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Austrian Rallye Legends: Bericht RRA
Foto: RRA, Harald Illmer

Warum die „hohe Kunst des Quertreibens“ süchtig macht...

Satte zehn Teams setzte Race Rent Austria bei den Austrian Rallye Legends ein. Warum der Run auf Show-Events ganz ohne Zeitnahme so groß ist. Und: Warum auch die „hohe Kunst des Quertreibens“ süchtig machen kann...

Bei den Austrian Rallye Legends powered by ARBÖ war Race Rent Austria gleich mit zehn Teams vertreten - dabei gibt es bei Österreichs größtem historischen Rallye-Event gar keine Zeitnahme. Wie erklärt sich RRA-Teamchef Wolfgang Schmollngruber das große Interesse an diesem Event? Schließlich zündete er bei der neunten Ausgabe der ARL höchstpersönlich den teameigenen Mitsubishi Colt WRC Proto. Schmollngruber erklärt: „Es macht einfach Spaß, wenn so viele Leute an den Strecken stehen und einem zujubeln. Das hat natürlich Suchtpotential.“

Für den Teambesitzer gab es aber noch einen weiteren Grund, wieder einmal selbst ins Cockpit zu steigen: „Für mich war der Einsatz auch eine Vorbereitung auf unseren Start bei der Rallyshow Santa Domenica - darauf wollten wir uns eingrooven. Ich bin auch immer mehr ins Fahren gekommen...“

Schmollngruber hat auf den ARL-Prüfungen in der Gesäuse-Region trotz überwiegendem Asphalt-Anteil Schotterreifen auf den „rauchenden Colt“ montiert und hat dafür auch eine Begründung: „Man ist mit den Schotterreifen zwar nicht so schnell auf Asphalt, wie man sein könnte - aber es macht mehr Spaß und man kann für die Fans leichter spektakuläre Drifts einlegen.“

Bei der erwähnten Rallyshow Santa Domenica, die traditionell den Saisonabschluss für das Race Rent Austria Team darstellt, findet man sowohl Teamchef Wolfgang Schmollngruber als auch Junior-Teamchef Alexander Schmollngruber in den RRA-Cockpits: „Ja, das geht bei diesen Events, wo es ja um nichts geht. Während der Saison lehne ich das Selberfahren strikt ab, da muss ich mich um unsere Kunden kümmern.“

Bei dem verrückten Showdown in Slowenien setzt „Schmolli“ dann auch so manche Idee in die Tat um - man erinnere sich an den feuerspeienden Auspuff an der Front des bärenstarken Colt oder an den Coup des Vorjahres: Schmollngruber startete auf nassem Schlamm mit Schwedenspikes! Schmolli lacht: „90 Prozent der Fahrer glauben es noch immer nicht, dass man mit Spikes auf Schlamm richtig schnell sein kann - nämlich dann, wenn die Bedingungen richtig besch...eiden sind. Wenn es Schlamm gibt, wenn das Wasser steht - es ist ein Wahnsinn, welchen Grip man dann mit den Spikes erzeugen kann.“ Im Vorjahr konnte Wolfgang wegen überraschend gutem Wetter und einer abgerissenen Halbachse den Beweis noch nicht zu hundert Prozent liefern - doch das soll in diesem Jahr nachgeholt werden...

Übrigens: Die im Vorjahr eingesetzten Spikereifen wurden bei der ARL zum Einsatz gebracht: „Die Reifen, die ich im Vorjahr bei der Santa Domenica gefahren bin - also was davon übrig blieb - da haben wir jene wenigen Spikes, die noch in den Reifen waren herausgezogen, denn damit ist in Admont unser Driftpilot Christian Kornherr gefahren.“

Auch Drifts benötigen Vorbereitung & den „Flow“

Der erwähnte Christian Kornherr berichtet: „Es war recht lustig damit zu fahren - das Grip-Niveau ist halt schon sehr gering, das muss man schon dazu sagen. Tempo hatten wir dann keines mehr. Wir haben halt versucht, an den speziellen Zuschauerpunkten maximale Drifts zu zeigen.“

Kornherr, der zuletzt seltener an den Start ging, gibt ganz offen zu: „Eines muss ich schon sagen: Mir geht da schon der gewisse Flow ab, ich fahre zurzeit einfach zu wenig, um solchermaßen qualitative Drifts liefern zu können, wie ich das in den vergangenen Jahren konnte. Da müsste ich einfach wieder mehr fahren...“

Doch auch wenn man „nur“ dem „gepflegten Driftwinkel“ frönt, fallen gewisse Kosten an - Sponsoren seien jedenfalls herzlich willkommen, scherzt Kornherr: „Das Auto ist komplett weiß - Platz für Aufkleber würde es genug geben!“

Obwohl er vor einiger Zeit sogar zwei Gesamtsiege bei deutschen Rallyesprints erringen konnte, sieht sich Christian Kornherr mittlerweile mehr quer als auf dem Siegerpodest: „Driften macht mehr Spaß - und man wird auch immer älter. Wo ich an bestimmten Stellen ganz einfach sage: Ich bleibe da nicht auf dem Gas, ich will da einfach nicht mehr so ein hohes Tempo fahren. Wir machen das mittlerweile lieber so: Wir suchen die Kurven aus, wo viele Zuschauer stehen und dort wollen wir einen schönen Drift zeigen.“

„Da zieht man gern die Handbremse...“

Es ist noch gar nicht lange her, als Andreas Schart mit einem von Race Rent Austria eingesetzten Mitsubishi Lancer Evo IX im M1-Trimm angetreten ist und sofort mit schnellen Zeiten verblüffen konnte. Mittlerweile ist die „Prinzessin“, wie er seinen Boliden liebevoll nennt, nach dem schärferen Proto-Reglement umgebaut worden - doch auch der Lavanttaler schwört mittlerweile auf die hohe Kunst des Quertreibens: „Gerade bei so einer Veranstaltung wie den Austrian Rallye Legends, wo es nicht um die gefahrene Zeit geht, ist es super, den Fans schöne Drifts zu zeigen - als dann der Nieselregen einsetzte, hat es gleich noch mehr Spaß bereitet. Auf der Prüfung Weng konnte man die Kehren bergauf alle quer fahren - das war wirklich traumhaft.“

Wenn Andreas Schart im kommenden Jahr wieder bei diversen Rallyes startet, beispielsweise bei seinem großen Heimspiel, der Lavanttal-Rallye, gerät er dann in einen Gewissenskonflikt? Kommt es da zum inneren Kampf zwischen Zeitenliste und Drift-Schönheit? Schart zuckt mit den Achseln: „Wir waren - so glaube ich -.nie die großen Zeitenreiter. Für mich ist es eher wichtig, dass wir die Fans auf die Prüfungen bringen, das braucht der Sport. Ich glaube, auf Linie fahren heutzutage in Österreich vielleicht die ersten zehn Teams - der Rest fährt für den Spaß. Natürlich schaut man auch immer auf die gefahrene Zeit - aber wenn in einer Kurve ein paar hundert Leute stehen, zieht man ganz einfach gern die Handbremse...“

Show-Events sind ideal zum „Reinschnuppern“

Für Copiloten-Legende Harald Bachmayer, der pfeifenrauchend die Ruhe in Person darstellt und bei dem ARL-Einsatz seine Race Rent Austria-Freunde besucht hatte, haben Events wie die Austrian Rallye Legends einen weiteren Vorteil: „Man kann hier in das Rallyethema reinschnuppern - komplett ohne Druck, weil eben ohne Zeitnahme. So kann man neue FahrerInnen für den Sport begeistern.“

Nicht selten kam es bislang vor, dass bei Race Rent Austria ein neuer Pilot , ob Jungtalent oder später Quereinsteiger, seine Rallye-Premiere gab und Bachmayer gebeten wurde, bei dem ‚Rookie‘ auf dem „heißen Sitz“ Platz zu nehmen. Bachmayer nickt: „Race Rent Austria war immer schon ein guter Einsteigerrennstall - da wird Piloten oder auch PilotInnen, ob jung oder älter, der Traum vom Rallyefahren ermöglicht. Schmolli hat mich schon einige Male gebeten, mit einem ‚Rookie‘ zu fahren, was eindeutig die sicherste Variante ist.“

Wie zur Bestätigung des hier Gesagten war mit Richard Bichler erneut ein „Spätberufener“ im RRA-Feld vertreten - gemeinsam mit Max Ziegler absolvierte Bichler seine erste Rallye - ganz ohne Zeitendruck. Bichler zufrieden „Der Einsatz war ein Geschenk von meiner Frau und meinem Freundeskreis, zu meinem 50. Geburtstag. Da war die Freude natürlich groß.“

Vorsicht Rallyevirus - von wegen „nur ein Mal“

Oftmals wollen sich vor allem späte Quereinsteiger einen „Bubentraum“ erfüllen und einfach nur eine Rallye absolvieren - weil sie es sich mit 30 oder 40 leisten können und es einfach mal erlebt haben wollen. So war es auch bei Michael Hübler - durch die Rallye-Einsätze seines Bruders Marco Hübler, als Copilot bei Gerhard Aigner, kam Michael auf den Geschmack und wollte es schließlich auch einmal wissen: „Ich wolllte tatsächlich nur einmal eine Rallye fahren - ein Bisschen Benzin hatten wir immer schon im Blut, da wollte ich das auch einmal erleben...“

Der Einsatz erfolgte 2019: Mit seinem erfahrenen Bruder absolvierte Michael die Lavanttal-Rallye in einem von Race Rent Austria angemieteten Mitsubishi Lancer Evo III. Und siehe da: Michael Hübler entpuppte sich als schnell - zumindest laut Österreichs WM-Vierten des Jahres 2006, Manfred Stohl - sein legendärer Spruch lautet: „Wer nicht auf dem Dach gelandet ist, war niemals wirklich schnell“ - das zumindest hat Michael Hübler gleich bei der Premiere mit einem Überschlag bewiesen...

Freilich blieb es nicht bei einem Mal, wie Michael mit einem schelmischen Grinsen gerne zugibt: „Das hier ist meine siebte Rallye - und natürlich möchte ich wenn möglich viele weitere Rallyes absolvieren. Ich möchte meinen Speed verbessern und mich kontinuierlich steigern...“

Man muss kein Hobbypsychologe sein, um zu erkennen: Ob Speedsteigerung oder auch „nur“ Driftwinkel - das „Rallyevirus“ lässt die Menschen selten los! Und wie vor allem „Spaßeinsätze“ wie in Admont oder der Rallyshow Santa Domenica zeigen, kommt bei allen Teameinsätzen etwas hinzu, das von Bedeutung ist: Es entstehen Freundschaften, ein hohes Gut...

Reine Testeinsätze

Die Freundschaften wären wohl ein gutes Schlusswort gewesen - doch es gibt eine weitere Kategorie im Reigen jener Beweggründe, warum es so viele Piloten zu historischen Events wie den ARL zieht. Und dieser ist einzig und allein technischer Natur, wie Wolffgang Schmollngruber erklärt: „Richard Knapp (Co Claudia Böckl) hat in Admont sein neues sequentielles Getriebe im Mitsubishi Lancer Evo III getestet und war damit auch zufrieden. Reinhard Frühwald (Co Johannes Roseneder) wiederum hat den Event als kompletten Test für die Herbstrallye Dobersberg nützen können. Beim ARC-Finale werden wieder zahlreiche Teams bei uns starten - da wird die Post abgehen...“

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