MOTORSPORT

  • Motorline auf Facebook
  • Motorline auf Twitter
WTCC: Macao

Im Netz der Spinne

"Spiderman" ist der älteste FIA-Weltmeister - glanzloses Finale der WTCC-Saison - zweites Rennen nach schwerem Crash abgebrochen.

Im Warm-Up musste der Titelverteidiger Yvan Muller sein Auto frühzeitig abstellen, sein Fahrzeug war schwerer beschädigt als das seines Hauptrivalen und Teamkollegen Gabriele Tarquini. Am Seat Leon des Franzosen musste zwecks Reparatur sogar der Überrollkäfig entfernt werden.

Tarquinis Auto brauchte dafür einen neuen Motor, das zieht üblicherweise eine strafweise Rückversetzung am Grid nach sich zieht. Der Italiener entkam der Bestrafung durch die Force-Majeure-Regel im Reglement:

Sofern der Motor in einem Unfall beschädigt wurde, kann der FIA-Techniker vor Ort nach schriftlichem Antrag (Ordnung muss sein) den Wechsel der Motors oder von Motorteilen erlauben.

Seat war im Warm-Up mit Jordi Gené und Rickard Rydell voran, die Spanier kämpfen ja auch (bzw. aus Sicht der Werkssportler hauptsächlich) um den Markentitel. Zumal auch deshalb, weil man 2010 nur mehr mit drei Autos antreten wird. Augusto Farfus im BMW war Drittschnellster.

Lauf 1: Kühle Angelegenheit

Am Start musste BMW gleich eine Stütze im WM-Kampf abschreiben: Andy Priaulx wurde in der ersten Kurve, der schnellen Reservoir Bend, in die äußere Leitschiene gedrängt. Mit zerrupfter Aufhängung musste der Ex-Champion an die Box.

Kühler als erwartet waren die Temperaturen in Macao, und so richtig erwärmen konnte man sich auch nicht für das Geschehen im ersten WTCC-Rennen. Rob Huff erreichte für Chevrolet einen lupenreinen Start-Ziel-Sieg, zeitweise hart bedrängt von Tiago Monteiro im Seat.

„Zeitweise“, denn der Portugiese erhielt alsbald einen Funkspruch der Teamleitung. Er musste sich zugunsten von Tarquini zurückfallen lassen. Damit kassierte Tarquini die Punkte für Platz 2, und aus dem Rennen war jegliche Spannung verschwunden.

BMW war mit den Schnitzer-Autos von Farfus und Jörg Müller in den Top 8 deutlich unterrepräsentiert. In der letzten Runde dann ein deutliches Signal vom bayerischen Feldherrenhügel. Farfus wurde zurückgepfiffen und ließ sich bis auf Platz 8 zurückfallen…

Damit gab BMW das Rennen um die Fahrerwertung zugunsten des Marken-Titels auf. Dort hatte BMW vor dem letzten Lauf des Jahres 10 Punkte Defizit. Wäre man sich in München früher über die Strategie einig gewesen, hätte es dieser optisch unschönen Verzweiflungsmaßnahme nicht bedurft.

Huff konnte sich ganz aufs Rennfahren konzentrieren, er freute sich über den Sieg: „Wir haben seit drei Jahren in Macao immer gewonnen, der Cruze ist auf den Straßenkursen ein phantastisches Auto!“ – Vor allem im City-Geschlängel, denn auf den Geraden fehlt den Benzinern etwas der Atem.

Tarquini, der Routinier, aus Italien, blickte zuversichtlich in die nähere Zukunft: „Es ist genau wie im vorigen Jahr – ich und Yvan im letzten Rennen. Ich habe jetzt alles in der Hand!“ – Denn Muller hatte sechs Zähler Defizit und musste Dritter werden, Tarquini ausfallen.

Gené machte als Tarquinis Geleitschutz das Podium komplett. Die Independents sahen einen Sieg durch den Privatiers-Leader Tom Coronel, der damit beinahe schon zu feiern beginnen konnte. Felix Porteiro musste in die Top 8 der Gesamtwertung fahren – und das von der 14. Position.

Lauf 2: Schwerer Crash

Für einen war es jedenfalls das letzte Rennen: Der Chevrolet-Fahrer und ehemalige DTM-Champion Nicola Larini gab seinen Rücktritt bekannt. Sein Nachfolger bei den Blauen wird Yvan Muller.

Auch deshalb hatte Seat Sport klarerweise wenig Interesse daran, dem Franzosen bei seinem Griff nach der Titelverteidigung besonders zu helfen.

„Wir müssen das Rennen auf Position 1 und 2 beenden, dann kommt es drauf an, wie viele Punkte die anderen machen“, meinte der BMW-Pilot Jörg Müller. Der Deutsche hat ja sowohl in der Formel 3 als auch bei den Tourenwagen schon in Macao gewonnen.

In der Startphase gab es um Platz 2 ein gutes Duell Müller gg. Muller – denn Yvan der Schreckliche lag auf Platz 3, er wollte seine kleine Chance auf den Titel noch wahren. Tarquini lag derweil auf der 7. Position. Teamorder bei Seat?

In Runde 4 gab es den ersten Schrott, zunächst verstolperte sich der Däne Kristian Poulsen in der Lisboa Bend, dann parkte der britische Privatier Tom Boardman seinen Seat im Bergauf-Geschlängel. Alain Menu musste an die Box, damit rückte Tarquini auf P6 auf.

Desaster für Coronel: Er musste an die Box! Porteiro war zur gleichen Zeit Zwölfter, ihn trennten damit vier Plätze von seiner letzten Chance auf die Independents-Krone. Und dann rückte das Safety-Car aus, damit war Farfus’ herausgearbeiteter Vorsprung weg.

In Runde 7 war das Rennen wieder frei, die Distanz wurde von 9 auf 11 Runden verlängert. Eine Beschädigung am Auto von Gené gab diesem die Rechtfertigung, Platz zu machen und Tarquini auf die sechste Position durchzuwinken.

Muller setzte zwischenzeitlich Müller unter riesigen Druck, aber auf der langen Geraden reichte es bemerkenswerterweise nie für einen direkten Angriff. In Runde 8 verabschiedete sich Larini mit einem Crash aus der WTCC, Alex Zanardi half ihm in die Barriere der Lisboa Bend.

Und die neunte Runde sah das vorzeitige Ende des Rennens. Felix Porteiro war in der Fisherman’s Bend zu schnell, er rutschte in die äußere Begrenzung und kreiselte dann wieder auf die Strecke zurück.

Franz Engstler konnte nicht mehr ausweichen, und der unglückselige Andre Couto hatte ebenfalls keine Chance mehr – er erwischte das Auto von Engstler hart. Der Deutsche wurde mit der Rettung abtransportiert.

UPDATE Schlüsselbeinbruch lautet die Diagnose, Engstler wurde mittlerweile wieder aus dem Spital entlassen.

Weil die Wertung eine Runde vor dem Rennabbruch zum Rennergebnis erklärt wurde, haben Porteiro und Engstler bizarrerweise dennoch die Independents-Wertung des letzten Rennens gewonnen.

Tarquini & Seat räumen ab

Nach langer Wartezeit und sogar neuer Startaufstellung gab es dann den endgültigen Abbruch – und Gabriele Tarquini ist Tourenwagen-Weltmeister 2009. Mit 47 Jahren ist „Spiderman“ der älteste FIA-Weltmeister aller Zeiten.

Voller Erfolg also für die Spanier: Auch die Markenwertung geht an Seat, mit Tom Coronel holt ein Seat-Pilot die Privatfahrerwertung.

Eine in der zweiten Hälfte immer politischere WM-Saison 2009 findet damit ein etwas glanzloses Ende, nächstes Jahr ist Konsolidierung angesagt: Seat wird nur mehr drei Autos bringen, und was macht BMW? Es wird jedenfalls ein Übergangsjahr für die WTCC, bevor 2011 ein neues Reglement kommt.

News aus anderen Motorline-Channels:

WTCC: Macao

- special features -

Weitere Artikel:

Zwischen Fortschritt und Nostalgie

Die V10-Debatte aus Fahrersicht

Die Gespräche über eine Rückkehr der Formel 1 zu V10-Motoren ebben nicht ab - Für einige Fahrer geht es dabei vor allem um leichtere und agilere Rennwagen

Rechbergrennen: Bericht

Der Rechberg lebt…und bebt

Der Rechberg lebt…und bebt…auch bei der 51. Auflage. Kevin Petit und Reto Meisel sind die Dominatoren des Berg-Klassikers. Christoph Lampert bester Österreicher. Neuer Streckenrekord und Höchstleistungen im Almenland.

Lando Norris spricht über sein fehlendes Selbstvertrauen, das ihn trotz WM-Führung plagt - Er weiß, dass er sich die guten Seiten stärker bewusst machen muss

ÖMVC-Präsident Ing. Robert Krickl veranstaltete Testtag

Oldtimer Rallye Akademie zum Saisonauftakt

Als Warm-up für die kommende Saison wurde wieder zur Oldtimer Rallye Akademie gerufen. Theorie und Praxis standen am 26. April in Brunn am Gebirge gleichermaßen im Fokus.

GP von Saudi-Arabien: Freies Training

McLaren gibt Ton an - Crash von Tsunoda

Lando Norris sichert sich die Bestzeit im zweiten Freien Training in Dschidda, Max Verstappen landet auf P3, Yuki Tsunoda kurz vor Ende der Session in der Mauer

GP von Saudi Arabien: Bericht

Piastri gewinnt vor Verstappen!

Max Verstappen liefert beim Rennen in Dschidda mehr Gegenwehr als erwartet, wegen einer Zeitstrafe ist er aber gegen Oscar Piastri letztendlich chancenlos