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Der Rallyesport ist tot
rallyearchiv.at

Kommentar von Werner Riedl

Der Rallyesport in Österreich hat Probleme. Immer wieder wird "der guten, alten Zeit" mitsamt WRC-Läufen und dort erfolgreichen Österreichern und zig-tausende Menschen begeisternden Veranstaltungen nachgeweint. Doch woran liegt's? Und muss das so sein? Werner Riedl, auf Motorsport spezialisierter Filmproduzent mit jahrzehntelanger Erfahrung, hat sich dazu Gedanken gemacht. Hier sein Kommentar:

Werner Riedl

Der Rallyesport ist Tod. Zumindest in den Medien Österreichs. Klar sind es andere Zeiten als „früher“, doch unser Sport verbreitet sich eben nicht über Youtube oder einem regionalen Bericht in den Bezirksblättern. Das sollte den Veranstaltern, aber auch den Teams klar sein. Wer sind nun die Medien, in denen man das breite Publikum erreicht, und damit den Rallyesport hierzulande wieder zum Leben erwecken kann. Von Popularität spreche ich da noch gar nicht. WIR, die Fans, die Aktiven, die Fachmedien, wissen natürlich, um was es geht, aber WIR sind nur ein verschwindend kleiner Teil. Um wieder attraktive Sponsoren an Land zu ziehen, muss man Rallye in Österreich wieder zu dem machen, was es einmal war. Ein Sport der fasziniert, da in freier Wildbahn, mit Emotionen, gut aufbereitet, um Gönner aus ihren Löchern zu locken. Heute heißt es, Rallye kenne ich nicht, wenn für den ORF nur mehr die Formel 1 (und zwangsweise die Formel E) als Motorsport existiert.

Rallye Österreich hat leider keinen Stohl junior / senior mehr, keinen Vater und Sohn Wittmann oder all die anderen, welche sich international betätigen und damit für Aufsehen sorgen und Stories liefern. Und auch längst keine Plattformen mehr, wie es sie noch vor 10 oder 15 Jahren gab. Da ist vieles falsch gelaufen. Denn wenn im "Drive Motorsport Magazin" im ORF nur ein Abklatsch der aus der Retorte stammenden WRC ins Wohnzimmer geliefert wurde, hat das selbst den vermeintlich großen Motorsportfan nicht mehr hinter dem Ofen hervorgelockt. Österreich hat neben dem Rallyesport auch eine funktionierende Bergrennszene und Rallycross, wenn man will, mit dem Histo Cup auch eine Rundstreckenszene, welche man in diesem Magazin, 25 Minuten, perfekt präsentieren hätte können. Und noch immer könnte, denn es gibt auch den ORF Sport Spartenkanal, den man bedienen kann. Um später bei entsprechender Qualität wieder in den „Einser“ transferieren könnte.

Der ORF also. Wenn es Österreichs Veranstalter nicht schaffen, oder erst gar nicht gewillt sind muss man schon fast sagen, dass von ihrem Projekt ein paar Minuten auf ORF 1 zu sehen sind, dann ist das sehr kurzsichtig. Berichtet wird ja nur, wenn was passiert. Selbst vom großartigen Finale, der Herbstrallye, war keine Sekunde auf ORF 1 im Sonntags Sport Bild zu sehen. Ein Programm, das durchaus attraktiv ist, werden doch verschiedenste Sportarten präsentiert. Und bitte, es liegt keinesfalls ausschließlich am ORF, dass hier der Rallyesport mittlerweile komplett ausgeschlossen ist. Es fehlt natürlich der Redakteur, der aus eigenem Interesse – weil ihm am Rallyesport was liegt – die Sportredaktion davon überzeugt, dass er davon berichten sollte. Aber, ich weiß auch, dass der ORF mit Handkuss gut gemachte Beiträge übernimmt. Es ist also nicht schwer, ein engagiertes Team aufzustellen und wenigstens 3 Minuten von jedem ÖM oder ARC Lauf zu produzieren und dem Sender anzubieten. Natürlich kostet die Produktion ein paar Tausender, aber auf Sicht gesehen gut investiertes Geld.

In Verbindung mit diesem kann man auch wieder die Kronen Zeitung gewinnen. Das geht zwar auch nicht von heute auf morgen, aber mit einem mehrjährigen Plan durchaus möglich. Und auch die Kronenzeitung liest Jedermann/frau in Österreich. Bin gespannt, ob das neue Team der Rallyesport GmbH auch in diese Richtung denkt. Denn eines darf man nicht vergessen, ein in breiter Masse bekannter Sport, hat es wesentlich leichter, offene Türen einzurennen. Wobei mir natürlich klar ist, dass die wirtschaftliche Situation derzeit in Europa alles andere als rosig ist. Dennoch, auf den Weltbanken bunkern derzeit so viele Milliarden wie noch nie zuvor, eben weil Kapital während des Ukrainekonfliktes und der daraus resultierenden Energiekrise zurückgehalten wird. Aber auch das wird sich ändern.

Und weil dauernd die Vergleiche mit anderen Nationen kommt, dass dies dort funktionieren würde und hierzulande nicht. In anderen Nationen werden vom vorhandenen Budget, das vornehmlich von guten Sponsoren kommt, gleich einmal 30 % für PR auf die Seite gelegt. Und dieser Betrag ist keinesfalls übertrieben, wenn man denn weiß, wie man seine Kunden (in dem Fall Sponsoren) begeistern kann, weiter zu investieren. Ein Plan vorausgesetzt. Niemand darf erwarten, dass Firmen Geld lockermachen, ohne einen Gegenwert dafür zu bekommen. Sei es nur Mitfahrgelegenheiten für deren Kunden auf einem Privatgrund, oder eine Erwähnung in einem der bekannten Medien. Oder das VIP Zelt für den harten Kern, da gibt es viele Möglichkeiten, auf die man kommt, wenn man nur etwas über den Tellerrand hinaus schaut.

Nun noch zu einem Punkt, der sehr subjektiv zu sehen ist. Mit wenigen Ausnahmen ist es mir bei vielen Top-Fahrern in den letzten Jahren aufgefallen, dass es selbst mit hochauflösenden Fotos, und minutenlangem Studium, nicht möglich war, die Sponsoren welche diese Einsätze zahlen, zu erkennen. Geschweige denn zu merken. Ein Test: Wem fallen spontan zumindest 2 Sponsoren ein, welche Simon Wagner zu seinen Einsätzen und Erfolgen verholfen hat. Er wird das doch nicht aus der eigenen Tasche gezahlt haben. Nächster Test: Welche Fahrer fallen dem geneigten Leser dieser Zeilen ein, zu Funkberater, Henkell, Excalibur, OMV, Sebring, KIKA, Bosch, Interwetten, HB, Infineon, Casinos Austria, Jim Beam und so weiter. Liegt es an den teilweise sehr aufwändigen Brandings der Fahrzeuge, welche von den Teams angemietet werden? Oder gar am Unvermögen, gezahltes Sponsoring gerecht zu präsentieren? Oder gibt es nur mehr 500 Euro je Sponsor, dass man das Fahrzeug mit 50 verschiedenen Pickerln zukleben muss?

Es gäbe viele Möglichkeiten, Österreichs Rallyesport auf dieser Ebene zu verbessern. Der nächste Punkt ist dann der geeignete Einstieg. Denn den Neueinsteiger wird man mit ARC Läufen über 100 km und Nenngelder jenseits von 800 Euro, das alles naturgemäß noch ohne fahrbaren Untersatz, nicht finden. Kleine Sprint Veranstaltungen (mit SP Längen von maximal 4 oder 5 Kilometer, mehrfach gefahren, mit Abnahme und Rallye an einem Tag), Slaloms, erschwingliches Nenngeld oder sogar breiter aufgestellte Motorsport Lehrgänge (Rallye & Rundstrecke / Berg) sind Grundvoraussetzung, junge Talente zu finden. Denn aus Hunderten Kandidaten finden sich eher talentierte und auch finanziell gut aufgestellte Fahrer, als von einem halben Dutzend. Auch sollte es Lösungen für bestimmte Bereiche geben, um nicht ein 10, 15 oder 20 Jahre altes Rennfahrzeug um viele tausende Euros umrüsten zu müssen um wieder startberechtigt zu sein. Mir ist klar, auch durch viele Gespräche mit Verantwortlichen in der Szene, dass sich oben genannte Vorschläge nicht so einfach umsetzen lassen, da es wie immer am Geld scheitert. Aber, die Katze beißt sich in den Schwanz, wenn nicht jemand einmal über seinen Schatten springt. Und eines muss ich auch sagen. Der von mir geschätzte Christian Mrlik hat seine W4 Rallye aus dem Grund abgesagt, da er zu wenige Starter vermutete. Andererseits haben die Drei Städte Rallye, die Herbst Rallye und auch die Lausitz Rallye gerade das Gegenteil bewiesen. Ein Blick in die Ausschreibung verrät am Beispiel Lausitz: 145 SP Kilometer zum Preis von 690 Euro.

Eines aber ist klar, zum Abschluss: Motorsport ist teuer, und war es auch immer schon. Ein erfolgreicher Fahrer ist eine Mischung aus Talent, finanziell guten Möglichkeiten und auch die Mentalität, gut mit anderen Menschen (Medien, Sponsoren) umgehen zu können. Sich verkaufen können, wie man so schön sagt. Charakterköpfe, wenn möglich mit unbändigem Ehrgeiz, das in ihm oder besser von ihm gesteckte Ziel zu erreichen, bringen in jedem Sport den Erfolg. Nicht umsonst hat Sebastian Vettel seinerzeit, als 13-Jähriger nach einem Kartrennen im Rahmen einer Michael Schumacher Reportage im TV-Interview, auf die Frage nach seinen Zielen gesagt: „Ich möchte Formel 1 Weltmeister werden. Nein, ich werde Formel 1 Weltmeister.“

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