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WRC: Finnland-Rallye

"Dumme Idee": Kritik an Schikanen

Schikanen sollen bei der Finnland-Rallye das Tempo begrenzen, doch die Piloten sind davon nicht überzeugt: "Ist nicht sicherer, sondern gefährlicher".

Fotos: RedBullContentPool

Die erwarteten Temporekorde bei der Finnland-Rallye haben bei den Organisatoren die Alarmglocken läuten lassen - und sie zu einer kontroversen Maßnahme verleitet. Durch Schikanen aus Strohballen soll auf einigen Sonderprüfungen das höhere Tempo der WRC-Fahrzeuge des Jahrgangs 2017 eingebremst werden. Doch das kommt nicht bei allen Fahrern gut an. "Das ist eine dumme Idee", spricht Citroen-Pilot Kris Meeke Klartext. "Durch die Schikanen ist die Finnland-Rallye nicht sicherer, sondern gefährlicher geworden."

Auch Hayden Paddon kann darüber nur den Kopf schütteln: "Ich denke auch, dass es nicht sicherer ist, sondern gefährlicher. Jetzt haben wir Hindernisse nicht nur am Rande der Straße, sondern mitten darauf", sagt der Hyundai-Pilot. "Das ergibt für mich keinen Sinn."

Hintergrund dieser Maßnahme der Organisatoren ist der Richtwert von 130 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit, der nach Empfehlung des Automobil-Weltverbands FIA bei Sonderprüfungen der Rallye-Weltmeisterschaft (WRC) aus Sicherheitsgründen nicht überschritten werden soll. Mit den gut 80 PS stärkeren WRC-Autos des Jahrgangs 2017, die zudem auch über mehr Abtrieb verfügen, waren in Finnland Durchschnittsgeschwindigkeiten von bis zu 140 km/h erwartet worden.

Zwischenfälle bereits beim Shakedown

"Nachdem bei der Schweden-Rallye wegen zu hoher Geschwindigkeit eine Prüfung abgesagt worden war, hatten die Organisatoren vielleicht ein bisschen Angst", kann Lokalmatador Jari-Matti Latvala die Bedenken der Veranstalter nachvollziehen. "Die Strecken in Schweden und Finnland sind ähnlich."


Dass die Schikanen aber keine Ideallösung sind, zeigte sich schon am Donnerstagmorgen beim Shakedown. "Wir haben mehr Zwischenfälle als sonst gesehen, und alles nur wegen dieser blöden Schikane", ärgert sich Meeke. Einige Fahrer, darunter auch Toyota-Pilot Juhu Hänninen, hatten die Strohballen getroffen und dabei ihre Autos beschädigt. Meeke frage sich nun, was passiert, wenn sich solche Zwischenfälle während der Rallye wiederholen. "Kürzt das nächste Auto dann ab und findet plötzlich ein Hindernis auf der Straße? Werden die Streckenposten sie wieder aufbauen?", so der Citroen-Pilot.

Kritik ruft auch die Position und Gestaltung einiger Schikanen hervor. "Einige sind sehr eng, vielleicht sogar zu eng", meint Weltmeister Sebastien Ogier. Latvala ergänzt: "Einige der Schikanen sind okay, andere sind nicht besonders gut platziert. Man kommt mit 200 km/h über einige Kuppen und fährt keine Gerade. Da kann man in Zukunft sicherlich bessere Stellen finden." Die generelle Kritik seiner Kollegen kann der Finne jedoch nicht nachvollziehen. "Polen war auch schnell, dort gab es auch Schikanen und keiner hat sich beschwert", hält er den Kritiker vor.

Ogier: Schikanen geben nur ein Gefühl von Sicherheit

Die sind jedoch der Ansicht, dass es solcher Schikanen überhaupt nicht bedurfte hätte, 130-km/h-Richtwert hin oder her. "Die Autos sind ein bisschen schneller, sind wegen der Aerodynamik bei hohem Tempo aber stabiler und fühlen sich sicherer an", sagt Meeke. Das sieht auch Ogier ähnlich: "Es ist schneller, aber nicht zwangsläufig gefährlicher. Wir fahren ein paar km/h mehr, aber die Autos sind auch sicherer", verweist der Franzose auf den besseren Insassenschutz der WRC-Autos des Jahrgangs 2017.

Für Ogier sind die Schikanen generell nur eine Alibi-Maßnahme, denn es gibt weiterhin viele Stellen, an denen die Autos mit Höchstgeschwindigkeit durch die finnischen Wälder rasen. "Durch eine Schikane hat man vielleicht ein gutes Gefühl, weil die Durchschnittsgeschwindigkeit etwas niedriger ist, aber am Risiko ändert das nichts", stellt der Franzose fest.

Es ist nicht das erste Mal, dass Schikanen bei der Finnland-Rallye für Diskussionen sorgen. Im vergangenen Jahr hatten die Veranstalter bei der Zuschauerprüfung "Harju" auf den Straßen von Jyväskylä eine Schikane aus zwei Traktoren eines Sponsors aufgebaut. Dies fanden viele Piloten mit Blick auf das Schicksal des Formel-1-Fahrers Jules Bianchi, der in Folge einer Kollision mit einem Bergungstraktor verstorben war, als zynisch und verantwortungslos.

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