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Rally of Nations Mexico

Exklusiv: Sommergespräch mit Manfred Stohl

Manfred Stohl über den Einsatz mit Andi Aigner in Mexiko, die Erfolge seines Piloten Franz Wittmann, das Erdgasprojekt, die WM und die Medien….

Michael Noir Trawniczek
Fotos: stohl-racing.com, Photo4

In Mexiko, bei der „inoffiziellen Länder-WM“, werden die beiden Rallye-Weltmeister dieses Landes endlich ein Team bilden, die Fans warten schon lange auf das „Dreamteam“ Manfred Stohl und Andi Aigner. Doch der bislang bestplatzierte Privatfahrer der Rallye-Weltmeisterschaft (Platz 4 im Jahr 2006) wechselt in den nächsten Tagen und Wochen gleich mehrfach die Fronten: Als Erdgas-Entwicklungspilot beim ÖM-Einsatz in Marburg, danach Mexiko, zugleich für Stohl Racing der nächste Einsatz des bislang so erfolgreichen Franz Wittmann junior in St. Petersburg. Zudem verfolgt der Rennstallbesitzer auch die aktuellen Ereignisse in der WRC und studiert das neue WM-Reglement, das nicht nur ihm noch ein paar Rätsel aufgibt…

Im Sommergespräch mit Manfred Stohl geht es um all diese Fragen und noch ein bisschen mehr.

Manfred, ihr wurdet vom Veranstalter der Mexiko-Rallye eingeladen, bei der dort stattfindenden innoffiziellen „Länder-WM“ Österreich zu vertreten.

Ja, es ist für den Andi Aigner und für mich eine große Ehre, dass uns der Veranstalter eingeladen hat. Es ist zwar alles sehr kurzfristig gekommen, sodass es logistisch keine leichte Aufgabe war. Aber ich denke, dass es eine spannende Angelegenheit wird.

Mit einem tollen Starterfeld.

Ja, da sind einige sehr gute Piloten dabei. England hat Kris Meeke und Nial McShea. Für Frankreich treten Auriol und Tirabassi an. Oder Toni Gardemeister und Harri Rovanpäre für Finnland, Dani Sola und Xavier Pons für Spanien, Wallenwein und Gassner für das deutsche Team.

Ihr fährt mit Mitsubishi Evo-Boliden – blöd wäre es wohl, wenn ein Super 2000 dabei wäre, oder?

Bislang weiß ich von keinem Super 2000, der mitfährt. Und selbst wenn, du musst erst einmal ins Ziel kommen. Man muss auch dazu sagen, dass auch wir beide unterschiedliche Autos fahren. Das Auto von Andi ist ein Mitsubishi Lancer Evo 8, ich fahre einen Evo 9. Es geht aber auch nicht darum, ob er oder ich schneller ist – es geht darum, dass wir gemeinsam als Team gut auftreten. Es geht darum, dass wir dort gemeinsam das Land Österreich vertreten. Zudem weiß man ja auch, dass in Mexiko aufgrund der Höhenlage sowieso alles ein bisschen anders, ein bisschen schwieriger ist.

Weil man in der großen Gebirgshöhe ohnehin an Leistung verliert? Und dadurch die reine Motorkraft nicht mehr so wichtig ist?

Naja, wichtig bleibt sie trotzdem. An Prozent verlierst du oben gleich viel wie unten.

Eure Autos werden aber nicht von Stohl Racing eingesetzt.

Ja. Für uns als Stohl Racing hatte das IRC-Projekt natürlich Vorrang, ich kann nicht von dem IRC-Projekt Leute abziehen. Wir greifen also gemeinsam mit dem mexikanischen Veranstalter auf Autos von einem italienischen Team zurück. Dass die uns so kurzfristig zwei Autos zur Verfügung stellen konnten, ist wirklich beeindruckend.

Wie werden eure Autos aussehen?

Es sind weiß lackierte Autos mit dem Mexico-Logo und unseren eigenen Sponsoren.

Fahren dort alle mit weißen Autos und Mexico-Schriftzug?

Das weiß ich nicht, aber ich gehe davon aus, dass der Mexico-Schriftzug auf einigen Autos kleben wird.

Und auf euren Autos eine kleine österreichische Flagge?

Ja, die wird natürlich auch auf den Autos sein.

Und man kann auf einen Sieg hoffen?

Mit Sicherheit. Wir sind dort sicher bei den Topleuten dabei. Wir müssen natürlich auch berücksichtigen, dass uns auch technische Defekte treffen könnten. Aber wir brauchen uns dort ganz sicher nicht zu verstecken. Wir müssen als Team gewinnen – das muss das Ziel sein!

Sind Evo X auch dabei?

Das nehme ich an, ja.

Im Vorfeld der Ypres-Rallye war die Rede von den „schnellen Evo X“ – früher hat man oft gehört, der Evo X sei nicht so geeignet, er sei noch nicht ausgereift….hat der Evo X jetzt einen solchen Entwicklungsschritt gemacht, dass er jetzt besser ist als ein Evo 9?

Die Frage kann ich dir nicht beantworten. Für mich stellt sich die Frage nämlich genauso, seit der letzten Rallye. Die Leistung, die der Jasper van den Heuvel in Belgien gebracht hat, war eine sehr, sehr gute. Überraschenderweise extrem gut. Es war auch für mich überraschend, wie schnell der Evo X in Belgien war. Ich sage einmal so: Man entwickelt ja stets weiter, man arbeitet an den Autos. Wir als Stohl Racing können jedoch derzeit beim Evo X nicht das abrufen, was dem Speed entspricht, den Jasper dort, bei der Ypres-Rallye gefahren ist. Das könnte jedoch auch an der sehr eigenen Streckencharakteristik liegen. Wir arbeiten parallel weiter am Evo X.

Franz Wittmann hat in der IRC bislang schwer beeindrucken können – was sagt der Teambesitzer zu den Leistungen seines Fahrers?

Super, hervorragend. Mit den zwei Plattfüßen in Belgien ist es halt unglücklich gelaufen. Aber sonst hat er bisher nur gute Leistungen erbracht, da bin ich sehr zufrieden.

Franz fährt einen unglaublichen Speed.

Das stimmt, absolut. Manchmal sogar ein bisschen zu schnell, da muss er noch routinierter werden.

Aber ist es für einen Teamchef nicht besser, einen Fahrer zu haben, der einen irren Speed hat und manchmal übers Ziel hinausschießt, als einen zu haben, der immer ein bisschen zu langsam ist?

Sagen wir so: Als Teamchef ist es schön, wenn die Leute bei einer Rallye zu dir kommen und sie dir sagen: ‚Der Franz ist gut! Der Franz fährt schnell’ Und das ist etwas, das den Mechanikern, den Ingenieuren und natürlich auch dem Teamchef sehr gut tut.

Der Teamchef von Jari Matti Latvala hat bei der Superspecial-Prüfung der Polen-Rallye wohl alles andere als ein gutes Gefühl – was sagst du diesem Fauxpas?

Das ist ein Wahnsinn, das ist extrem. Da fehlen mir die Worte.

Hat er da einfach ein Konzentrationsproblem?

Das nehme ich an – ich kann es schwer sagen. Ich kann nur sagen, dass es mir sehr leid für ihn tut, denn ich mag ihn eigentlich sehr gerne. Aber was er auf der Superstage getan hat, das war böse. Das ist das Schlimmste, was dir als Rallyefahrer passieren kann.

Würdest ihn du als Malcolm Wilson weiter behalten?

Ich bin nicht der Malcolm Wilson. Deshalb stellt sich das Problem für mich nicht. Du hast mich das schon einmal gefragt und ich habe dir damals meine Antwort gegeben: Letztlich zahlt er ein, viel mehr will ich dazu aber gar nicht sagen. Was ich mir aber vorstellen könnte ist, dass Malcolm Wilson am Ende der Saison bei der einen oder anderen Rallye einen anderen Fahrer probiert. Im Hinblick auf das nächste Jahr.

Die Frage ist nur, wer das sein könnte?

Ja, die Frage stellt sich ohnehin immer. Jetzt geben sie einmal dem Matti Rantanen in Finnland ein gutes Auto. Das ist für den Jari Matti schon mal ein Riesendruck. Wenn der Rantanen in Finnland schneller wäre als der Latvala, wäre das für ihn gar nicht gut. Für Spanien werden sie sicher wieder einen Asphaltspezialisten finden. Und: Petter und Malcolm sind nicht unbedingt die besten Freunde, aber vielleicht kommt das ja noch.

Der Petter Solberg fährt schon gut mit dem Xsara, oder?

Naja, ich finde es eigentlich dem Material entsprechend und Petter macht das Beste daraus. Aber ich lehne mich jetzt endgültig zurück und sage: ‚Danke, Herrgott, jetzt weiß ich es! Zu hundert Prozent’ Das heurige Jahr ist das Beste, was meinem Ego passieren hat können. Der Petter sieht - für einen Weltmeister! - kein Land, um ernsthaft vorne mitfahren zu können! Und hat aber angeblich jetzt eine Fullspec-Version, die ich nie hatte. Selbst Ogier, Novikov und der Henning sind oft schneller. Und der Henning hat mit Sicherheit heuer keine gute Saison.

Der Henning Solberg hat keine gute Saison? Vom Fahren her, meinst du? Weil er ja doch immer wieder auf dem Podium landet – aber du meinst, das tut er nur weil alle ausfallen?

Ja, das meine ich. Weil sie es nicht aus eigener Kraft heraus schaffen. Das ist das Gleiche wie mit dem Petter – der steht ja auch nur auf dem Podium, wenn die anderen Probleme haben.

Eine komische WM, irgendwie, oder?

Ich muss ganz ehrlich sagen: Die vorderen Vier, die fahren ein Tempo, da wird mir schon schwindlig, wenn ich im Fernsehen zuschaue. Das ist wirklich extrem. Es hat sich halt deshalb viel geändert in der WM, weil die schnellsten Autos immer als erste auf die Strecke fahren. Damit werden die Zeitabstände viel geringer. Weil am Abend stehen geblieben wird, aus taktischen Gründen, um am nächsten Tag eben nicht als Erster auf die Strecke zu müssen. So rückt das Feld näher zusammen.

Findest du das gut, dass am Abend stehen geblieben wird?

Ich finde es gut, ja.

Also als Zuschauer finde ich das weniger gut. Wenn ich den ganzen Tag eine Rallye verfolge und am Schluss bleiben die stehen und alles ist ganz anders.

Da gebe ich dir schon Recht, für den Zuschauer ist es nicht okay. Meine Antwort kam aus der Perspektive des Fahrers, und zwar des Privatfahrers. Weil du dadurch die Chance hast, als Privatfahrer kurzfristig vorne zu sein - man ist näher and der Spitze dran, was auch für deine Sponsoren besser ist. Aber das wird es im nächsten Jahr mit dem neuen Reglement ohnehin nicht mehr geben.

Ist das neue Reglement die Rettung der Rallye-WM?

Ehrlich gesagt ist mir die Hälfte des neuen Reglements unklar.

Mir geht es auch so – da gibt es noch ein paar Widersprüche. Einerseits soll der Zeitplan gelockert werden, andererseits soll um 16 Uhr Schluss sein für die Medien.

Oder der 1,6 Liter-Turbomotor. Kommt der nur in der WM oder wird er national auch eingesetzt? Kann ich damit auf nationaler Ebene fahren? Oder was soll dieser Super 2000-WRC-Cup im nächsten Jahr? Wer soll damit etwas anfangen können?

Niemand wahrscheinlich, oder?

Ja, wahrscheinlich niemand. Da fahre ich lieber in der IRC.

Diesen Cup würdest du dem Franz Wittmann wohl auch nicht empfehlen, oder?

Wahrscheinlich nicht. Aber man muss jetzt einmal abwarten, was da wirklich passiert. So wie es derzeit aussieht, ist es gescheiter, du fährst mit einem Super 2000-Auto PWRC als an diesem Cup teilzunehmen.

Szenenwechsel: In der ÖM fährst du jetzt wieder einen Mitsubishi mit Erdgasantrieb – gibt es da noch Potential für Entwicklungsschritte? Weil den Wechsel vom Subaru auf den Mitsubishi habt ihr ja erst kurzfristig vollzogen…

Vor der Marburg-Rallye können wir nicht mehr viel tun, dort wird es noch in dieser Form weiterlaufen. Aber in der Sommerpause müssen wir hart arbeiten, um noch einen großen Schritt nach vorne zu kommen.

Wäre es theoretisch möglich, ein Super 2000-Auto auf CNG-Betrieb umzurüsten? Schon, oder?

Theoretisch ist alles möglich. Theoretisch gibt es nichts, was du nicht machen kannst.

Dein Cheftechniker Günther Aschacher hat einmal gesagt, dass es beim Sauger nicht so günstig ist, wenn man ihn auf Erdgasbetrieb umbaut.

Du hast beim Erdgas gewisse Probleme beim Turbo und du hast andererseits beim Sauger Probleme, die dann aber in einem anderen Bereich liegen. . Wir müssen einfach schauen, auf welchem Weg wir so nahe wie möglich ans Optimum kommen. Schau, viele haben geglaubt, dass es am Subaru liegt – das kann ich jetzt mit Sicherheit ausschließen. Das hat man bei der letzten Rallye ganz klar gesehen. Auf der anderen Seite sind wir froh, dass wir dieses System jetzt auch im Mitsubishi fahren können. Das war ja am Anfang nicht so einfach möglich. Jetzt funktioniert es in beiden Autos, wir sind mit beiden Autos in gleichem Maße konkurrenzfähig – leider fehlt uns nach vorne noch etwas, um den Sieg können wir aus eigener Kraft heraus noch nicht fahren. Aber wir werden im Sommer intensiv an dem Projekt weiterarbeiten.

Hast du die Berichterstattung in den allgemeinen Medien über den Unfall bei der Weiz-Rallye verfolgt?

Ja. Kein Kommentar.

Okay, ich verstehe. Der Rallyesport in den Medien – da gibt es in Österreich offenbar noch immer keine Lobby…

Ja, weil wir uns lieber gegenseitig schlecht machen, als dass wir sagen: Lasst uns gemeinsam unsere Lobby stärken. Wobei das Medieninteresse ganz allgemein und auch international weniger wurde in der letzten Zeit.

Woran liegt das ? Weil der Loeb immer gewinnt? Wenn er nicht gerade zweimal hintereinander ausfällt, wo wie jetzt?

Das alleine ist nicht so ausschlaggebend. Eines der größeren Probleme besteht darin, dass es international keine Fahrer mehr gibt. Ein Conrad Rautenbach wird nie Fans nach Europa bewegen. Ein Evgeny Novikov auch noch nicht – obwohl ich den als einen sehr guten Fahrer einschätze, vor allem in diesem Alter. Und das setzt sich fort mit Al-Quassimi, Villagra – da bewegst du ja niemanden damit.

Der Krzysztof Holowczyc war aber nicht schlecht oder?

Ja, das stimmt. Aber eine Rallye hilft dir nicht. Du brauchst einen Polen. Du brauchst einen Robert Kubica des Rallyesports, der die ganze Rallye-WM fährt. Du brauchst Österreicher, Deutsche, Italiener. Du brauchst nationale Helden wie Galli in der WM - nationale Helden, die polarisieren. Du weißt ja selbst wie es ist, wenn ein Österreicher in der WM fährt.

Natürlich – wir sehen es deutlich an den Zugriffen…

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