 1:20.693 20. Charles Pic Caterham 1:21.105 21. Luiz Razia Marussia 1:21.226 22. Max Chilton Marussia 1:21.269 23. Giedo van der Garde Caterham 1:21.311