24 Stunden von Le Mans | 13.06.2006
Und wieder 24 Stunden...
In Le Mans findet kommendes Wochenende wieder der 24-Stunden-Klassiker statt, mit Philipp Peter hat auch ein Österreicher Siegchancen.
Die große Favoritenrolle hat jedoch, wie schon in den vergangenen Jahren, wieder Audi. Nachdem die Konkurrenz nicht und nicht kommen will, leisten sich die Ingolstädter ein technisches Experiment und haben mit dem R10 TDI den ersten den ersten kompromisslosen Renndiesel auf die Räder gestellt. Ganz so "kugelsicher" wie sein Vorgänger R8 ist der neue Audi-Renner noch nicht, und vom Speed her können Teams wie zum Beispiel die Mannschaft von Henri Pescarolo oder auch Philipp Peters Team Swiss Spirit mithalten.
Damit hetzen sie sich aber, wie Pescarolo im Vorjahr, vielleicht selbst zu Tode. Der französische Altmeister vertraut in seinem Eigenbau auf den bewährten Judd V10-Motor, genau wie die meisten anderen Konkurrenten. Rallye-Weltmeister Sebastien Loeb gibt wieder ein Gastspiel beim französischen "Nationalteam".
Diese beiden Teams werden den Kampf um den obersten Stockerlplatz primär ausfechten. Philipp Peter spielt dank Doppelstaatsbürgerschaft heuer im Schweizer Dress, gemeinsam mit Marcel Fässler und Harold Primat hat er im Swiss-Spirit-Courage C70-Judd bei den Vortests schon einen guten Eindruck gemacht. Ein Podiumplatz ist für ihn drinnen, das ist ihm bereits 2002 einmal gelungen (Rang 3 mit einem Audi R8).
Die Klasse LMP2 der kleinen Prototypen (bis 3,4 Liter Hubraum bzw. 2,5l Turbo) hatte in den letzten Jahren immer eine extrem hohe Ausfallquote. Hier heißt das Ländermatch England gegen USA: Die US-amerikanischen Top-Teams Intersport und Miracle Motorsports stellen sich den britischen Titelverteidigern von RML (mit dem werksunterstützten Lola B05/40) und Rollcentre.
Paul Belmondo hatte 2005 technisches Pech mit seinem französischen Courage-Chassis, er geht auch beim Motor eigene Wege. Wo Ford draufsteht, ist Mecachrome drin: Die französische Motorenschmiede liefert einen V8-Saugmotor. Ansonsten macht auch in dieser Klasse Judd das beste Geschäft, andere Motorenbauer wie AER mit dem ehemaligen MG-Turbo und Zytek mit einem eigenen V8 leisten eifrig Widerstand. Ein Judd arbeitet auch im Radical R9, dem ersten Le-Mans-Auto der mit ihren Kleinsportwagen weltweit erfolgreichen Firma.
Einen LMP2 fährt die einzige Dame im Feld, Liz Halliday aus den USA hat mit dem Intersport-Lola definitiv Chancen auf einen Stockerlplatz. Und der jüngste Teilnehmer ist 17 Jahre alt, der aus der Sports Car Challenge bekannte Ed Morris startet für das holländische G-Force-Team.
Bei den Gran Turismo der Klasse GT1 tobt ungebremst das Prestigeduell der Werke: Corvette gegen Aston Martin. Voriges Jahr sah das Publikum am Circuit de la Sarthe einen aufregenden Schlagabtausch, aus dem durch einen technischen Doppelfehler bei den Astons mit einem Schlag die Luft draussen war: Wieder Doppelsieg für Corvette Racing, aber so hart erarbeitet wie nie. Genau wie Audi freuen sich auch die Gelben aus Detroit über jeden ernsthaften Widerstand.
Besondere Tücke der Frontmotorautos Corvette C6 und Aston Martin DBR9: Die Innentemperaturen steigen auf 80 Grad und höher, in der Hitzeschlacht 2005 fielen die Fahrer mehr tot als lebendig aus den Cockpits. Zum Taktieren und Abkühlen wird in dieser Klasse keine Zeit bleiben. Zwei C6 und zwei DBR9 stehen sich gegenüber, der Rest der Klasse sind, bei allem Respekt vor Teams wie Larbre Competition oder der Scuderia Italia, Nebendarsteller. Sie werden sich begnügen, auf einen Eigenfehler der vier Top-Autos zu warten. Mit dabei auch Tomas Enge aus der Tschechischen Republik im Aston mit der beziehungsvollen Nummer 007.
Die Klasse GT2 ist Porsche-Land. Stuttgart betreibt das aufwändigste Kundenprogramm und ist seit 1999 ungeschlagen, hier kann oder will kein anderer GT-Hersteller wirklich mit. Ferrari hat mit dem neuen F430 der Scuderia Ecosse ein äußerst heißes Eisen im Feuer, aber nur ein solches Auto steht am Start - gegen neun Porsche 996 von verschiedenen Privatteams.
Zwei noch kleinere Hersteller tun sich die Mühe ebenfalls an. Die Spyker Squadron aus den Niederlanden startet in traditionsbewusstem Orange. Die holländische Fahrer-Elite sitzt in den beiden Spyker C8 GT2R, und die Autos mit dem Propeller im Markenzeichen und dem Mittelmotor-V8 von Audi unter der Haube sind schnell, kommen aber üblicherweise nicht weit.
Aus den USA kommt Panoz mit dem Esperante GT-LM, der in der ALMS bereits die Porsche ärgern kann. Beim US-typischen Frontmotorauto stimmen mittlerweile Zuverlässigkeit und der Speed, jetzt brauchen die Teams von Multimatic und LNT etwas Glück. Voriges Jahr verschluckte sich der bullige Ford-V8 am französischen Treibstoff, zur Freude der Verschwörungstheoretiker.
Auch bei den Porsche kommt das Top-Team, und das Top-Geld, aus den USA. White Lightning Racing aus der ALMS und Öl-Magnat Tracy Krohn, der sonst in der Konkurrenzmeisterschaft GrandAm fährt, haben sich zusammengetan. Und die Titelverteidiger von Flying Lizard Motorsports haben Porsche-Werksfahrer Patrick Long zur Verfügung.
Französischer Hoffnungsträger ist das IMSA Performance Team, dahinter steckt die Mannschaft von Raymond Narac aus der französischen Meisterschaft, die mit Heimvorteil immer wieder für Überraschungen gut ist. Insgesamt 50 Starter nehmen also am 17. Juni das klassische Rennen zweimal rund um die Uhr unter die Räder, vielleicht steht am Sonntag mit Philipp Peter ein Österreicher am Podium.