FIA-GT: Oschersleben | 06.07.2008
Rache für Adria!
Auftrag ausgeführt: Jetalliance Racing meldet sich im Kampf um die FIA-GT-Krone 2008 mit einem Doppelsieg zurück. GT2: Ferrari-Ferrari-Ferrari...
Noch vor dem Start gab es die große Enttäuschung für Philipp Peter und sein Gigawave-Team: Aus Startplatz 9 wurde „Startplatz Null“ - Bruch der Motoraufhängung, K.O. noch vor dem Start! Ein schmerzhafter Punkteverlust für Peter und seinen Teamkollegen Allan Simonsen, dessen Geburtstag an diesem Wochenende der einzige Grund zum Feiern war.
Philipp Peters Reaktion: „Das ist schon extrem bitter für uns, wir gingen mit hohen Erwartungen nach Oschersleben, da wir aufgrund des letzten Rennens unser Zusatzgewicht wieder zur Gänze herausbekommen haben. Im Qualifying passte zunächst der Reifendruck nicht und jetzt auch noch der Defekt an der Motoraufhängung, sehr, sehr schade…“
Die Reihe 1 war komplett Jetalliance-blau, dahinter die Corvette des Selleslagh Racing Team mit Bouchut/Maassen und der sensationelle argentinische Ferrari F550 mit Jose Maria Lopez und dem Debütanten Martin Basso – zuhause in Argentinien ein Tourenwagen-Star, hier der „Rookie“.
Gianmaria Bruni und Toni Vilander hatten die Pole Position bei den GT2, wo es wieder nach einem Ferrari-Festival aussah. Mitten unter den schnellsten GT2 die Corvette C5-R von AT Racing, leider wieder einmal der einzige Starter im Citation Cup.
Start: Müllermania
2007 gab es hier eine Startkollision der beiden Jetalliance-Autos, das kostete dem Team wertvolle Punkte. Auch diesmal kamen die beiden Aston Martin einander am Start recht nahe; Alex Müller behielt die Oberhand und ging in Führung. Christophe Bouchut nutzte die Gelegenheit, um an Wendlinger vorbei auf Platz 2 durchzuschlüpfen.Der Tiroler hatte somit Lopez im Ferrari-Youngtimer (Baujahr 2001) und Michael Bartels im düsteren Vitaphone-Maserati. Vitaphone hat die letzten drei Rennen hier gewonnen, Bartels wollte diese Serie fortführen.
Nach 12 Minuten Riesenpech für AT-Racing: Aufhängungsbruch, der V8-Donnerbolzen schleppte sich noch an die Box, aber nicht mehr weiter.
Alex Müller schaffte es in der ersten halben Stunde nicht, sich abzusetzen. Der „Stoßverkehr“ in der verwinkelten Motorsport-Arena war beträchtlich, kaum ein freier Meter Strecke ohne irgendwelche Überrundungen. Wendlinger und Bartels blieben ihm auf den Fersen.
Fangio schau obe: Argentinier in Europa
Die ersten Drei profitierten auch etwas von der Kampfmoral des Jose Maria Lopez. Nicht imstande, das Tempo vollends mitzugehen, behauptete er sich tapfer auf Platz 4 – und hielt somit die versammelte Konkurrenz auf.Trotz gewisser Erleichterungen seitens der FIA ist der vor fast einem Jahrzehnt von Prodrive entwickelte Ferrari 550 Maranello schon ein angegrauter Veteran. Erstaunlich, dass der argentinische Verband, der dieses Unternehmen finanziert, sich für dieses Auto entschieden hat, während gleichzeitig schnellere Fahrzeuge eingemottet herumstehen.
Ohne fremde Hilfe schmiss Lopez am Ende seines Turns den F550 in die Reifenstapel, mit Glück kam er wieder zurück auf die Strecke, ab da spielte der angeschlagene rote Renner keine Rolle mehr im Rennen. Dennoch führte ein argentinisches Team, nämlich in der GT2 die Herren Luis Perez-Companc und Matias Russo im Ferrari 430.
Boxen-Ballett
Nach 45 Minuten übergibt Wendlinger an Ryan Sharp,etwas später Müller an Lukas Lichtner-Hoyer, der sich als Fahrer immer besser entwickelt und sich auch in der direkten Auseinandersetzung mit den Top-GT-Fahrern nichts mehr gefallen lässt.Fahrerwechel, Reifenwechsel, Sprit – minutiös einstudierte Choreographie bei Jetalliance und allen anderen Spitzenteams. Damit fanden sich die beiden DBR9 mit dem ÖOC-Bundesadler auf den Plätzen 1 (Sharp) bz. 3 (Lichtner-Hoyer) wieder.
Lichtner-Hoyer hatte in der Folge etliches an Angriffen der beiden Phoenix-Corvette abzuwehren. FIA-GT-Rekordstarter Mike Hezemans und Jean-Denis Deletraz ließen den Aston Martin keine Sekunde aus den Augen. Am Ende der Zielgeraden beanspruchte Hezemans dann mit „internationaler Härte“ Platz 3 für sich, Teamkollege Deletraz setzte nach – nur noch Platz 5 für den Boss.
Sharp setzte sich dafür an der Spitze vom verfolgenden Xandy Negrao im Maserati N. 2 ab, während Lichtner-Hoyer sich emsig mit seinem alten Spezi Deletraz (man kennt sich bereits von anderen Konfrontationen) und Andrea Bertolini im Maserati Nr. 1.
Gelbe Gefahr
Gegen Ende der zwei Rennstunden gab es dann bei den Teammanagern die Besorgnis um die Reifen. Oschersleben beansprucht die Pneus außerordentlich. Aber alle gefinkelte Strategie ging dann "la toilette" hinunter, denn 30 Minuten vor Schluss gab es eine Safety-Car-Phase.Der gelbe Schrittmacherwagen setzte sich – wie das in Europa so üblich zu sein scheint heuer – routiniert vor das falsche Auto. Wendlinger war nach dem zweiten Stop des Aston Nr. 33 zu dieser Zeit auf Platz 2, hinter dem Maserati Nr. 1 und vor der Corvette Nr. 6.
Der Maserati hatte aber seinen Boxenstop noch vor sich, und somit wanderte dann die gesamte Kolonne am Vitaphone-Auto vorbei. Der zweite MC12 lag auf Platz 7, die Siegesserie des Teams in Oschersleben war damit, soviel war schon klar, vorbei.
Finale in rot-weiß-rot
Beim Neustart 20 Minuten vor Schluss hatten die schnellsten Autos eine Meute von langsameren GT2-Fahrzeugen vor sich, Wendlinger hatte Hezemans unmittelbar im Nacken und durfte sich keinen Zeitverlust erlauben. Der Holländer wiederum hatte seinerseits Alex Müller im Nacken.
Ein kleiner Fehler des Corvette-Piloten, und Müller war vorbei – Doppelführung für Jetalliance! Als die Luft an der Spitze dann etwas reiner war, ließ Wendlinger den britischen V12 tief Luft holen und setzte sich ab. Müller empfahl sich mit einer starken kämpferischen Leistung für den Rest der Saison; der Deutsche hat nur noch im nächsten Rennen seinen Fahrerplatz sicher.
Marcel Fässler in der Corvette Nr. 5 rettet nach spätem Ausrutscher von Mike Hezemans noch die Ehre des Phoenix-Teams und schnappt Miguel Ramos in der Nr. 2 von Vitaphone ganz knapp Platz 3 weg. An der Spitze das fabelhafte Formations-Finish: Jetalliance Racing mit Wendlinger & Müller sichern den ersten Doppelsieg des Teams aus Niederösterreich!
GT2: Alles auf Rot
Ferrari-Ferrari-Ferrari in der GT2-Klasse, Bruni/Vilander holen sich für AF Corse den Pflichtsieg ab und siegen in der 430er-Parade vor Thomas Biagi/Christian Montanari und Andrew Kirkaldy/Rob Bell.In der Tabelle bleiben Bartels & Bertolini an der Spitze, 24 Punkte bedeuten 2 Zähler Vorsprung auf eine ganze Meute von Fahrern: Wendlinger, Sharp, Bouchut, Hezemans, Maassen, Gollin – alle mit 22 Punkten. Philipp Peter und Allan Simonsen liegen mit 15 Zählern auf Platz 3.
In der Teamwertung führt Vitaphone mit 39 Punkten vor Phoenix Racing mit 35, Jetalliance mit 33 auf dem 3. Platz, Gigawave (15) schon etwas abgeschlagen auf Rang 5.
Entscheidung in Spa-Francorchamps?
Auf der klassischen Ardennen-Strecke folgt mit dem 24-Stunden-Rennen das Highlight der Saison. Und dort fällt ohne Zweifel eine Vorentscheidung für die Meisterschaft, denn es gibt doppelte Punkte!Für einige die letzte Chance: „Wir haben durch den Ausfall leider deutlich an Boden verloren", meint Philipp Peter, "Spa ist so etwas wie unsere letzte Möglichkeit, wenn wir am Ende der Saison doch noch um einen Spitzenplatz mitfighten wollen.“
Nach sechs bzw. zwölf Stunden werden halbe Punkte verteilt, dazu gibt’s am Schluss nochmals den vollen Punktesegen. Alle Autos werden mit dem Mindestgewicht antreten, ohne jeden Erfolgsballast – also volle Kraft voraus in Belgien am 2. und 3. August!
Stimmen zum Ergebnis
Karl Wendlinger: „Der Start von mir war nicht optimal. Deshalb musste ich in der Folge auch sehr viel pushen, das ging sehr an die Substanz. Nach der Pace-Car-Phase war der ganze Vorsprung dahin – auch da musste ich wieder voll ans Limit gehen. Das war ein sehr hart erkämpfter Sieg. Deshalb freut mich dieses Ergebnis auch doppelt.“Ryan Sharp: „Das bestmögliche Ergebnis, dass man sich nur wünschen kann. Jetzt kann das ganze Team sehr optimistisch zu den 24 Stunden nach Spa fahren.“
Lukas Lichtner-Hoyer: „Für mich ist heute ein Traum in Erfüllung gegangen. Wir – und damit meine ich das Team – haben in nur drei Jahren Großartiges geschafft – besser geht es nicht mehr!“
Alex Müller: „Ich habe einen sehr guten Start erwischt. Auch von mir aus Danke an das Team. Es hat die halbe Nacht durchgearbeitet und uns ein Top-Auto hingestellt. Die Pace von uns war extrem gut. Lukas hat heute endgültig gewiesen, dass seine Zeit als Gentleman-Driver lange vorbei ist.“