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Monte Carlo-Rallye 1953
Fords Einstieg in den Motorsport I

In unserer neuen Serie "Die goldenen Zeiten des Rallye-Sports" blicken wir in das Jahr 1953, Ford entschied sich damals für den Einstieg in den Motorsport.

Text: Werner Schneider - Fotos: Werner Schneider/Ford

Das Jahr 1953 hat seine Bedeutung in der Motorsport-Geschichte. Nicht nur, daß erstmals eine Rallye-Europameisterschaft mit 10 Läufen (die besten vier Resultate zählten) ausgeschrieben wurde, erstmals wurde auch in Ostafrika die sogenannte Coronation-Safari zu Ehren der Krönung von Queen Elizabeth II. durchgeführt.

Und wer die letzten Formel 1-Jahre als langweilig bezeichnet, dem sei die Saison dieses Jahres in Erinnerung gerufen. Von neun Grand Prix‘ gewann Ferrari gleich sieben und der Italiener Alberto Ascari fünf, womit er seinen WM-Titel von 1952 erfolgreich verteidigte.

Die 24 Stunden von Le Mans schließlich gingen an einen Jaguar C mit den Engländern Duncan Hamilton/Tony Rolt am Steuer. Der Sohn des Letzteren kam übrigens 2003 bei der East African-Safari als 3. ebenfalls auf’s Stockerl. Und die Deutschen Helmut Polensky/Walter Schlüter sicherten sich in einem Porsche 356 den ersten Rallye-EM-Titel.

Europa erholte sich langsam von den Verwüstungen des Zweiten Weltkriegs, was sich schon dadurch äußerte, daß die britische Abteilung von Ford erst 1951 seine ersten neuen Modelle seit 12 Jahren vorstellte: Den 1,5 l-Vierzylinder-Consul und den 2,3 l-Sechszylinder-Zephyr. Beide Modelle erhielten zu Beginn exzellente Bewertungen von der Motor-Presse, aber es dauerte bis in die zweite Hälfte von 1952, ehe es Ford in Dagenham möglich war, vom Zephyr nennenswerte Stückzahlen zu produzieren.

Jedoch, neben den positiven Bewertungen gab’s auch extrem kritische Stimmen, die vor allem den Zepyhr zu einem extrem gefährlichen Auto erklärten. Dies lag vor allem an dem schweren Frontmotor, der den Wagen durchaus zu einer empfindlichen Heckschleuder machen konnte, wenn er von einem unerfahrenen Fahrer auf nassen Straßen gefahren wurde. Es war kein Wunder, daß viele Besitzer sicherheitshalber einen Sack Kohlen als Ballast im Kofferraum mit sich führten.

Im Management von Ford gab’s nicht wenige Leute, denen die Kritik schlaflose Nächte bereitete. Die negative Presse konnte sich ja auf die Verkaufszahlen auswirken. Es war klar, daß eine groß angelegte PR-Aktion wie z.B. ein herausragender Motorsport-Erfolg notwendig war, um der Firma die führende Position unter den Herstellern von Sechszylinder-Familienwagen zu garantieren.

Fahrzeuge mit dem Ford-Logo waren durchaus keine Exoten bei Motorsport-Veranstaltungen jener Tage. Immerhin hatte es ein Consul zum Gesamtsieg bei der Tulpen-Rallye 1952 gebracht und diese holländische Veranstaltung war auch ein Lauf zur Europameisterschaft 1953. Allerdings hatte es sich um einen rein privaten Einsatz gehandelt, denn Ford wollte auf Anweisung aus Detroit zu diesem Zeitpunkt mit Motorsport noch nichts zu tun haben.

Diese Politik hatte ihren Ursprung noch in der Zeit vor dem 1. Weltkrieg. Tödliche Unfälle hatten auch damals schon die Sensationspresse auf den Plan gerufen und Henry Ford I. hatte sich daraufhin entschlossen, seine Firma aus dem Motorsport heraus zu halten. Jedenfalls soweit es in seinem Einflußbereich lag.

Dagenham war die Sache allerdings so wichtig, daß man es tatsächlich fertig brachte, von Detroit die entsprechende Genehmigung zum Einstieg zu erhalten. Das Ziel war ziemlich ehrgeizig, nämlich ganz schlicht der Gesamtsieg bei der Rallye Monte Carlo, deren 23. Jahrgang anstand. Private Fords aus Rumänien und den Niederlanden hatten die Rallye schon in den Jahren 1936 und 1938 für sich entschieden und die Veranstaltung hatte schon längst den Ruf der schwersten Aufgabe für Mensch und Material ihrer Zeit.

Nachdem man sich schon so viel vorgenommen hatte, wollte Ford auch Nägel mit Köpfen machen, was die Fahrerauswahl betraf. Mit dem Star-Journalisten Tommy Wisdom, dem Sheffielder Ford-Händler „Cuth“ Harrison und vor allem dem Holländer Maurice Gatsonides engagierte man drei der erfahrensten Leute für den Job. Und Gatsonides wurde auf diesem Weg zum ersten Rallye-Profi der Motorsport-Geschichte.

Geboren am 14.2.1911 als Sohn des Vizegouverneurs eines Sultanats in Niederländisch-Indien (heute Indonesien) erbte der im Alter von 12 Jahren zum Halbwaisen gewordene später genügend Geld von seinen Großeltern, um sich in den 30er-Jahren ein schönes Leben machen zu können, wobei er sich sogar ohne Bezahlung zum Flugzeug-Ingenieur bei KLM ausbilden ließ.

1935 gab er diese Arbeit jedoch auf Betreiben seiner Verlobten auf und stieg ins Automobil-Geschäft ein, das jedoch eine bessere Tarnung für Motorsport-Einsätze verschiedenster Art war. „Gatso“ hatte bereits 1931 seine ersten Motorrad-Offroad-Rennen bestritten und kam 1936 zu seiner ersten Monte Carlo-Rallye, die zu seiner großen Leidenschaft werden sollte.

Um finanzielle Dinge machte sich der elegante junge Mann keine sonderlichen Gedanken. Motorsport war das Wort der Stunde und er war überzeugt davon, schon bald von einem Werk als Testfahrer engagiert zu werden. Daß sein Geschäft 1938 bankrott machte, irritierte ihn nicht im geringsten, zumal es ihm umgehend gelang, von Ford Amsterdam als Verkaufs-Repräsentant engagiert zu werden.

Die angenehmen Jahre endeten abrupt mit der deutschen Besetzung der Niederlande im Jahr 1940. Mit Motorsport war für’s erste Schluß und da das Erbe längst aufgebraucht war, ergab sich die Frage, wie der Lebensstil aufrecht erhalten werden konnte. Die Lösung ergab sich aus der Tatsache, daß Benzin für private Autofahrer bald nicht mehr zu bekommen war. Gatsonides benötigte keine fünf Wochen, um einen speziellen Gas-Generator zu konstruieren, mit dem Kohlengas zum Antrieb von Autos produziert werden konnte, allerdings in einem ständig mitzuführenden Anhänger.

Was heute skurril anmutet, war die Lösung aller finanziellen Probleme. Mit seiner Konstruktion erwarb sich Gatsonides sogar so großes Vertrauen der Besatzer, daß es ihm gelang, den anti-nazistischen holländischen Widerstand mit Geld und anderem zu unterstützen.

Nach Kriegsende versuchte Gatsonides eine eigene Automobil-Produktion aufzubauen, fand für seine sensationell progressiv gestylten Wagen jedoch keine Investoren und ging 1950 zum zweiten Mal pleite. In der Zwischenzeit hatte er sich jedoch wieder in den Motorsport gestürzt und längst den Ruf, sich auf jede Rallye genauer vorzubereiten als jeder andere. Die folgenden beiden Jahre brachten zwar Werkseinsätze für die Rootes-Gruppe, jedoch kaum Geld, sodaß das Angebot von Ford im Herbst 1952 wie eine Erlösung kommen mußte.

Gatsonides erhielt einen 3-Monats-Vertrag vom 1.11.1952 bis 31.1.1953 und wurde nicht nur die No. 1 im Team, sondern gleichzeitig auch Team-Manager und Chef-Ingenieur. Sprich, er war verantwortlich für alle Vorbereitungen.

An den Autos war nicht viele Modifikationen möglich, schließlich waren ausschließlich „Auslagen-Autos“ zugelassen. Immerhin erlaubte die FIA die Verwendung eines Zylinderkopfes mit höherer Verdichtung, der schon entwickelt worden war und im Laufe des Jahres 1953 gegen Aufpreis angeboten werden sollte. Sonst gab’s nur ein von Gatsonides selbst gestaltetes Armaturenbrett mit einem ebenfalls selbst entwickelten Gerät zur genauen Anzeige der durchschnittlich gefahrenen Geschwindigkeit sowie speziell entwickelte Winterreifen.

Den zweiten Teil finden Sie in der rechten Navigation!

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