
ILMC: 6h von Imola | 03.07.2011
Peugeot revanchiert sich für Le Mans
Nach der Niederlage von Le Mans nimmt Peugeot Revanche und feiert einen Doppelsieg. Das Kraihamer-Team abgeschlagen, Lietz auf Platz vier.
Foto: Peugeot Sport
Nach der knappen Niederlage bei den 24 Stunden von Le Mans gegen Audi meldete sich das Peugeot-Team beim vierten Saisonlauf zum Intercontinental-Le-Mans-Cup (ILMC), dem 6-Stunden-Rennen von Imola, eindrucksvoll. zurück. Sebastien Bourdais/Anthony Davidson fuhren im 908 mit der Startnummer 7 bei hochsommerlichen Temperaturen auf dem Autodromo Enzo e Dino Ferrari zum Sieg vor Frank Montagny/Stephane Sarrazin im Schwesterauto mit der Startnummer 8.
Die Revanche im Diesel-Duell ist den Franzosen damit geglückt. Audi musste in einem kurzweiligen Rennen mit den Positionen drei und vier Vorlieb nehmen. Marcel Fässler/Timo Bernhard beendeten das Rennen mit einer Runde Rückstand auf die Sieger auf Rang drei. Tom Kristensen/Allan McNish wurden im zweiten R18 TDI Vierte.
"Wir haben im Vorfeld nicht erwartet, dass es so einfach werden würde. Wir dachten Audi wäre auf dieser Strecke stärker", zeigte sich Sieger Davidson erfreut und überrascht zugleich.
Audi in der Anfangsphase auf gleicher Höhe
Bourdais erwischte von der Pole-Position den besten Start und setzte sich im Peugeot 908 mit der Startnummer 7 sofort in Führung. Noch im Verlauf der ersten Runde versuchte der von Startplatz zwei ins Rennen gegangene Fässler im Audi R18 TDI mit der Startnummer 1 ausgangs der Tosa-Kurve den Hügel hinauf auf gleiche Höhe zu ziehen. Bourdais zog energisch nach links und wehrte den ersten Angriff ab.
Dahinter bezogen die Fahrzeuge in der Anfangsphase ebenfalls in der Reihenfolge des Qualifyings Position. Montagny hielt im zweiten Peugeot den dritten Rang vor McNish im zweiten Audi. Der Pescarolo-Judd von Oak folgte mit Guillaume Moreau an der fünften Stelle.
Bereits nach wenigen Umläufen wurde das Hauptproblem auf dem knapp fünf Kilometer langen Autodromo Enzo e Dino Ferrari deutlich, als die Führenden die langsameren GTE-Fahrzeuge und damit das Ende des 48 Wagen umfassenden Starterfeldes eingeholt hatten. Die Überrundungsmanöver sollten im gesamten Verlauf des 6-Stunden-Rennens eine entscheidende Rolle spielen. Die schnelleren LMP1-Boldien sahen sich im Bemühen, an den Fahrzeugen der anderen Klassen vorbeizugehen, wiederholt engen Situationen ausgesetzt.
Le-Mans-Sieger Fässler übte in der Anfangsphase starken Druck auf den führenden Bourdais aus. Der Geschwindigkeitsnachteil der Audi aus dem Training - als die Löwen ihnen in puncto Topspeed um bis zu zehn km/h davonfuhren - schien wie weggeblasen.
Montagny sorgt für zwei 908 ganz vorn
Nach der ersten Runde der Boxenstopps, im Zuge derer sowohl Audi als auch Peugeot auf einen Fahrerwechsel verzichteten, konnte Montagny das Heck des Audi mit der Startnummer 1 gewinnen. Der Franzose schob sich im dichten Überrundungsverkehr auf der Anfahrt zur Villeneuve-Schikane außen an Fässler vorbei und sorgte damit für eine Doppelführung der Löwen.
Bourdais und Montagny konnten sich in der Folge etwas von Fässler und McNish lösen. Der Abstand zwischen dem schnellsten Peugeot und dem zweiten Audi auf Platz vier betrug allerdings auch nach rund 90 Minuten gerade einmal 24 Sekunden.
Bourdais verliert Führung an der Box
Bei der zweiten Runde der Boxenstopps übernahm Kristensen im Zuge eines vorgezogenen Halts den R18 TDI von McNish. Fässler übergab das Schwesterauto der Ingolstädter an Bernhard. Eine Runde später wechselte auch Peugeot die Besetzung: Montagny überließ den auf Platz zwei liegenden 908 an Sarrazin, bevor eine weitere Runde später Davidson den Boliden von Bourdais übernahm.
Da die Boxengasse von Imola nicht für 48 Autos ausgelegt ist, musste der Mann aus Le Mans bei der Anfahrt auf die Peugeot-Box über die Markierung hinaus schießen, was dem Führungsduo wertvolle Sekunden kostete.
Dank eines gleichzeitig reibungslos verlaufenen Stopps der Startnummer 8 lag Sarrazin nach knapp zwei Stunden somit erstmals in Führung. Davidson folgte mit zehn Sekunden Abstand auf Rang zwei vor den beiden Audi von Bernhard und Kristensen.
Hinter den vier dieselbefeuerten Fahrzeugen nisteten sich die beiden Lola-Toyota des Rebellion-Teams als schnellste Benziner auf den Plätzen fünf und sechs ein, wobei Neel Jani im Wagen mit der Startnummer 12 vor Jean-Christophe Boullion lag im Schwesterauto lag.
Kristensen musste nur kurz nachdem er den zweiten R18 TDI übernommen hatte, erneut die Box ansteuern. Bernhard folgte nur zwei Umläufe später. In puncto Verbrauch erwiesen sich die Peugeot in Imola als die effizienteren Diesel-Fahrzeuge. Davidson kam nach dem Stopp knapp vor Sarrazin wieder auf die Strecke und übernahm so nach zweieinhalb Stunden neuerlich die Führung im 6-Stunden-Rennen.
Audi fällt zurück
Kurz vor der Halbzeitmarke brummte der führende Davidson dem viertplatzierten Kristensen eine Runde auf. Das Manöver ging jedoch nicht ohne Berührung vonstatten. Bei der Anfahrt auf die Tamburello-Schikane setzte sich der Brite außen neben den Dänen, der innen vehement dagegenhielt. Nach dem Umlenken von links auf rechts kam Kristensen kurzzeitig vom rechten Weg ab und musste den Peugeot ziehen lassen.
"Es sieht ganz so aus, als wäre es zur Tradition geworden, dass wir uns mit Audi in die Quere kommen", sagte Davidson wenig später zum Vorfall. "Tom war auf der schmutzigen Seite der Strecke, wollte die Runde aber ganz offensichtlich nicht verlieren. Dann ging ihm einfach die Straße aus." Die Audi-Paarung Kristensen/McNish hatte in der Folge mit Bremsproblemen zu kämpfen und verlor weiter an Boden.
Nach drei von sechs Stunden führte Davidson mit 20 Sekunden Vorsprung auf Teamkollege Sarrazin. Unterdessen stand zu diesem Zeitpunkt auch der besser platzierte der beiden Audi kurz vor der Überrundung. Nachdem Fässler den Boliden im Zuge einer weiteren Boxenstopp-Serie wieder von Bernhard übernommen hatte, kam der Schweizer in der Acque-Minerali-Kurve vom rechten Weg ab, konnte die Fahrt aber fortsetzen. Wenig später vergrößerte sich der ohnehin schon über eine Runde betragende Rückstand auf die beiden führenden Peugeot zusätzlich, da sowohl am führenden Wagen mit der Startnummer 7 als auch beim Schwesterauto auf einen Fahrerwechsel verzichtet wurde.
Reifenschaden beim führenden Bourdais kurz vor Schluss
Gut eine Stunde vor der Karierten Flagge kam an der Spitze noch einmal Spannung auf. Der führende Bourdais musste unplanmäßig die Box ansteuern, nachdem der linke Hinterreifen bei der Anfahrt zur Variante Alta seinen Dienst quittiert hatte. Vorausgegangen war eine Kollision mit dem BMW M3 GT von Jörg Müller im dichten Überrundungsverkehr.
Montagny übernahm daraufhin im 908 mit der Startnummer 8 wieder die Führung im Rennen, wurde anschließend jedoch von dem zum zweiten Mal zur Überrundung anstehenden Audi von Bernhard aufgehalten, was dem 20 Sekunden zurückliegenden Schwesterauto der Franzosen in die Karten spielte. Als Montagny wenig später ein letztes Mal die Box ansteuerte, übernahm Bourdais kampflos Platz eins. Nach dem unplanmäßigen Reifenwechsel aufgrund des Plattfußes hinten links hatte der Mann aus Le Mans seinen letzten Boxenstopp allerdings noch vor sich.
Diesen absolvierte er 19 Minuten vor der Zielflagge. Der inzwischen herausgefahrene Vorsprung auf Teamkollege Montagny war groß genug, sodass sich der Peugeot mit der Startnummer 7 nach letztlich 220 Runden nach der Pole-Position am Samstag auch den Rennsieg am Sonntag gutschrieben lassen durfte.
"Wir mussten in jeder Runde voll angreifen", lautete das Zwischenfazit von Davidson mit Blick auf die Aufholjagd. "Nach dem Problem von Sebastien sahen wir uns einem Rückstand gegenüber unseren Teamkollegen ausgesetzt. Diesen bei der Hitze wieder aufzuholen, war nicht einfach." Da der zweitplatzierte Peugeot in den Schlussrunden noch einmal zum Spritfassen in die Box kam, betrug der Vorsprung im Ziel komfortable 68 Sekunden.
Hinter den vier überlegenen Diesel-Fahrzeugen ging der Sieg in der inoffiziellen Wertung der schnellsten Benziner an den Lola-Toyota des Rebellion-Teams mit Boullion/Belicchi am Steuer. Der Halbzeit noch auf Platz fünf liegende zweite Rebellion-Lola von Prost/Jani verlor nach einem Ausrutscher in der Tamburello-Schikane entscheidend an Boden und kam schließlich auf dem sechsten Rang ins Ziel.
Rund 45 Minuten vor Ablauf der sechs Stunden erwischte es auch den auf Platz sieben liegenden Pescarolo-Judd mit Emanuel Collard am Steuer. Der Franzose schleppte den Boliden von Le-Mans-Legende Henri Pescarolo langsam in die Boxengasse, nachdem ihm auf der Anfahrt zur Variante Alta die rechte vordere Bremsscheibe um die Ohren geflogen war. Die notwendige Reparatur kostete das Team mehrere Runden, was letztlich aber keine Auswirkung auf die Reihenfolge hatte, da der baugleiche Bolide des Oak-Teams mit der Startnummer 15 (Moreau/Ragues) nach zwei Ausrutschern im Verlauf des Rennens weit zurück lag.
LMP2: Kraihamer-Team nach Ausflügen abgeschlagen
In der LMP2-Klasse ging der Sieg erneut an den Zytek-Nissan mit der Startnummer 41 und Ojjeh/Lombard/Kimber-Smith am Steuer. Mailleux/Ordonez/Ayari wurden im Oreca-Nissan von Signatech als Klassenzweite um zwei Runden distanziert. Der Lola-HPD von Level 5 mit Tucker/Bouchut/Barbosa am Lenkrad beendete das Rennen auf Rang drei in den Reihen der zweiten Prototypen-Kategorie.
Der Oreca-Nissan des Boutsen-Teams mit Kraihamer/de Crem fiel nach mehreren Ausflügen - darunter ein spektakulärer Dreher mitten im Feld in der Rivazza-Kurve - bereits früh zurück und spielte letztlich im Kampf um die Topplatzierungen ebenso wenig eine Rolle wie der baugleiche Bolide des TDS-Teams, der im Qualifying noch die Bestzeit markiert hatte und lange Zeit die Führung inne hatte.
In der ausschließlich zur Le-Mans-Serie zählenden FLM-Klasse setzte sich im Vier-Wagen-Feld der Bolide mit der Startnummer 99 von JMB vor dem Pegasus-Fahrzeug und dem Renner von Hope durch. Der lange Zeit führende Genoa-Oreca wurde nach insgesamt vier Abflügen neben die Strecke innerhalb einer Stunde vorübergehend an die Box zitiert.
Lietz-Porsche auf Platz vier
In der GTE-Pro-Klasse holte sich Ferrari dank des Triumphs von Jaime Melo/Toni Vilander im 458 Italia von AF Corse einen Heimsieg, nachdem das BMW Team die Konkurrenz über weite Strecken des Rennens im Griff hatte, letztlich aber an beiden M3 GT Probleme bekam.
Jörg Müller kontrollierte im BMW mit der Startnummer 55 gemeinsam mit Cockpitpartner Augusto Farfus von der Pole-Position aus zunächst das Geschehen bis zur Zwei-Drittel-Marke. Nach der Kollision mit dem Peugeot von Bourdais und einer einminütigen Starfe in der Boxengasse war für den schnelleren der beiden M3 GT jedoch nur Platz drei hinter Fischella/Bruni im zweiten AF-Corse-Ferrari zu holen.
Der Felbermayr-Porsche von Lieb/Lietz landete nach sechs Stunden auf Rang vier, während Werner/Lamy im zweiten BMW nach technischen Problemen gegen Rennmitte mehrere Runden an der Box verloren und im Anschluss nur Platz neun retten konnten.
Derweil wurde die GTE-Am-Klasse zu einer sicheren Beute für den IMSA-Porsche mit der Startnummer 67, den sich Armindo/Narac teilten. Der Klassensieg des Duos vor Long/Roda im Proton-Porsche und Bornhauser/Canal/Gardel in der Labre-Corvette war zu keiner Zeit des Rennens ernsthaft in Gefahr.